Bücher zu Papenburg

 Christoph Figur – Die Entwicklung Papenburgs von 1631 -1815

Dieses Buch gibt nähere Auskünfte darüber, wie es den ehemaligen Heuerleuten als Siedler tatsächlich in Papenburg erging. Aus Eigennutz verschärfte der Sohn des Freiherrn von Velen in seiner eigenen Amtszeit bis 1727 die Lebens- und Wirtschaftsbedingungen der Siedler so sehr, dass es zu einer offenen Auseinandersetzung kam. Im Grunde blieben die angesiedelten Papenburger in ihrem Status  Heuerleute, wie nachfolgende Textquelle bestätigt: Buch Papenburg

 

 

 

 

 

 

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aus: Christoph Figur, Seite 70

Die Textquelle stammt aus P. H. Lange: Papenburg vor 200 Jahren, in: Mein Emsland Nr. 15, 1927

Leben im Qualm – Rauchhaus

Für uns heute unvorstellbar ist es auch, dass diese Katen über keinen Schornstein verfügten. Der Rauch musste sich seinen Weg selbst suchen und so zog er dann über die lose Dielendecke irgendwo zum Dach hinaus (Jacobi/Ledeburg S. 8). Das bedeutete aber gleichzeitig, dass über den umgekehrten Weg der Wind ins Haus blasen konnte. Bei widrigem Wetter zog es also kräftig im Heuerlingshaus.

Warum hat sich das für den Menschen so ungesunde Rauchhaus teilweise bis zum Beginn 20. Jahrhunderts gehalten?

Denn einen Schornstein konnte man längst bauen.

Das hatte offensichtlich mehrere Gründe:

 

  • So konnte das Fleisch aus der Tierschlachtung durch den Rauch haltbar gemacht werden.
  • Das oben eingelagerte Heu und ungedroschene Getreide wurde auf diese Weise nachgetrocknet. Damit konnte eine Selbstentzündung durch eine gefährliche Eigenerhitzung weitgehend verhindert werden.
  • Der ständige Rauch war auch eine wirksame Waffe gegen Getreideschädlinge wie den Kornkäfer, der in wenigen Wochen den gesamten Lagervorrat hätte vernichten können.
  • Aber auch der vernichtende Holzkäfer konnte so erfolgreich bekämpft werden. Seine zerstörerische Art kann an dieser Dachlatte gezeigt werden:
  • Hier wurde das Mehl (der Kot) bei einer befallenen Dachlatte ausgeklopft und die ganze Instabilität wird deutlichHolzbock 2

Foto: Archiv Robben

Nur vor diesem Hintergrund ist zu verstehen, dass die Menschen sich in ihren Häusern mit so viel Qualm umgaben.

Und das ist er: Der Holzbock, der im Rauchhaus keine Chance hatte für sein zerstörerisches Werk…

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Foto: Wikimedia Commons

Erste Schornstein ähnliche Rauchabzüge wurden aus einem Lehmgeflecht hergestellt. Als dann später die Schornsteine richtig gemauert wurden, entstand der Bosen. Das warein zusätzlicher Rauchfang, der unter der Decke angebracht war. In diesem Bereich konnten  weiterhin Würste und Schinken zum Räuchern aufgehängt werden.

Über der Feuerstelle lag ein dicker Eichenbaum. Er wurde Hohlboom oder Hahl genannt. Hieran war eine Kette mit einer Klinke befestigt, die man hoch und niedrig stellen konnte. Daran hing der kupferne Wasserkessel oder ein Kochtopf aus Gusseisen mit Henkel. Neben dem Feuer befand sich auch ein dickes eisernes Gestänge, dass man nach allen Richtungen drehen konnte. Diese Kochmöglichkeit ließ natürlich nur Eintopfgerichte zu.

rauchhaus-detmold                                             Foto: Archiv Robben

Leben im Qualm – Rauchhaus

Für uns heute unvorstellbar ist es auch, dass diese Katen über keinen Schornstein verfügten. Der Rauch musste sich seinen Weg selbst suchen und so zog er dann über die lose Dielendecke irgendwo zum Dach hinaus (siehe:Jacobi/Ledeburg S. 8). Das bedeutete aber gleichzeitig, dass über den umgekehrten Weg der Wind ins Haus blasen konnte. Bei widrigem Wetter zog es also kräftig im Heuerlingshaus.

Warum hat sich das für den Menschen so ungesunde Rauchhaus teilweise bis zum Beginn 20. Jahrhunderts gehalten?

Denn einen Schornstein konnte man längst bauen.

Das hatte offensichtlich mehrere Gründe:

 

  • So konnte das Fleisch aus der Tierschlachtung durch den Rauch haltbar gemacht werden.
  • Das oben eingelagerte Heu und ungedroschene Getreide wurde auf diese Weise nachgetrocknet. Damit konnte eine Selbstentzündung durch eine gefährliche Eigenerhitzung weitgehend verhindert werden.
  • Der ständige Rauch war auch eine wirksame Waffe gegen Getreideschädlinge wie den Kornkäfer, der in wenigen Wochen den gesamten Lagervorrat hätte vernichten können.
  • Aber auch der vernichtende Holzkäfer konnte so erfolgreich bekämpft werden. Seine zerstörerische Art kann an dieser Dachlatte gezeigt werden:
  • Hier wurde das Mehl (der Kot) bei einer befallenen Dachlatte ausgeklopft und die ganze Instabilität wird deutlichHolzbock 2

Foto: Archiv Robben

Nur vor diesem Hintergrund ist zu verstehen, dass die Menschen sich in ihren Häusern mit so viel Qualm umgaben.

Und das ist er: Der Holzbock, der im Rauchhaus keine Chance hatte für sein zerstörerisches Werk…

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Foto: Wilimedia Commons

Erste Schornstein ähnliche Rauchabzüge wurden aus einem Lehmgeflecht hergestellt. Als dann später die Schornsteine richtig gemauert wurden, entstand der Bosen. Das warein zusätzlicher Rauchfang, der unter der Decke angebracht war. In diesem Bereich konnten  weiterhin Würste und Schinken zum Räuchern aufgehängt werden.

Über der Feuerstelle lag ein dicker Eichenbaum. Er wurde Hohlboom oder Hahl genannt. Hieran war eine Kette mit einer Klinke befestigt, die man hoch und niedrig stellen konnte. Daran hing der kupferne Wasserkessel oder ein Kochtopf aus Gusseisen mit Henkel. Neben dem Feuer befand sich auch ein dickes eisernes Gestänge, dass man nach allen Richtungen drehen konnte. Diese Kochmöglichkeit ließ natürlich nur Eintopfgerichte zu.

Rauchhaus Detmold                                             Foto: Archiv Robben

Ehrungen

Aufgrund seiner Verdienste für die Modernisierung und Kultivierung des Emslandes wurde ihm am 18. Juni 1962 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen. Überdies wurde er Osterbrocker Ehrenbürger.

aus Wikipedia, eingesehen am 20. 08. 2016

Politisches und öffentliches Wirken nach 1945

Gleich nach der Beendigung des Zweiten Weltkriegs berief ihn die britische Besatzungsbehörde in den Lingener Kreistag und in den Bezirkslandtag für den Regierungsbezirk Osnabrück. Dort war der Heuerleutevertreter Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und landwirtschaftliches Siedlungswesen. Kuhr gehörte zu den Gründern der CDU im Landkreis Lingen. Allerdings folgte ihm nur ein Teil der Heuerleute, von denen viele der Zentrumspartei die Treue hielten. Bis weit in die 1950er Jahre hinein blieb der Kreis Lingen eine Hochburg des Zentrums. Als eines der ersten CDU-Mitglieder des Landkreises saß Heinrich Kuhr von 1945 bis 1948 sowie von 1954 bis 1964 zunächst als ernanntes und später als gewähltes bzw. nachgerücktes Mitglied im Lingener Kreistag. Außerdem vertrat Kuhr den Wahlkreis Lingen-Bersenbrück von 1955 bis 1959 im 3. Niedersächsischen Landtag. Mit den Niedergang des Zentrums wechselten viele Heuerleutefamilien politisch nicht zur SPD, die zu deren Gewinnung vielfältige Anstrengungen unternahm, sondern zur CDU, wozu die Aufstellung Kuhrs 1955 maßgeblich beitrug. Auch in der CDU bekleidete Kuhr zahlreiche Ämter. Überdies war er seit 1947 stellvertretender Vorsitzender der „Vereinigung des Emsländischen Landvolks“. Darüber hinaus engagierte Kuhr sich in seiner Kirchengemeinde, etwa im Kirchenvorstand.

aus Wikipedia, eingesehen am 20. 08. 2016

Politisches und öffentliches Wirken bis 1945

Ins öffentliche Leben trat Kuhr direkt nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, als er in Bramhar Mitglied des mit behördlicher Unterstützung gebildeten Bramharer Bauernrats wurde. In Anbetracht der nach dem Krieg besonders heftigen Auseinandersetzungen zwischen Bauern und Heuerleuten hatte sich Kuhr demgegenüber umgehend dem im Juni 1919 konstituierten „Verein Christlicher Heuerleute, Kleinbauern und Pächter“ (VCH) angeschlossen. Die Konflikte um die Heuerverträge führten zu einem beträchtlichen Zulauf zum VCH, der sich daraufhin entschloss, Anfang 1920 einen hauptamtlichen Geschäftsführer einzustellen.

Im VCH sofort in führende Position aufgerückt, vertrat Heinrich Kuhr den Verband bereits 1919 bei Verhandlungen mit Berliner Ministerien, in denen eine bessere rechtliche Absicherung der Heuerleute und Kleinpächter erreicht werden sollte. Schon 1920 wurde ein Pachtschutzgesetz zu Gunsten der Heuerleute verabschiedet. Als nun der VCH-Gründer Josef Deters aus Handrup Anfang 1920 hauptamtlicher Geschäftsführer dieser nach dem „Emsländischen Bauernverein“ einflussreichsten Organisation der Region Emsland/Bentheim wurde, wählte man Heinrich Kuhr zum Vorsitzenden dieser Heuerleute-Organisation. Dies blieb er bis zur Gleichschaltung dieser Organisation durch die Nationalsozialisten. Der VCH fasste im gesamten Emsland, der Grafschaft Bentheim und in den katholischen Regionen des Kreises BersenbrückFuß. Neben dem „Emsländischen Bauernverein“ wurde der VCH die bedeutendste wirtschaftspolitische Interessenorganisation im Raum Emsland/Grafschaft Bentheim während der Weimarer Republik. Ende 1923 waren gut 3000 Personen in ihm organisiert.

Als Vertreter der Kleinlandwirte war Kuhr von 1921 bis 1933 für die katholische ZentrumsparteiMitglied des Lingener Kreistags und verblieb nach der Parteiauflösung noch bis 1937 im Kreisausschuss, in den er bereits 1925 gewählt worden war. Nach 1920 fühlten sich die emsländischen Heuerleute von der Zentrumspartei aufgrund der starken Präsenz von Großbauern in den regionalen Führungsgremien politisch vernachlässigt. Unter Leitung des VCH-Gründers und -GeschäftsführersJosef Deters gingen sie bei der Reichstagswahl vom Mai 1924 scharenweise zur linkskatholischen Splitterpartei Christlich-Soziale Volksgemeinschaft über, die dadurch zweitstärkste Partei im Emsland wurde.

Eine Verständigung der Heuerleute-Organisation mit der Zentrumspartei stellte daraufhin sicher, dass ihr Vorsitzender Heinrich Kuhr für das Zentrum von 1925 bis 1933 als Abgeordneter in den hannoverschenProvinziallandtag einziehen konnte. Zugleich wurde er Mitglied der Zentrumsvereinigung „Emsland“, dem Führungsgremium der Partei für die Region Emsland/Grafschaft Bentheim, sowie deren Delegierter beim Reichsparteitag in Köln 1928. Kuhrs große Bedeutung bei der Bindung der zahlreichen Heuerleute, Kleinbauern und auch der emsländischen Arbeiterschaft an die Zentrumspartei schlug sich ferner darin nieder, dass er von 1930 bis 1933 als Vorstandsmitglied der preußischen Zentrumspartei amtierte.

Als gefragter Versammlungsredner des Zentrums trat er auf zahlreichen Kundgebungen der Partei in der Region auf und bekämpfte dabei entschieden den Kommunismus und Nationalsozialismus. Von 1926 bis 1933, also für den Gesamtzeitraum ihres Bestehens als eigenständiger Verband, leitete er die sehr erfolgreich wirkende Siedlungsgenossenschaft „Emsland“ des VCH.

1927 wählten die Heuerleute und Kleinbauern im Kreis Aschendorf Heinrich Kuhr in dieLandwirtschaftskammer Hannover. Der Siedler Kuhr war ein Freund des späteren BundespräsidentenHeinrich Lübke (1894-1972). Lübke verdankte ihm die Position des Vorsitzenden des „Reichsverbandes landwirtschaftlicher Klein- und Mittelbetriebe“, zu dessen Gründern 1922 der VCH und der verbündete „Nordwestdeutsche Heuerleute-Verband“ aus der Osnabrücker Region gehörten. Als Repräsentant des VCH gehörte der Biener von 1927 bis 1933 dem Reichsvorstand der Deutschen Bauernschaft in Berlin an, in dem sich 1927 der „Reichsverband landwirtschaftlicher Klein- und Mittelbetriebe“ mit weiteren demokratisch orientierten Landwirtschaftsorganisationen aus dem gesamten Reich verbunden hatte.

Heinrich Kuhrs Hauptwerk war 1932 der Ankauf des Gutes Geeste für die Siedlungsgenossenschaft „Emsland“. Dort entstand das Dorf Osterbrock. Der „Verein Christlicher Heuerleute“ stand bis zur nationalsozialistischen Machtübernahme treu zur Weimarer Republik und zur Zentrumspartei. Nationalsozialistische Unterwanderungsversuche fanden in seinen Reihen keinerlei Anklang. Ferner engagierte sich Heinrich Kuhr im „Volksverein für das katholische Deutschland“. Aufgrund seines Engagements und seiner politischen Stellung wurde er im Dezember 1928 in den Reichsvorstand dieses Verbandes gewählt, der im Emsland stark vertreten war.

Die nationalsozialistischen Gleichschaltungsbemühungen bewirkten schließlich im Frühjahr 1933 eine Durchsuchung seines Privathauses seitens der Gestapo sowie der VCH-Geschäftsräume in Lingen durch die SA. Seine Position als Verbandsvorsitzender musste er aufgrund des starken NS-Drucks aufgeben, der VCH wurde aufgelöst.

aus Wikipedia, eingesehen am 20. 08. 2016

Das Leben

Der älteste Sohn eines kinderreichen Heuermanns nahm nach dem Einsatz im Ersten Weltkrieg von 1914 bis 1918, wobei er schwer verwundet wurde, selbst eine Tätigkeit als Heuermann auf. 1923 erwarb er elf Hektar Ödland im Bienerfeld, heute Geeste, Kreis Emsland, die er bis 1927 nach und nach kultivierte und mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versah, um dann als Neubauer dort zu arbeiten.

Nach Wikipedia am 20. 08. 2016

Lebensfähiges Heuerlingswesen 1908

 

von Jürgen Eberhard Niewedde

Zu dem Kalkrieser Erbkotten Niewedde gehörten 1905 zehn Heuerstätten in sieben Nebenhäusern, nämlich die Hofstätten Schütte und In der Straße, die Leibzucht und die Kotten Berghaus, Dammhaus, Eschhaus und Piene. Der traditionsbewusste Hofbesitzer Wilbrand Fisse-Niewedde musste sich im Vorfeld des Mittellandkanalbaues mit einem Sachverhalt beschäftigen, den er dann in einer abschriftlich erhaltenen Grundsteinurkunde 1911 festhielt.

„Der Bau des Ems-Weser-Kanals, welcher seit einigen Monaten in Angriff genommen ist, verlangte von mir die Abtretung von ca. 4,0089 ha Grund und Boden sowie den Abbruch eines Heuerhauses, der sogenannten Piene.

Angesichts dieser Tatsache beabsichtigte ich zuerst, eine der 10 Familien, welche zur Zeit als Heuerlinge oder Pächter auf dem Hofe wirtschaften, zum Wegzuge zu  veranlassen, wodurch der Neubau eines Heuerhauses entbehrlich geworden wäre.

Als ich aber am 21. Sept. 1908 den versammelten Beteiligten diesen Plan mitteilte, erklärten alle einmütig, lieber eine entsprechende Verkleinerung jeder einzelnen  Heuerstelle erleiden zu wollen, um dadurch das Fortbestehen aller 10 Heuerstellen zu ermöglichen.

In dieser erfreulichen Äußerung von Zusammengehörigkeitsgefühl sah ich einen Beimage (2)weis dafür, dass das Heuerlingswesen dem schon vielerorten der Untergang zu drohen scheint, in diesem Falle noch volle Lebensfähigkeit besaß und habe deshalb sofort einem Ersatz-Neubau der Piene zugestimmt, wozu wir heute feierlich den Grundstein legen.

Möge denn Gottes Gnade unserm Werk Dauer verleihen, dass dies Haus seinen ersten Bewohnern und noch manch kommenden Geschlechtern eine Heimstätte voll Glück und Frieden werden kann.

Dann erst, in seiner Zukunft, sei es dieser Urkunde vergönnt, daß ein glücklicher Zufall sie dem Licht der Sonne wiedergibt.

Geschehen in Niewedde bei Venne, den 23. März 1911, im 23. Jahr der friedevollen Regierung Kaiser Wilhelm des Zweiten. WFN.“ (Wilbrand Fisse-Niewedde)

Der Verkaufserlös der alten Piene nebst Zubehör an die Kanalbaufirma Polensky & Zöllner in Höhe von 9.009,20 RM deckte bei Weitem nicht die Neubaukosten der neuen Piene, die etwa 300 m westlich als Massivbau entstand. Die Baupläne dazu lieferte   die

„Baustelle der Landwirtschaftskammer für die Provinz Hannover“.

Dauerhaft erinnert eine Bautafel an den Sachverhalt:

„Von alter lieber Stätte Trieb der Kanal uns fort Gott segne unser Schaffen an diesem neuen Ort Anno 1911“

Quelle

„Von alter lieber Stätte Trieb der Kanal uns fort Gott segne unser Schaffen an diesem neuen Ort Anno 1911“

ABN, Aktenbestand Niewedde, Nebenhäuser.

Niewedde, Jürgen Eberhard: Lebensfähiges Heuerlingswesen 1908 in: Jahrbuch Osnabrücker Land 2015, Seite 60/61

Mit freundlicher Genehmigung des Autors

 

Kleinbauern als Kreditgeber

von Jürgen Eberhard Niewedde

 Nach den Vermögenswerte verzehrenden Jahren des Dreißigjährigen Krieges bedurfte es vieler Anstrengungen, die erlahmte Wirtschaftskraft des Fürstbistums Osnabrück wie auch seiner hoffnungsvollen Bewohner zu beleben.

Eine der Maßnahmen zielte auf die Entschuldung der dem Landesherren eigenbehörigen Stätten. So kam es zu Anfang des Jahres 1669 zu umfangreichen Bestandsaufnah- men.1 Dazu wurden außer dem Schuldner auch die Gläubiger zwecks Anmeldung ihrer Forderungen geladen, zum Beispiel „Anno 1669 13. Martii Ad citationes peremprori- ales 10. Mart 1669 in 5 Parochialibus Ecclesiis Osnabrugi et in Venne comparuerum“ (sinngemäß: der Termin wurde am 10. März 1669 von den Kanzeln in fünf Osnabrücker Kirchspielen und in Venne bekannt gegeben). 26 Jahre später griffen die Behörden die Sachverhalte auf und protokollierten die Einhaltungen der Ergebnisse von 1669.

Im Kirchspiel Venne waren an den Landesherren eigenbehörig und teilweise hoch verschuldet: die Vollerbenhöfe Meyer zu Darpvenne, Meyer zum Holtkamp, Meyer zu Venne, Niemann, die Halberbenhöfe Bergmann, Möhlmeyer, Rottmann, Schmalge, Terk- horn und der Erbkotten Havekotte. Die Zusammenstellungen nennen die Gläubiger, mit- unter den Grund für die Verschuldung und deren Verzinsung, stets die Stellungnahme des Schuldners und gegebenenfalls die Rückzahlungsvereinbarungen. Dabei fallen die vielen ortsansässigen Gläubiger auf, einige von ihnen bei mehreren Schuldnern. Und bei den Verzinsungsangaben erfolgte sehr häufig ein Hinweis auf eine Verzinsung durch Landnutzung. Dabei galt als ortsüblicher Regelsatz: Für 20 Taler Kredit erhielt der Kre- ditgeber 1 Scheffelsaat Land zur Nutzung bis zur Tilgung der Schuld durch den Kreditnehmer. Teilweise nahmen die Gläubiger Bezug auf die durch ein Amtsprotokoll genehmigten oder einen Notariatsschein belegbaren Forderungen. Unter den ortsansässigen Gläubigern finden sich hauptsächlich Kleinbauern und Heuerleute. Zu der Zeit gab es in Venne 137 Markenberechtigte oder auch Hauptfeuerstätten, nämlich 11 Vollerben-, 20 Halberbenhöfe, 6 Erb-, 21 Mark-, 67 Winnkotten und 12 Kirchhöferstätten, die drei letzt- genannten Klassen als Kleinbauern zu bezeichnen. Dazu gehörten insgesamt 54 verheu- erbare Nebenfeuerstätten: 16 Leibzuchten der Voll- und Halberbenhöfe, 10 Backhäuser, 3 Schafställe und 25 Kotten. Das Viehschatzregister von 1654 wies 26,79 % der Veranlagten als Heuerleute aus, die häufiger einem handwerklichen Nebenerwerb nachgingen. 2 Einige dieser 100    Kleinbauern und einige Heuerlinge aus den 54 Heuerstätten gewährten einem oder auch mehreren Bauern Geldmittel in bargeldarmer Zeit. Die Schuldenaufnahmen ergaben für die einzelnen Anwesen:

 

Schuldner

Gesamt Taler davon in % bei Vennern davon in % bei    Osnabrückern davon in % bei    Auswärtigen
Bergmann, Halberbe 1.064 74,06 17,48 8,46
Havekotte, Erbkotten 487 88,10 2,25 9,65
Meyer zu Darpvenne, Vollerbe 1.623 69,20 17,74 13,06
Meyer zu Venne, Vollerbe 1.717 81,31 10,36 8,33
Niemann, Vollerbe 796 86,30 13,70 0
Rottmann, Halberbe 176 66,48 23,30 10,22
Terkhorn, Halberbe 326 65,95 9,51 24,54
Summa 6.189 76,83 13,64 9,53

 

Bezüglich der Venner Gläubiger ergab eine Auswertung:

 

Schuldner

Anzahl Gläubiger davon Kleinbauern  

Taler

davon Heuer- leute  

Taler

Scheffelsaat überlassenes Land
Bergmann 26 16 479 10 309 7
Havekotte 18 11 244 7 185 12,5
Meyer z. Darpvenne 31 16 502 15 621 31,5
Meyer z. Venne 34 20 843 14 553 41
Niemann 16 8 198 8 489 14
Rottmann 7 4 47 3 70 3
Terkhorn 11 6 151 5 64 2
Summa 143 81 2.464 62 2.291

 

Einige Beispiele veranschaulichen die Kreditumstände und beinhalten auch Hinweise auf die kleinbäuerlichen Kreditgeber:

Der Halberbe Bergmann hatte Hermann Kemper 24 Schafe abgekauft und schuldete noch den Kaufpreis in Höhe von 7 ¼ Taler. Diese sollten zinslos mit zwei Talern pro Jahr zurückgezahlt werden. 1695 hieß es dazu: richtig abgefunden.

Eine weitere Forderung in Höhe von 65 Talern machte Hans Terkhorn sicherheitshalber geltend. 51 Jahre vorher hatte Bergmann an seinen Rechtsvorgänger einen Kamp bei der Vennischen Mühle verkauft. Darüber gab es ein gerichtliches Dokument vom 22. April 1618, allerdings fehlte die Einwilligung des Grundherrn. Falls es zur Rückabwicklung des Kaufes kommen sollte, war die Eventualforderung anzumelden. Der Sachverhalt wurde zur weiteren Entscheidung ausgesetzt und 1695 richtig abgefunden.

Der Heuermann Jürgen Horstmann bewohnte unentgeltlich die Bergmann’sche Leib- zucht. Er hatte den Vertrag abtretungsweise 1625 von Lampe Köster übernommen. Dazu gehörte eine Forderung von 80 Talern, die so verzinst werden sollten. Da aber der mög- liche Jahresertrag des Hauses und Gartens auf fünf Taler geschätzt wurde, demnach 6,25 % entsprach, hatte der Heuermann „im Übermaß genossen“. Die Entscheidung lau- tete: Die Forderung wird auf 60 Taler heruntergesetzt und es sind jährlich 2 Taler Heuer zu zahlen. Sollte Horstmann damit nicht einverstanden sein, so hätte er das Haus „zu quittieren“ und der Schuldner Bergmann hätte die Schuld in sechs Jahresraten à 10 Taler zurückzuzahlen.

Der Winnkötter Hurrelbrink meldete 40 Taler Forderung an. Er habe statt Zinszah- lungen seit 20 Jahren die halbe Strothwiese genossen. Da ein höherer Ertrag erzielbar sei, wäre die Forderung nach weiteren sechs Jahren der Nutzung getötet und Hurrelbrink sol- le dann eine Quittung erteilen, „weil Originalobligation im Kriegswesen verloren“  1695: „sei richtig bezahlt“.

Der Winnkötter Claus Schnieder forderte 20 Taler rückständigen Zimmererlohn aus den Jahren 1663-64, entstanden im Zusammenhang mit dem Dreschhausneubau. Der Schuld- ner gab an, die Zinsen so zu erbringen, dass er mit seinen Pferden dem Schnieder helfe.

Der Heuermann Brockschmidt hatte etwa vier Jahre vorher 40 Taler geliehen. Berg- mann verwendete diese Mittel, um ein mitten in seiner Bergbreite liegendes Stück Land einzulösen, also anderweitige Schulden zu tilgen. Der Sachverhalt wurde „ratifiziert“, da er scheinbar zum Schutze des Hofes geschah, allerdings unter der Voraussetzung der Zinslo- sigkeit und Rückzahlung mit jährlichen Raten zu fünf Taler.

Der Winnkötter Rotert nutzte seit mehr als 20 Jahren den Bergmann’schen Sauer- hornsteil. Er hatte dafür 25 Taler geliehen. Wegen der Unverhältnismäßigkeit hieß es „wegen Übermaß noch 3 Jahre zu nutzen, dann ist die Schuld getötet“.

Wiederum aus einem bis dahin ungenehmigten Immobilienverkauf meldete der Kirchhöfer Gerdt Otte 34 Taler an. Seine Großmutter hatte „einen Speicher erblich gekauft auf dem Kirchhof zu Venne“. In diesem Falle sollte erst einmal der Kaufbrief beschafft wer- den. Die Wirtschaftsnöte des Halberbe Bergmann hielten an.

 

Dem Erbkötter Havekotte brachte die Schuldenaufnahme eine Erleichterung. Die Witwe des Winnkötters Bettenbrock legte einen Notariatsschein aus dem Jahre 1664 vor. Danach schuldete Havekotte ihr aus einem Pferdeverkauf 20 Taler. Sie nutzte im Gegenzug eine Scheffelsaat Land. Havekotte entgegnete, die Schuld sei bereits 1654 entstanden und das Land abgenutzt. Auch hier läge eine übermäßige Nutzung vor, sodass die Schuld mit 15 Talern neu festgesetzt wurde, die Havekotte binnen drei Jahre zu tilgen habe.

Der Heuermann Claus Horstmann, wohnhaft in der Stege, legte mehrere Amtsbewilli- gungen vor, die insgesamt 90 Taler Forderung bewiesen. Er nutzte im Gegenzug ohne Zah- lungen das Haus und mehrere Landstücke. In Anbetracht eines erzielbaren Jahreserlöses an Miete und Pacht erfolgte eine vorübergehende Neufestsetzung der Schuld mit 70 Talern. Horstmann hatte zudem 2 Scheffelsaat Land bis 1671 zurückzugeben. Das Haus, den Gar- ten und ½ Scheffelsaat sollten ihm verbleiben, bis Havekotte die ursprünglichen 90 Taler

„in erträglichen Terminen“ zurückzahle.

Die fünf abgehenden Geschwister des Havekotte machten je 15 Taler kindlichen Anteil geltend. Sie mussten sich gedulden, da lapidar festgestellt wurde, „weil vorerst der Kotten aus den schweren Schulden nicht gerettet werden kann, daß es die Brautschätze für die Kinder ausgesetzt werden“.

 Der Vollerbe Meyer zu Darpvenne hatte hauptsächlich Schulden gegen Scheffelsaatnutzungen aufgenommen.

Arndt Schumacher hatte ihm so in einer ersten Zahlung 20 Taler überlassen, eine zwei- te Zahlung in Höhe von 10 Talern sah eine Verzinsung vor. Hier musste Meyer zu Darpvenne allerdings einen Bürgen stellen, sein Heuermann Jürgen im Orte war dazu bereit.

Auch Jürgen im Orte machte 50 Taler gegen 2 ½ Scheffelsaat geltend.

Der Winnkötter Claus Schnieder hatte auch für Meyer zu Darpvenne gezimmert und ihm weitere Mittel, insgesamt 80 Taler, geliehen.

Der Heuermann Claus Horstmann in der Stege konnte einen „privilegierten Kredit“ benennen. Laut Amtsbewilligung vom 26. Oktober 1651 hatte er 20 Taler geliehen „zur Abführung schwedischer Satifaktionsgelder“. Dieser Kredit war binnen zwei Jahren   zurückzuzahlen.

Der Markkötter in der Riede besaß einen Schuldschein vom 3. September 1664 über 20 Taler und genoss im Gegenzug die Nutzung 1 Scheffelsaat auf der Bramlage. Die Regelung lautete knapp und einfach, „entweder in der Riede sät die Fläche tot, nutzt sie also bis die geschätzten Pachtaufwendungen die Schuld ausmachen“ oder aber Meyer zu Darpvenne zahlt.

Auch hier reihten sich die abgehenden Geschwister des Meyer zu Darpvenne in die Schar der Gläubiger. Sie mussten sich gedulden, bis der Kreditor etwas bezahlen  kann, des Colons Stiefvater habe wenig mit auf das von ihm dann verschuldete Erbe eingebracht.

 

Der Vollerbe Meyer zu Venne hatte bei Gottfried Schröder zweimal je 40 Taler aufge- nommen. Die zweite Kreditgewährung sah vor, dass Schröder den Meyer’schen Schafstall bewohnen und nutzen konnte. Da der geschätzte Jahresmietertrag sich auf 7 Taler beliefe, wären diese 40 Taler mit Bewohnung des Hauses und Abnutzung des Gartens in fünf Jahren „getötet“.

Der Heuermann Claus Rehme, wohnhaft in der Bickerei, meldete 30 Taler Kaufgelder an. Er hatte den Strothgarten angekauft, wobei das Geschäft nicht genehmigt wurde und somit rückabzuwickeln war. Auch die Nutzung der Bickerei sei übermäßig gewesen und somit sei die Schuld nach Ablauf der nächsten sechs Jahre hinfällig.

Ebenfalls ohne Einwilligung des Grundherrn hatte Gerd von Aschendorff ein Grund- stücksgeschäft mit Meyer zu Venne abgeschlossen. Er hatte den Diebusch genannten Kotten ohne das zugehörige Grundstück gekauft. Der Vertrag sah eine jährliche, Canon ge- nannte, Zahlung von 3 Talern und einen alle zwölf Jahre fälligen Winn in Höhe von 4 Talern vor. Im Vertrag fehlte die Nennung eines eigentlichen Hauswertes oder Hauskauf- preises. Aschendorff nannte 85 Taler, die der „Commissar“ dann auf 80 Taler reduzierte.

Drei Jahre später jammerte der Meyer zu Venne „…in tiefster Untertänigkeit wehmütig klagend anzuführen dringt mich die unumgängliche Not … meine schwere Pacht, Schuldschein und Spanndienste jährlich verrichten muss … bislang wie Voreltern beneficium ge- habt, daß wir nimmer mit keinen Zwangsdiensten beschwert sind …und allezeit damit verschont worden …“

 

Die Darstellungen zu Niemann und Rottmann weisen keine nicht schon erwähnten besonderen Beispiele auf.

Der Fall Terkhorn schien hoffnungslos. Die Verschuldungen waren bereits in einem Dis- kussionsverfahren erfasst worden. Das Anwesen war verheuert an Gerdt Brinckmann, der anmerkte, von keinen Schulden zu wissen. Die Kinder Terkhorn, die vielleicht hätten Auskunft geben können, waren nicht erschienen. Der Winnkötter Hurrelbrink erwähn- te 20 Taler, für die er nichts genösse, der Kirchhöfer Schleibaum hoffte auf eine Rege- lung bezüglich seiner Forderung von 43 Talern, der Winnkötter Bosse ebenso wegen 13 Talern, Winnkötter Niemann 14 Taler, Markkötter Grafe acht Taler und der Kirchhöfer Schleibaum, der einen Speicher auf dem Kirchhof ohne die notwendigen Einwilligun- gen erworben hatte, fürchtete um den gezahlten Kaufpreis bei einer eventuellen Rück- abwicklung.

Acht Jahre später kam es zu einer erneuten Bestandsaufnahme. Hier meldete sich als Erster der Kirchhöfer Schleibaum. Jetzt legte er den Kaufbrief vom 12. Oktober 1631 vor und konnte sich fortan in der für damals 43 Taler kostenden Stätte sicher sein.

Nach den Schuldnern nun zu einigen der Gläubiger:3,4

Gerdt von Aschendorff kam als Pächter der Landesherrlichen Mühle nach Venne. Er heu- erte den nahe der Mühle gelegenen Kotten Diebusch von Meyer zu Venne. Der wirtschaft- liche Erfolg als Müller wie auch als Bierbrauer ermöglichte ihm dann den Erwerb des Hauses, allerdings ohne den zugehörigen Grund und Boden und ohne die erforderliche Zustimmung des Grundherrn des Meyers zu Venne. 1671 hieß es, dass er dem Meyer zu Venne eine große Summe geben konnte.

Gegen den Halberben Terkhorn konnte er in dessen Diskussionsverfahren noch 23 Ta- ler geltend machen, wofür ihm die Nutzung eines Scheffelsaat Landes zugestanden wurde.

Lampe Brinckmann meldete insgesamt vier Forderungen mit zusammen 100 Talern an. Der Halberbe Bergmann schuldete ihm gemäß Notariatsprotokoll vom 6. Juli 1660 30 Taler, dafür genoss er die sogenannte Wischplacke im Wischbruch.

Lampe Brinckmann legte einen Schuldschein über 25 Taler und einen Pfandzettel über 20 Taler vor, die sich gegen Meyer zu Venne richteten. Und Meyer zu Darpvenne hatte ihm die Nutzung eines Gartens vor dem Dorf, Hartken Garten, gegen 25 Taler ein- geräumt. Da der Garten mehr Ertrag bringen könne, wurde die Forderung auf 15 Taler reduziert.

Lampe oder auch Lambert Brinckmann lebte als Kirchhöfer inmitten des Dorfes. Er und seine Hausfrau Gertrud hatten eine Magd. Sie mälzten, brauten und zapften Bier. Sie hielten zwei Kühe und waren auf Landzupachtungen angewiesen, da sie über keine eigenen Flächen verfügen konnten.

Der Winnkötter Linnenschmidt, auch inmitten des Dorfes heimisch, betrieb eine Schmiede und das Bierbrauen. Er selbst bezeichnete einige Jahre später sein Anwesen: „Wie ärmlich er von seinem geringen Kotten das Brot unmöglich haben noch Praestanden davon entrich- ten könnte, wenn er nicht auf andere Weise als durch Handlungen sucht ein solches zu erwerben, den Leinwandhandel erwählt“. Er zählte zu den Gläubigern des Vollerben Meyer zu Venne, 20 Taler gegen 1 Scheffelsaat. Seine 4 Taler ausmachende Forderung gegen Niemann wurde alsbald getilgt.

Ebbecke Morrian gehörte ebenfalls zu den Kirchhöfern. Er und seine Frau Anna, geb. Un- land hatten drei unmündige Kinder. Sie verkauften allerhand Hökerware und galten als Krämer. Er war als Kirchhöfer verpflichtet, die Kirchspielstrommel zu verwahren und den Trommelschläger zu stellen. Eine Verpflichtung, die ausdrücklich erwähnt wurde, als er 1676 seinen Speicher erweitern durfte.

Er behauptete fünf Forderungen mit einer Gesamtsumme von 110 Talern. So hatte er 1662 dem Halberbe Bergmann 20 Taler geliehen. Dieser verwendete die Mittel zur Verbes- serung seines Schafstalls durch eine Zimmerei. Morrian genoss im Gegenzug die Nutzung von 1 Scheffelsaat.

1 Scheffelsaat konnte er von Meyer zu Darpvenne gegen 20 Taler genießen. Der Mey- er zu Venne hatte in drei Terminen Geld von Morrian geliehen. Am 7. September 1660 25 Taler gegen 1 ¼ Scheffelsaat, ebenso am 20.9.1661. Auch gab Morrian 20 Taler an den Meyer zu Venne, damit er einen Garten nächst am Kirchhofe von Linnenschmidt einlösen konnte. Die insgesamt 70 Taler sollten in zwei Arten getilgt werden. 20 Taler innerhalb von drei Jahren mittels der 2 ½ Scheffelsaat „totzusäen“, und die 50 Taler seine landesüblich zu verzinsen und zu tilgen.

Claus Rehme war mit 210 Talern der größte Gläubiger. Auch er gehörte zu den Kirchhöfern im Dorf Venne. Er und seine Frau Gertrud, geb. Koke hatten fünf Kinder und zwei Mägde gehörten zu dem Geschäftshaushalt. Claus Rehme mälzte und braute und bot „allerhand Hökerware“ an und „von Garten und Acker hat er nichts eigenes“.

Für ihn bot sich an, Gelder gegen Landnutzungsmöglichkeit zu verleihen. So an Mey- er zu Darpvenne mittels eines Protokolls vom 10. Februar 1656 33 Taler gegen ein Stück Saatland. Da er dieses übermäßig genossen, erfolgte eine Herabsetzung der Forderung auf 20 Taler, die zudem zinslos mit fünf Jahresraten à 4 Taler zurückzuzahlen waren. Weitere 17 Taler waren aus Warenlieferungen als Buchschulden entstanden und ebenfalls in „er- träglichen“ Raten abzuzahlen.

Meyer zu Venne sah sich mit Ansprüchen in Gesamthöhe von 90 Talern konfrontiert. Und wieder fußte eine Forderung auf einem ungenehmigten Grundstücksgeschäft. Der Ankauf des Strothgartens mit 30 Talern wurde rückgängig gemacht. Eine 60 Taler ausma- chende Forderung lastete seit mehr als 20 Jahren auf dem Kotten Bickerey und sei seit fünf bis sechs Jahren bereits getötet.

In vier Teilbeträgen schuldete Niemann dem Claus Rehme 70 Taler. Laut Schein vomFebruar 1654 20 Taler, hatte dafür 1 Scheffelsaat „blümig Land davon bisweilen kaum die Einsaat wiederhaben könne“ in Genuss, 20 Taler bar, laut Schein vom 26. Februar 1652 ebenfalls 20 Taler, dagegen 1 Scheffelsaat im Venner Esch und laut Schein vom 11. August 1659 10 Taler gegen ½ Scheffelsaat im Esch. Der größte Teil der Schulden wären als Buch- schulden aus Handelsgeschäften entstanden.

Noch ein Kirchhöfer trat als Kreditgeber auf. Heinrich Schleibaum hatte das Erbe seines Vaters Johann angetreten. Dieser hatte am 12. Oktober 1631 ohne grundherrliche Geneh- migung dem Halberbe Terkhorn „einen Speicher auf dem Kirchhof vor der Pforte    nach dem Meyerhof für eine genügliche Summe Geldes 44 ½ Taler“ abgekauft. Seine Tochter Anna und deren Mann Jacob Mettworst, genannt Schleibaum schenkten Branntwein aus und boten „allerhand Hökerware“ an. Auch hier verfügte der Kirchhöfer über kein eige- nes Garten- oder Ackerland und nutzte die Geldnot der Bauern. Von Bergmann nutzte er 1 Scheffelsaat gegen einen Kredit von 20 Talern und von Meyer zu Venne ebenfalls. Und das fragwürdige Grundstücksgeschäft tauchte mit 43 Talern in dem Terkhorn’schen Dis- kussionsverfahren auf.

Der Winnkötter und Zimmerer Claus Schnieder meldete insgesamt 160 Taler an. Bergmann schuldete ihm 20 Taler Zimmererlohn für ein „neues Dreschhaus“, Meyer zu Darpvenne 60 Taler gegen 3 Scheffelsaat und 20 Taler gegen ¾ Scheffelsaat, die Gelder wären zu Zim- mererlohn verwendet worden. Und auf 60 Taler belief sich die Forderung gegen Meyer zu Venne, auch hier stellten eingeräumte Landnutzungsmöglichkeiten die Verzinsung dar.

Die Landarmut hatte zu einer speziellen Kreditform geführt, die in an Bargeld knappen Zei- ten den Beteiligten über die Runden half. Die Wertangaben, ein Pferd 20 Taler, ein Speicher auf dem Kirchhof 44 ½ Taler, oder auch Kotten mit Ansätzen von 60 bis 90 Talern weisen auf die Kreditdimensionen und somit auch -risiken für die Kleinbauern hin. Vielleicht ist auch in diesen Geschäftsbeispielen die Aussage begründet: „Wenn es den Bauern gut ging, ging es den Heuerleuten … und umgekehrt.“

 

Anmerkungen

1 Nieders. Landesarchiv Staatsarchiv Osnabrück, Dep 3b IV 6414.

2     dto. Rep 100 Abs 88 Nr 51.

3     dto. Rep 100 Abs 293 Nr 4.

4     dto

Niewedde,Jürgen Eberhard: Kleinbauern als Kreditgeber in: Heimatjahrbuch Osnabrücker Land 2015, Seite 54 - 60