Die „Seelenverkäufer“ für die VOC

27. September 2016                                                                                        Seite 546

Die „Seelenverkäufer“

Das “Goldene Zeitalter” bescherte den Niederländer im 17. Jahrhundert Reichtum. Dafür gebrauchten sie viele ausländische Arbeitskräfte, insbesondere auf den Schiffen der VOC (Ostindiencompany) und der später gegründeten Westindiencompany.

Da griffen “gewitzte” Amsterdamer zu üblen Listen  und Tricks:grafik50_0_7

Wir müssen bey Gelegenheit des Handels ein paar Worte von den sogenannten, und durchgängig so verhaßten Seelenverkäufern (Zeelverkopers) sagen. Die ostindische Kompagnie braucht immer Leute, und diese Seelenverkäufer lassen es ihr Geschäft sein, solche zu verschaffen, es sey auf welche Art es wolle. Es ist nicht zu leugnen, dass mancher Taugenichts, mancher Armer, der kein Brod hat, auf diese Weise fortgeschafft wird: die Gesetze verbieten auch aufs schärfste, niemand zu zwingen, oder durch List gute Menschen zu verleiten; allein täglich wird dawider gehandelt, die Obrigkeit sieht durch die Finger, und die Gesetze bleiben ohne Vollziehung. Sie wissen junge Leute auf tausenderley Art in ihr Netze zu ziehen, haben sie solche einmal, so werden sie oft Monate lang eingeschlossen, elend gehalten, nichts wird von den Versprechungen, die man mihnen gethan, erfüllet: und sie kommen nicht eher aus ihrer Gefangenschaft, als bis man sie bey Nacht und Nebel an Bord bringt. Auf diese Weise weis man oft nicht, wo mancher Mensch hinkommt: gemeiniglich ist er aber von den Seelenverkäufern weggeschnappt.

Diejenigen, welche dieß unselige Handwerk treiben, sind aber nicht bloß in Amsterdam, sondern auch in andern Städten der vereinigten Provinzen; sie reisen auch außerhalb an den Gränzen, am Rhein und in andern Gegenden herum, ob sie gleich nirgends geduldet werden, wenn ihr Aufenthalt bekannt wird. Die Leute kommen schon elend und ausgemergelt an Bord, da stecken sie in einem engen Raume beysammen. Wer keine recht starke Natur hat, stirbt unterwegs, oder bleibt, wenn er die Reise übersteht, lebenslang elend. Die mehresten dieser Unglücklichen sind Deutsche. Weil die Kompagnie endlich ihren Schaden von dieser Art Werbung eingesehen, so hat sie seit kurzem angefangen, die nöthige Mannschaft auf eine vernünftigere und weniger schädliche Art anwerben. Die holländischen Wundärzte auf den Schiffen und in Ostindien sind auch zu unwissend, und tragen mit dazu bey, das Unheil der armen Kranken zu verlängern,und oft zu verschlimmern.

(Aus: Johann Jacob Volkmann, Neueste Reisen durch die Vereinigten Niederlande. Vorzüglich in Absicht auf die Kunstsammlungen, Naturgeschichte, Ökonomie und Manufacturen, aus den besten Nachrichten und Schriften zusammengetragen, Leipzig  Seite 250-251)

vergleiche:

https://www.uni-muenster.de/HausDerNiederlande/Zentrum/Projekte/Schulprojekt/imperia/md/content/hausderniederlande/zentrum/projekte/schulprojekt/lernen/kolonialzeit/20_50.pdf