Wenn die Hollandgänger im Hafen von Amsterdam das Dampfschiff verließen, sahen sie Prostituierte aus allen Ländern Europas. Erlagen die Hollandgänger der sexuellen Verlockung?
Auf der Hinreise hatte wohl kaum ein Hollandgänger das Geld, das eine Dirne für ihre Inanspruchnahme von ihm forderte, und auf der Rückreise mochte ihn die Furcht zurückhalten, im Zuhältermilieu seiner Ersparnisse beraubt zu werden. Hemmend wirkte auch die Angst vor Geschlechtskrankheiten. Auch mag es nicht leicht gewesen sein, der Kontrolle durch die eigene Gruppe zu entkommen . Man mußte ja nach der Rückkehr in die Heimat den bösen Leumund von Leuten fürchten, die einen im dörflichen Konkurrenzkampf um Arbeits- und Heuerstellen und um Einheiratsmöglichkeiten zu verdrängen suchten. Im übrigen war ja der außerehelichen oder gar käuflichen Befriedigung durch die allsonntägliche Predigerwarnung vor Satan und seinen höllischen Verf ührungskünsten ein inneres Hemmnis entgegengesetzt, das manchen l-Iollandgänger zusätzlich abhalten mochte, der Verlockung nachzugeben.
Aus
Heinz Jacobs: Knapp Gerd – Eine Bluttat und ihr lebensgeschichtlicher Hintergrund, Lingen 1995,
Seite 46