Beitrag von Dr. Helmut Lensing
Heinrich Kuhr forderte noch 1929 eine zeitlich unbegrenzte Pachtschutzordnung u.a. deshalb, damit die Bauern ihren Heuerleuten nicht wegen deren kommunalpolitischen oder verbandlichen Engagements plötzlich die Heuer kündigen konnten. Dies war immer noch nötig, wie die Wahlen zur Landwirtschaftkammer vom Februar 1927 gezeigt hatten. Zwar vermochte der VCH seinen Vorsitzenden Kuhr durchzubringen, doch war die Stimmenzahl für den Heuerleutekandidaten erstaunlich gering. Die sozialdemokratische „Freie Presse“ aus Osnabrück begründete dies mit der Tatsache, dass sich die Heuerleute in der Region – nicht zuletzt aus wirtschaftlichem Druck – wenig an der Wahl beteiligt und z.T. sogar für die gegnerische EBV-Liste votiert hätten[i].
Die VCH-Vertreter engagierten sich in Berlin sehr für die Belange ihrer Mitglieder und bemühten sich, die betreffenden Behörden und Ministerien über die Verhältnisse in der Region und die Besonderheiten des nordwestdeutschen Heuerlingswesens aufzuklären. Das Reichsarbeitsministerium, das für die Pachtschutzordnung zuständig war, geriet deshalb besonders in die Schusslinie des Verpächterverbandes. So beklagte sich der Verpächterverbands-Vorsitzende Eduard zur Horst in einer Rede zur Geschichte des Pachtschutzgesetzes: „Mit der Revolution war die Macht in die Hände der Besitzlosen übergegangen und deren Tätigkeit richtete sich vornehmlich gegen Besitz und Eigentum. Naturgemäss suchte sie deshalb auch die Pächter und namentlich die Heuerleute zu sich hinüber zu ziehen, indem sie den Gegensatz zum Besitz in den Vordergrund stellte … Bei der Vorbereitung der Pachtschutzordnung haben unsere Gegner, die sich mittlerweile in den Heuerleute-Verbänden organisiert hatten, massgebend mitgewirkt. Ihre Führer, Helling und Deters, gingen im Reichsarbeitsministerium, das in der Angelegenheit federführend war, ein und aus“[ii]. Über seine Verhandlungen im Reichsarbeitsministerium sowie über seinen Auftritt als Sachverständiger vor dem Reichswirtschaftsrat erstattete Geschäftsführer Deters den Mitgliedern Bericht, so im Juni 1922 im Bentheimer Land auf einer VCH-Versammlung zum Pachtschutz[iii]. Daneben vergaß der Verband aber nicht den Einsatz für die ländlichen Dienstboten und „kleinen Leute“. So veranstaltete er etwa im Frühjahr 1922 in Lingen eine Versammlung mit einem bekannten Bodenreformer, um die Eigenheimbildung dieser Schichten voranzutreiben[iv]. Dabei sollte vor allem das Ödland am Stadtrand für die Siedlung freigegeben werden[v].
[i] Heinrich Kuhr, Ist das Heuerlingswesen dem Untergang geweiht II?, in: LVB Nr. 10 vom 12.01.1929 (weiterhin Kuhr, Untergang), Freie Presse, Osnabrück, Nr. 2126 vom 22.03.1927.
[ii] StALIN Dep 3 Haus Beversundern Nr. 120: Die Pachtschutzordnung. Vortrag des Verbandsvorsitzenden Ed. zur Horst, Epe (wohl von 1925).
[iii] ZuA Nr. 86 vom 09.06.1922.
[iv] LVB Nr. 20 vom 11.03.1922.
[v] LVB Nr. 26 vom 29.03.1922. Im folgenden Jahr lud der VCH mit anderen Verbänden den Bodenreformer Adolf Damaschke nach Lingen ein, nach dem schließlich eine Siedlung in der Emsstadt benannt wurde (LVB Nr. 86 vom 27.10.1923, LVB Nr. 88 vom 03.11.1923).