Studien von Gerard Steenhuis (NL)

21. September 2016

Als eine ganz besondere Fallstudie zur Situation  der besitzlosen Landbevölkerung gestalten sich offenbar die Recherchen um etliche Nachfolger der emsländischen Moorkolonisten von 1788, die ab 1866 ins benachbarte Holland abwanderten.

Der niederländische foto-steenhuis-2Autor Gerard Steenhuis

hat sich in zwei  Buchveröffentlichungen damit eingehend beschäftigt. Nachfolgend sollen auf dieser Website -erstmalig auf deutsch  – Teile seiner Studien in  Korporation eingestellt werden. Dafür hat er eigens ein kurzes Vorwort formuliert,  das in die damaligen historischen Umstände einführt.

Foto: Archiv Robben

 

 

Eine Kurzbetrachtung zur Entstehung und Entwicklung u. a. von Barger Compascuum

von Gerard Steenhuis

 

Die Niederlanden  hatten im 19. Jahrhundert weder Holz noch Kohle. Durch die industrielle Revolution brauchten sie aber Energie für die Fabriken, die Ziegeleien, aber auch zum Heizen der Häuser und für die Hauswirtschaft vor allem in den großen Städten der Westniederlande insgesamt. Der Teil des Bourtanger Moores im Osten von Emmen bis zur Grenze wurde zuletzt abgetorft.

Vier Unternehmer aus der Provinz Drenthe kauften das Gebiet Compascuum. Ein ‘Plan van aanpak’ wurde aufgestellt, um zunächst das Gebiet zu entwässern. Es wurden Hauptkanäle, Stichkanäle und Wieken ‘Sietwieken’ geplant. Die rührigen Geschäftsleute wollten Torf produzieren, diesen dann vermarkten und das entstehende Ackerland  nutzen oder weiter verkaufen.

Andere Moorgebiete in den Niederlanden wurden aufgekauft von Amsterdamer Unternehmern  (Nieuw Amsterdam) oder Geldgebern aus Dordrecht (Nieuw Dordrecht). Also: Nicht der Staat baute hier die Infrastruktur einer Fehnkolonie mit Kanälen und Wieken auf, es waren reiche Kaufleute und private Unternehmer,  die Geld verdienen wollten.

In den ersten Jahren wurde weiter nur Buchweizen angebaut und Schaf- und Bienenzucht betrieben, darauf verstanden sich die deutschen Siedler besser, die ab 1866 aus den benachbarten emsländischen Moorsiedlungen verstärkt nach Barger Compascuum gezogen waren.

Compascuum ist erst ab 1910 abgetorft worden. In den  anderen  Gebieten wie Schoonebeek, Nieuw Amsterdam, Erica, Stadskanaal, Musselkanaal und Ter Apel wurde schon eher mit dem Abbau begonnen.

Das ganze Gebiet wurde systematisch abgegraben – nicht nur stellenweise. Alles war gut vorbereitet auf Papier in Konstruktionsbüros, alles war genau ausgemessen, berechnet und beschrieben. Es war bestens organisiert in sog. Waterschappen.

Die eingerichteten Plaatzen wurden später weiter verhandelt. Einige ansässige Bauern, aber auch viele Groninger Landwirte erwarben diese Plaatzen. Nach der Abtorfung entstanden große „Veenkoloniale boerderijen“.

Mit dem Beginn des Torfanbaus konnte ein reger Handel mit den Städten entstehen. Mit Schiffen auf den Fehnkanälen wurde der Torf dorthin transportiert. Auf der Rückfahrt wurden Fäkalien von dort entsorgt, die dann aber ein hervorragender Dünger auf den frisch angelegten Äckern bildeten. Diese Felder waren nun hervorragend geeignet  zum Anbau von Kartoffeln, Zuckerrüben und Getreide.

Damit konnte gutes Geld verdient werden.

Unter den deutschen Siedler auf holländischem Gebiet waren einige Unternehmer, die an diesem Boom teilnahmen. Viele blieben in der Regel Kleinbauern, wurden Torfarbeiter und gingen in die entstehenden Fabriken arbeiten. Einige zogen weg zu den Minen in Limburg, in die Textilindustrie  in Twente oder zu Philips in Eindhoven.