Dr. Bernard Krone

Mai 2016

Das Kernproblem der bäuerlich strukturierten Gesellschaft war es:

Entweder ich komme in die “Steh” oder ich  muss Heuerling werden

Und dabei war ohne Zweifel klar, dass die Übernahme einer Heuerstelle die schlechtere Wahl war.

Das war gleichbedeutend mit sozialem Abstieg. Deshalb wartete nun eine Bauerntochter oder ein –sohn unter Umständen sehr lange darauf, ob nicht doch irgendwo noch eine „Steh“ zu erwischen war.

Dieses plattdeutsche Wort mag man im weitesten Sinne als „Stelle“ übersetzen.

Es war also das dringende Anliegen bei den Nachgeborenen, in die “ Stelle“ eines Bauern zu gelangen über die Heirat einer „Stehbrut“ (Brut in der Bedeutung von Braut), oder – bei abgehenden Bauerntöchtern – einen erbenden Bauernsohn zu heiraten, um somit Bäuerin werden zu können.

Darüber entschied in der Regel mehr die Höhe der Mitgift als Zuneigung und Liebe.

Bei dieser Auswahl hatten auch die Eltern ein erhebliches Mitspracherecht.

An einer Beispiel – Familie soll nun in der „Praxis“ dargestellt werden, was sich da so entwickeln konnte bei den Nachgeborenen.

Der Fabrikant Dr. Bernard Krone

 

stellt seine Großväter mütterlicher- und väterlicherseits vor.

Beide Beispiele zeigen, welche Gestaltungsmöglichkeiten bei den ansonsten eng vorgegebenen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen doch möglich waren.

Wie bei den allermeisten angestammten Nordwestdeutschen waren auch die Vorfahren des jetzigen Senior – Chefs der heute weltweit operierenden “Krone – Holding“ mit dem Stammsitz in Spelle Landwirte.

Sein Urgroßvater Heinrich wurde  er 1836 als jüngstes von neun Kindern auf dem Bauernhof Krone im benachbarten Beesten in eine besonders schlechte wirtschaftliche Lage hinein geboren.

Er blieb  jedoch nicht unverheiratet auf dem elterlichen Hof oder trat eine Heuerstelle an: Er war einer der wenigen seiner Zeitgenossen, der eine Berufsausbildung machte.

Da war die Auswahl damals nicht groß.

Er wurde Schmied, damit konnte er eine Anstellung in einem Kirchdorf finden.

Es kam aber besser für ihn.

Er heiratete die erbende Tochter eines Schmiedemeisters in Schepsdorf bei Lingen, genau an dem Weg, auf dem schon seit etlichen Jahrzehnten Tausende von Hollandgängern alljährlich vorbeigezogen waren.

Heinrich Krone und seine Frau Elisabeth hatten fünf Kinder. Der zweitjüngste Sohn Bernhard erlernte ebenfalls das Schmiedehandwerk im benachbarten Emsbüren.

 

Lehre bei „Plog Bernd“ van Lengerich

Dort hatte er in dem  legendären  „Plog Bernd“ van Lengerich einen idealen Lehrmeister.

Er war hier in eine junge und dynamische „Fabrikwerkstatt“ geraten.

Plog  Bernd war ein Visionär

Dieser stellte der aufstrebenden Landwirtschaft eine echte Alternative zum bisherigen Holzpflug mit Blechbelag zur Verfügung, die ersten reinen Stahlpflüge mit besonderer Tauglichkeit kamen aus seiner Fertigung.

Jetzt konnten auch schwerere Ackerböden bearbeitet werden.

Mit diesem Wissen gründete Bernhard Krone 1897 im westfälischen Ochtrup eine Schmiede in einem kleinen gepachteten Anwesen.

 

Auch er hatte – wie schon sein Großvater – das Glück des Tüchtigen. 

1898 heiratete er die 22-jährige Anna Evers aus Spelle. Diese erbte zu ihren eigenen Anteilen noch  den Besitz ihres sehr früh verstorbenen Halbbruders – allerdings mit einer gehörigen Geldhypothek.

Das Anwesen Evers war wohl entstanden aus der Heuerstelle Schütte. So wurde Anna Evers auch noch versehentlich in der Heiratsurkunde genannt.

Bernhard Krone siedelte 1906 von Ochtrup in die emsländische Heimat.

Der mütterliche Familienname „Brinker“ belegt aber recht deutlich, dass auch hier in der Familiengeschichte einer der Ahnen als nicht voll erbender Bauernsohn sich auf einem Brink am Rande des Dorfes niedergelassen hat, um sich dort eine kleinbäuerliche Existenz aufzubauen.

Mütterlicherseits waren die Vorfahren des Dr. Bernard Krone zunächst Heuerleute.

Viele Familiengeschichten gerade aus dem Emsland und den angrenzenden Gebieten bezeugen eine ähnliche Genese über diesen Familiennamen.

Dieser Großvater Brinker hatte nun in Erfahrung gebracht, dass in dem benachbarten Ort Lengerich eine gut gehende Gaststätte zum Verkauf anstand und er sah dort die ideale Gelegenheit, den Sprung in die Eigenständigkeit zu wagen.

Allerdings fehlte ihm das nötige Geld dazu.

wandte sich an seinen Bauern, der nach seiner Einschätzung ohne weiteres in der Lage gewesen wäre ihm ein passendes Darlehen zu gewähren.

Dort stieß er jedoch auch Ablehnung.

Kurz entschlossen fragte er bei einem anderen wohlhabenden Bauern in der Nachbarschaft an, von dem er wusste, dass ein sehr intensives Konkurrenzverhalten dieser beiden Bauern gegeneinander bestand.

 

Gertrud Brinker, eine der drei Töchter aus dieser Ehe, heiratete Bernard Krone (mit ihm verschwand das „h“ im Vornamen der nachfolgenden Krone`s).

Unter diesem Fabrikantenehepaar entwickelte sich das Unternehmen nach dem 2. Weltkrieg rasant.

Neben der Fabrikation von Landmaschinen aus eigener Erfindung wurde auch zunehmend Schlepper der Marken Lanz, Wesseler, Hanomag und Fiat verkauft. Später kam die Marke John Deere dazu.

Viele ehemalige Heuerleute und abgehende Bauernsöhne  fanden bei Krone in Spelle und in der übrigen Landmaschinenindustrie eine Lebensanstellung.

Krone 6

Im Buch schildert Dr. Bernard Krone in einem Interview mit Bernd Robben die Situation in den Wirtschaftswunderjahren zusammenfassend so:

Es war eine  Vorteilssituation für alle Beteiligten, die sich positiv im Kreise drehte:

Die Heuerleute wollten sich gerne ablösen aus ihrer Abhängigkeit. Nun fanden sie auch in der aufstrebenden Landmaschinenproduktion, die ebenfalls in unserem Hause durch das weitsichtige Handeln meines Vaters sich sehr segensreich auswirkte, feste und sichere Arbeitsplätze.

Da die Bauern fast durchweg “ihren”  Heuerleuten diese Löhne nicht mehr zahlen konnten, kauften sie sich moderne Landmaschinen.

So konnten sie ohne fremde Hilfe nun die anfallenden Arbeiten auf ihren Höfen sehr viel einfacher erledigen.

Fotos: Archiv Krone Holding