Folgen des Strukturwandels: Heuerhäuser ohne Heuerlinge

Der Strukturwandel nach dem 2. Weltkrieg führte spätestens in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts zum Ende des Heuerlingswesens. Die Heuerleute suchten sich Arbeitsplätze außerhalb der Landwirtschaft und zogen häufig heimatsnah in neu entstandene Wohnsiedlungen.

Dies führte in vielen Fällen zum Leerstand der Heuerlingshäuser und zum stetigen Verfall und zur Ruinenbildung im Außenbereich. So verwundert es nicht, dass in die Niedersächsische Bauordnung als eine der ersten im Bundesgebiet eine Rechtsgrundlage zum Abbruch verfallender baulicher Anlagen aufgenommen wurde (§ 79 Abs. 3 NBauO). Teilweise erfolgte auch eine Umnutzung der Heuerhäuser in Stallungen und Scheunen für den landwirtschaftlichen Betrieb.

Selbst, wenn die Heuerleute weiterhin in den Heuerhäusern wohnten, aber nicht mehr für den Bauern arbeiteten, wurde dadurch die privilegierte Nutzung beendet. Genau genommen war bereits für eine solche Nutzungsänderung des Heuerlingshauses in ein Mietshaus eine Baugenehmigung erforderlich. Eine solche schleichende Nutzungsänderung im Bestand blieb den Bauaufsichtsbehörden häufig zwar verborgen.

Wurden die abseits gelegenen Heuerhäuser aber zu Wohn- und Freizeitzwecken  an Städter vermietet, rief dies nicht selten die Bauaufsicht auf den Plan. Insbesondere wenn es dem Landwirt gelang, eine ausparzellierte Heuerlingsstelle – trotz der grundsätzlich erforderlichen Bodenverkehrsgenehmigung – für gutes Geld als Ferien- oder gar als Hauptwohnsitz zu veräußern, war der Konflikt mit den (Bau-)Behörden oder benachbarten Landwirten vorprogrammiert. Gerne wurden nämlich die Heuerstellen veräußert, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht am eigenen Hof, sondern an der Hofstelle eines benachbarten Landwirtes lagen. Häufig konnten sich die neuen Landbewohner nicht mit den – in der Stadt unbekannten – landwirtschaftlichen Tierhaltungs-, Silage- und Güllegerüchen und dem frühen beginnenden Arbeitstag des Landwirts anfreunden. Beschwerden und Immissionsabwehransprüche wurden erhoben. Die ehemaligen Heuerstellen waren Anlass für unzählige Verwaltungs- und Gerichtsverfahren, wenn die Bauaufsicht mit Nutzungsuntersagungs- oder Abrissverfügungen sowie im Rahmen von Nachbarbeschwerden einschritt oder ein Einschreiten verweigerte.