Gefahren beim Hollandgang

Gefahren und nachteilige Wirkungen des Hollandgehens.

Aus:

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Möser, welchen Osnabrück mit Recht als einen seiner ausgezeichnetsten Bürger verehrt, hat freilich dem Hollandsgehen das Wort geredet [1]) gegenüber dem Pastor Gildehaus, welcher die Nachteile des Hollandsgehens erörtert und vor demselben eindringlich gewarnt hatte. Wenngleich wir keineswegs die Bedeutung der materiellen Vorteile, welche Möser`s Urteil bestimmten, verkennen dürfen, treten wir doch unbedenklich auf des Pastors Seite. Im 17. Jahrhundert, wo der schwere Druck langjähriger Kriege und fast unerschwinglicher Steuern auf dem Lande lastete, mochte es freilich als ein Glück betrachtet werden, dass sich in Holland den armen Leuten eine Gelegenheit bot, durch eine Nebenverdienst vor der äußersten Not bewahrt zu bleiben. Auch mochten nicht alle die nachteiligen Wirkungen, welche uns jetzt vom Hollandsgehen fast unzertrennlich scheinen, zu fürchten sein.

Wenn wir aber in die Verhältnisse, wie sie gegenwärtig bestehen, uns lebhaft hineinversetzen, wenn wir unsere in die Fremde zur Arbeit ausziehenden Landsleute auf ihrer Reise begleiten, sie an dem Orte ihrer Bestimmung beobachten, ihre Lebensweise, Nahrung und Wohnung, die Art ihrer Beschäftigung, die besonderen Verhältnisse, unter welchen sie in der Fremde leben, wie derjenigen, welche sie zu Hause zurücklassen, die Lage der in der Heimat zurückgebliebenen Familie, die Beziehungen zu der, sei es kirchlichen, sei es politischen Gemeinde, welcher sie angehören, und endlich das Beste des Staates recht in`s Auge fassen, so werden wir zu der Überzeugung gedrängt werden, dass das Hollandsgehen eine Menge großer Gefahren und Nachteile mit sich führe, und zwar so groß, dass dagegen die gesuchten Vorteile nicht in Betracht kommen können.

Wenn sich über die jährliche Arbeiterwanderung aus der Rhöngegend in die Wetterau und an den Rhein ein Schriftsteller [2]) nebenher dahin äußert: „Jung und Alt, Mann und Weib greifen zu diesem Erwerbszweige, der bei allem Lobe, welches man der Arbeitstüchtigkeit und Genügsamkeit dieser Leute spenden muss, doch die größten sittlichen Nachteile mit sich führt,“ so werden wir über das Hollandsgehen nachweisen, dass es nicht bloß die größten sittlichen Nachteile mit sich führe, sondern außerdem noch viele andere große Gefahren und nachteilige Wirkungen mancherlei Art. Zu dem Ende wollen wir nun die in Frage kommenden Verhältnisse genauer betrachten.

 

[1] „Patriotische Phantasien“ Th. 1. XV.

[2] Steinhard, Deutschland und sein Volk. Teil II. S. 682.

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