Gesundes Wohnen als Ziel der Weimarer Verfassung

Die Weimarer Reichsverfassung (WRV) vom 11.08.1919 machte – zumindest auf dem Papier – auch den in den Heuerlingsstellen wohnenden Leuten Hoffnung auf Besserung. Nach Art. 155 Abs. 1 S. 1 WRV hatte der Staat die Verteilung und Nutzung des Bodens mit dem Ziele zu überwachen, „jedem Deutschen eine gesunde Wohnung und allen deutschen Familien, besonders den kinderreichen, eine ihren Bedürfnissen entsprechende Wohn- und Wirtschaftsstätte zu sichern.“ Die Intention des Art. 155 WRV war entscheidend durch die sog. „Bodenreformer“ beeinflusst worden und zielte grundsätzlich auf die Ermöglichung des eigenen, kleinen Hausbesitzes. Art. 155 Abs. 1 S. 1 WRV wurde aber lediglich als Programmsatz und als „Richtlinie für den Gesetzgeber“ qualifiziert. Er bestimmte nur die allgemeine Richtung, in die der Gesetzgeber zu gehen hatte. An eine Erreichung der Ziele durch einen entsprechenden Einsatz des Baupolizeirechts wurde nicht gedacht. Um der großen Wohnungsnot nach dem 1. Weltkrieg entgegen zu wirken und um die Eigenversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln zu fördern, wurden vom Reich die Verordnung zur Behebung der dringendsten Wohnungsnot vom 15.01.1919, das Reichssiedlungsgesetz vom 11.08.1919 und das Reichsheimstättengesetz vom 10.05.1920 erlassen. Der Zugang an Wohnungen betrug im Zeitraum von 1925 bis 1932 im Mittel 248.000. Von diesen Gesetzen haben sicherlich auch Heuerleute profitiert, allerdings nicht in den bestehenden Heuerlingswohnungen, sondern nur, wenn sie es schafften, die Heuer zu verlassen.

Mit dem preußischen Wohnungsgesetz vom 28.03.1918 wurde die Ermächtigung zum Erlass von Bauordnungen geschaffen, die im Sinne einer Wohnungsfürsorge ein gesundes Wohnen mit ausreichender Licht- und Luftzufuhr gewährleisten sollten. Um eine gewisse Einheitlichkeit und Übersichtlichkeit der zahlreichen Baupolizeiverordnungen zu erreichen, erließ Preußen am 25.04.1919 die „Einheitsbauordnung für die Städte und Landgemeinden mit stadtartiger Entwicklung“ und am 23.03.1931 die „Einheitsbauordnung für das platte Land“. Diese dienten als verbindliche Regelungsmuster für die Städte und Gemeindebezirke. Entsprechende Baupolizeiverordnungen sind auch im Regierungsbezirk Osnabrück erst mit Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes 1960 und mit der Niedersächsischen Bauordnung vom 23.07.1973 endgültig außer Kraft getreten.