Eher Arbeiter im Steinbruch als Knecht auf einem Hof – aber Silikose im Alter

Die Beschäftigungsmöglichkeiten für abgehende Bauernkinder waren auch in Niederbayern noch bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts dünn gesät.

Da war der Granitabbau um Patersdorf nördlich von Deggendorf trotz schwerster körperlicher Arbeit eine willkommene Alternative zur Gründung einer Familie mit der Möglichkeit, auch ein eigenes Anwesen zu erwerben.

Allerdings zeigte sich fast durchweg die Schattenseite dieses Berufszweiges: Durch die ständige Feinstaubbelastung bei der Arbeit im Steinbruch stellte sich nahezu zwangsläufig die gefürchtete Silikose ein, die nicht selten in einem tödlichen Lungenkrebs endete.

Herbert Fuchs aus Patersdorf

hat in einer jüngst erschienenen Publikation diese wirtschaftliche Sozialgeschichte seiner Region aufgeschrieben mit engagierter Unterstützung der Lokalzeitung: Jörg Klotzek als Redaktionsleiter des Viechtacher Bayerwald – Bote hat durch Vorabdrucke einzelner Fachaufsätze von Herbert Fuchs großes Interesse an der Thematik erzeugt und so “musste” dieses Buch erscheinen:

 

 

Herausgeber: Presse§Mehr, Medienstraße 5, 94036 Passau,

ISBN 978-3-947688-01-2

In dieser Kurzvita beschreibt H. Fuchs seine persönliche Entwicklung:

Meine Eltern stammten jeweils von einem kleinen landwirtschaftlichen Anwesen des Bayerischen Waldes, wo diese streng katholische Herkunft (Namenstage, kirchliche Feiertage, Respekt vor der Obrigkeit, Gehorsam, Aufrichtigkeit, Sparsamkeit) täglich gegenwärtig war und sich auf die Kinder übertrug.  Dann wurde diese Haltung ergänzt durch die Tatsache, dass unser geliebter Vater die schwere Arbeit im Steinbruch zu verrichten hatte und jeden Tag von weißem Staub gezeichnet nach Hause kam. Für uns reichte die Drohung: “Wenn ihr in der Schule nicht fleißig lernt, müsst ihr auch in den Steinbruch gehen!” Dies war dann gottlob nicht der Fall und unsere Region entwickelte sich dann in den 80er und 90er Jahren sehr zügig. In uns steckte aber das anerzogene Streben nach einer guten Berufsausbildung, die wir an unsere Kinder weitergaben. Alle 10 Enkel unserer Eltern haben Abitur und sie schlossen mit Erfolg ihr Studium ab. Dies gilt auch für meine drei Kinder. Ich selber hatte damals (1954 geboren) bei uns keine Chance,  eine weiterführende Schule zu besuchen, weil diese zu weit weg waren. Auf dem zweiten Bildungsweg konnte ich aber nach einer handwerklichen Ausbildung die Beamtenfachhochschule besuchen und schaffte bei der bayerischen Polizei ein Amt in der mittleren Führungsebene.

Sein Vater bei der schweren Arbeit als Hämmerer (oben) und mit seinen Kameraden im Steinbruch (unten links)

Herbert Fuchs über seinen Vater im Nachwort des Buches Die Steinhauer

Als Sohn eines Steinhauers habe ich über Jahrzehnte sehr hautnah mitbekommen, wie mühevoll sich unser Vater sein Geld im nahen Steinbruch verdienen musste. Aus einer kinderreichen Familie musste er auch den 2. Weltkrieg noch kurze Zeit aktiv mitmachen und hatte anschließend ohne Ausbildung schlechte Berufschancen.

Er nannte seine Arbeit im Steinbruch alternativlos und war deshalb zeitlebens zufrieden.

Auch er erkrankte schwer an Silikose, durfte aber trotzdem 82 Jahre alt werden. Wir Kinder haben gut mitverfolgen dürfen, wie stolz er zeitlebens über sein erbautes und erweitertes Haus war, sich ein Auto und nach und nach weitere Annehmlichkeiten für sich und seine Familie leisten konnte. Fleiß, Aufrichtigkeit und Bescheidenheit waren seine Lebensziele, die er zu jeder Zeit erfüllte.

Leider bekamen die Steinhauer oft nicht die gesellschaftliche Anerkennung, die ihnen sicher zugestanden wäre. Wir, die Nachfolgegeneration, wissen jedoch sehr wohl um die überragende und zum Teil aufopfernde Lebensleistung unserer Ahnen und sehen sie als Vorbild und Ansporn für uns selber, aber auch als Erbe für unsere Kinder. Dazu sollen diese Ausarbeitungen einen kleinen Beitrag leisten, die gewiss keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben können.

Zur Vollständigkeit zählt aber eine großartige Auszeichnung für einen aus der Nachfolgegeneration: Georg Biermeier, Sohn einer Steinhauerfamilie aus Neumühle und Steinmetzlehrling in der „Boarischen“, später Lehrer in der Steinmetzfachschule in München, erhielt 2017 vom Bundesinnungsverband des Deutschen Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerks die „Große Silberne Ehrennadel’ für seine außerordentlichen Verdienste und sein herausragendes Wirken für junge Steinmetze. Seine Auszeichnung war Auslöser für diese Berichtsreihe. Das Patersdorfer Granithandwerk lebt auch durch ihn weiter.

Ein Video – Interview folgt…

Foto oben: Archiv Robben
die übrigen Fotos: Herbert Fuchs