Text Einakter Knapp Gert 2

 Tyding – der Bauer

 

Hürmanske, kür nich so rüm!

Dien Mann is een Mörderkerl wedden!

 Doar kanns du nix an ännern un beschönigen!

Un nu noch maol to di, du Koopmann ut Lingen.

Du kann blot met mi Platt kürn, wenn du watt an mi verdehnen kanns.

Aber ick kann ock Hochdütsch!

Ihr Städtker, was seid ihr denn!folie-11

Wohnt da auf engstem Raum, allenfalls bessere Heuerleute seid ihr. Die meisten von euch haben als Ackerbürger nicht mal eine Kuh, sondern eine Ziege in eurem Haus. Gerade diese Tiere stinken  doch wirklich zum Gotterbarmen.

Nie würde ich eine Frau aus der Stadt heiraten, die hat doch nix an den Füßen.

Ich habe die Bauerntochter von Brockhaus in Brockhausen geheiratet. Die hat 8000 Gulden und 8 Rinder dazu in die Ehe gebracht.

Da wird nicht nach Aussehen geheiratet: Schönheit vergeht, Hektar besteht. Ihr besitzt in der Stadt ja nicht mal einen Hektar, vielleicht einen halben. Ich habe über 100.

Damit bin ich der Herr über eine Million Quadratmeter, ihr bringt es vielleicht auf 2000, allenfalls 4000 qm, das is doch nen Schitt. Has de was, biste was.

Und noch mal zurück zu den Frauen: Eine stolze Bauerntochter heiratet keinen Städtker.

Eine Heuerlingstochter wollt ihr auch nicht.

Da müsst ihr notgedrungen unter euch heiraten. Und – wie ist es da mit der Inzucht? Wie viele eurer Kinder müsst ihr vor den anderen Leuten im Schweinestall verstecken?

 

Thomas Diepenbrock – der Städtker

Du musst hier über Frauen reden!

Ihr schwängert eure jungen hübschen Mägde und jagt sie dann vom Hof.

Was erzählt man ganz offen über euch:folie-10

Wenn eine Magd vom Hof gehen muss, dann bekommt sie vom Bauern ein Kind und eine Kuh.

Da findet sich dann ganz schnell ein Knecht, der für die Anschaffung einer Kuh mehrere Jahre arbeiten müsste, und heiratet die Magd und ihr habt wieder neue willfährige Heuerleute. Aber bei den meisten Erstgeborenen kann man doch genau die väterlich – bäuerliche Abstammung sehen.

Und eines muss ich als Kaufmann dieser Stadt noch anmerken: Wer im Jahre 1825 erfolgreich sein will, der muss fleißig zur Schule gehen. Dafür haben wir mittlerweile auch eine Lateinschule.

Daher müssen alle unsere Kinder – auch aus den umliegenden Dörfern und Bauerschaften – seit geraumer Zeit regelmäßig zum Unterricht erscheinen in der Volksschule.

Aber was höre ich in dem Bericht des Erzpriesters Homann vom Mai letzten Jahres: Man könnte dort die Überschrift setzen gerade für die Bauern – und Heuerlingskinder:

                                               Dumm geboren und nichts dazugelernt!

Dort heißt es in dem Bericht: “Ungefähr 140-150 Kinder zählt diese Schule. Am meisten hat man sich über den säumigen Besuch der Kinder aus den Bauernschaften zu beschweren. Strenge nach dem Gesetze  ist versucht, aber trotzdem wollen sich die halsstarrigen Bauern an Pünktlichkeit im Schicken der Kinder nicht bequemen. Sie kommen nach Martini bis März und lassen sich häufig den ganzen Sommer und die übrige Zeit nicht blicken. Wie schwer es fällt das die Kinder mit den anderen aus der Stadt, die ordentlich kommen, Schritt halten, liegt auf der Hand!”

Der Handwerker in seinem Beruf muss ständig rechnen und das Maß einhalten, wir Kaufleute müssen kalkulieren und damit blitzschnell rechnen können und ihr?

Ihr könnt ja nicht einmal die Zahlen abrechnen und zuzählen.

Wir aber sind bewandert in der höheren Mathematik: Wir können sogar malnehmen und teilen – multiplizieren und dividieren nennen wir das.

 

Tyding – der Bauer

Bauernschläue musst du haben. Die wird bei uns auf dem Lande angeboren.

Und kommandieren musst du als Bauer können, das bringen wir unseren Söhnen ganz schnell bei.

Die Heuerleute – was sollen die rechnen und schreiben lernen! Die sollen einfach nur das tun was wir sagen.

 

 

Die Witwe von Knapp Gert

Proatet ju man möe! (Hochdeutsch wörtlich: Redet euch nur müde!)knapp-witwe-2

Von euch habe ich nichts mehr zu erwarten – nicht einmal Mitleid!

Mir bleibt nur die Hoffnung, dass der Herrgott im Himmel nicht auch ein Bauer ist.