Talk up Platt – mit einem Ordensoberen in Rom 1

Das Interview wurde natürlich auf Plattdeutsch geführt – hier in der hochdeutschen Übersetzung:

FrageWir befinden uns hier auf einem der höchsten Punkte der Ewigen Stadt Rom . Wie kommt ein Bauernjunge aus dem Emsland als Ordensoberer der Herz-Jesu-Priester so hoch hinauf…

Spontane Antwort: Das wüsste ich gerne auch  –  ausgelassenes Lachen rundum…

 

Frage: Fangen wir bei der Kindheit an: Sie stammen von einem Bauernhof aus Schapen im südlichen Emsland direkt an der Grenze nach Nordrhein- Westfalen. War denn Plattdeutsch Ihre Muttersprache?

Vorschulische Zeit und westfälischer Kindergarten

cof

Ja nur. Ich bin als Kind ausschließlich in einer plattdeutschen Umgebung groß geworden. Meine erste Begegnung mit dem Hochdeutschen war in Westfalen. Da es in meinem Heimatort noch keinen Kindergarten gab, schickten meine Eltern mich in den Kindergarten nach Hopsten, nur fünf Kilometer von unserem Dorf entfernt.“

Die Kinder in unserer Verwandtschaft – etwa bei Schartmanns in Beesten – wurden schon Hochdeutsch erzogen. Aber bei uns sprachen die Eltern weiterhin ausschließlich Plattdeutsch. Das hält bis heute, ich spreche mit meinen Geschwistern nur die angestammte Mundart. Das wird auch so bleiben und ich bedauere diese Sprachentwicklung auf keinen Fall.

Grundschulbesuch

Bei uns zu Hause war ich ja das älteste der Kinder. An sich war ich schon in der Spur, um Bauer zu werden und so verschränkte ich stolz meine Arme, wenn mich jemand nach meinem Berufswunsch fragte und ich erwiderte „Buur“. Das war also klar und zwar so klar, dass ich mir schon im Grundschulalter in Vorübung auf die späteren Lehrjahre ein kleines Heftchen von Raiffeisen besorgte. Ich bin dann schon mal angefangen, mit Fleiß kleinste Tagesberichte zu schreiben

  • Heute ist das Pferd beim Hengst gewesen.
  • Die Kuh Meta hat heute gekalbt.
  • Wir haben wieder den Acker gepflügt.
  • Papa ist weg.
  • Kaninchen beim Bock gewesen wir warten auf Junge…   Diese Aufzeichnung besitze ich heute noch. Im Hinterkopf hatte ich schon damals: Du musst die Prüfung zum Landwirt bestehen.

 

Gymnasiale Zeit am Leoninum in Handrup

Allerdings gab es in Handrup am Gymnasium in der Anfangszeit Schwierigkeiten mit dem Dativ und dem Akkusativ. Da stand der Deutschlehrer Herr Stuckenberg  – ein ganz besonderer Haudegen und lieber Kerl – vor mir und sagte: „Heinrich, das heißt: Gib mir die Butter und nicht gib mich die Butter!“ Er hat mir irgendetwas erzählt von Grammatik und Regeln. Aber ich konnte es nicht begreifen, denn auf Platt heißt es: „Do mi de Botter!“ Ich weiß noch heute, dass er sagte: „Das musst du doch fühlen!“ Ich habe nichts gesagt, das war meine erste diplomatische Handlung, bei mir selbst war allerdings klar ….ich fühle überhaupt nichts…

 

 

http://Von Schularchiv – Selbst fotografiert (Originaltext: selbst fotografiert), Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19749318