Heuerlingsvertrag aus Menslage

Lübbert zu Borg schickte im Juli 2013 diesen kommentierten Heuerlingsvertrag:

Der unten im Originaltext wiedergegebene Heuerlingsvertrag befindet sich bei den Akten der Familie Bremerkamp in Wasserhausen. Eine exakte Auswertung bzw. Ge­genüberstellung der Leistungen ist leider wegen fehlender Größenangaben für die Ländereien nicht möglich. Außergewöhnlich ist jedoch die genaue Festlegung der zu leistenden Hilfe und deren Bezahlung.

Die soziale Lage eines Heuermannes war insbesondere dann bedrückend, wenn seine Hilfeleistung willkürlich vom Hofbesitzer festgesetzt oder verlangt werden konnte. Im vorliegenden Vertrag war dieser Aspekt von vornherein geklärt und entsprach soweit der »Menslager Vereinbarung« von 1845 (siehe »Kirchspiel Menslage, Beiträge zur Geschichte« 1990, Seite  120), bzw.  dem  »Gesetz,  die  Verhältnisse der Heuerleute betreffend« von  1848, das für  das Fürstentum  Osnabrück galt.

Summiert man die unten vereinbarte Hilfe, so musste der Heuermann 91 volle Tage Hilfe leisten. Die Entlohnung summiert sich  auf rund 59 Reichsmark (nicht ganz exakt fest­stellbar wegen der unterschiedlichen Bezahlung in der Ernte). Dies entspricht  etwa einem Drittel der Gesamtpachtsumme. Der Heuermann musste also noch 120 Reichsmark und die notwendige Pferdehilfe aus seinem Betrieb  erwirtschaften.  Reparaturen  kamen als ungewisse Größe noch hinzu.

Interessant ist, dass zu der Zeit doch noch mit Plaggen gedüngt wurde, auf der anderen Seite  schon durchweg mit der Maschine gedroschen wurde und der Kartoffelanbau offensichtlich noch wenig ausgedehnt war.

Miethkontrakt

Zwischen dem Col. Va(ge)ding und den Heuermann W. Bremerkamp ist nachstehender Miethkontrakt verabredet und geschlossen  worden.

l.

Der Col. Vageding vermiethet das Leibzuchts Haus mit den angrenzenden hälften Wiesengrund mit ausnahme ohne Ufer und Graben, ohne die Pappel  und ohne Holz. Und den Garten sechs Stücke und drey Stücke auf den Kampe neben den Garten grenzend  und die Hälfte von den Weide und Wiesengrund auf  die Lage, grenzet an Wahlfelds grund  vom

  1. September 1885 bis l. September 1886.

2.

Die bezeichnete Miethe kann am 1. September 1885 nach Aberntung der Hauptfrucht angetreten werden und hat Miether im letzten Miethjahre die Miethe mit dem Wohnhause ebenfalls nach Aberntung   der Hauptfrucht  am  1. September wieder abzustehen.

3.

Miether zahlt jährlich für Hausmiethe 8 Thaler, für Land und wiesengrund 52 Thaler oder im ganzen 60 Thaler oder 180 reichsmark am l. September, spätestens Weihnachten  jedes Jahres. Ist die Zahlung nicht erfolgt, so ist die Miethe auf Verlangen von Vermiether als aufgehoben zubetrachten.

4.

Der  Miether übernimmt  alle kleine  Reparaturen  am Hause,  die Diele  auszubessern  und Klemmen  (Lehmwände ausbessern)  wozu ihn das Material  von  Vermiether  angeschaft  wird. Die  Fensterscheiben, welche  zerbrochen werden  auf  seine Kosten  wieder  eingesetzt,  auch übernimmt  der  Miether  die  Handlanger  Dienste beim  Dachdecken  unentgeldlich  und  sonstige Reparaturen  auf  seine eigene Kost.

5 .

über die gegenseitige  Hülfeleistung einigten  sich  die Unterzeichneten  Contrahente folgender maßen. Miether hat  Vermiether  an Hülfe  zu leisten jedes Jahr.

Beim Jäten eine Person                            8 halbe  Tage

Grasmähen bis  Mittag                              10 Morgen  (Vormittage)

Heuen und  einfahren                              12 halbe Tage

Roggen  mähen                                        5 Tage

Roggen binden                                        3 Tage

Einfahren  2 Mann                                   4 Tage

bei den übrigen Erntearbeiten Eine Person Eine Person binden Kohlpflanzen 2 Mann Dünger eine Person Kartoffelernte 2 Mann

Dreschmaschiene  1 Person

Rübenziehen 2 Mann beim Flachse 1 Person Waschen Kartoffelnpflanzen Säen

Grumen mähen Grippen reinigen bei Plagen Dünger Wurzeln (Möhren)

Noch sonst nicht näher bezeichnete Arbeit

 

6 Tage

3 Tage

1 Tag

4 Tage

4 halbe Tage

12 Tage

4 halbe Tage

2 Tage

4 Tage

  • Tag
  • Tage
  • halbe Tage
  • Tage

2 Tage

1 Tag

 

6 Tage

 

 

6.

Miether erhält für obige Arbeit 50 Pfennige pro Tag, in der Ernte für mähen und binden 75 Pfennige, für Grasmähen bis Mittag 50 Pfennige, dagegen verpflichtet sich Venniether den Miether zur bestellung seines Ackers auf Verlangen die nöthigen Pferdehülfe 8 Tage zu lei­ sten. Der Lohn wird festgesetzt Für die Hülfe erhält Vermiether per Tag 3 Mark 50 Pfennige. wenn kein Fuhrmann beigegeben 3 Mark jedoch soll es dem Vermiether überlassen bleiben. Wenn über die verabredete Hülfeleistung hin aus gegangen werden muß so hängt dafür der Preis von gegenseitiger Verabredung der beiden  Contrahenten  ab.

7.

Miether darf ohne Erlaubniß kein Holz fällen überhaupt keine Veränderungen an den Miethswesen vornehmen , Aftervermiethe (Untervermietung) sowohl das ganze Wesen, wie einzelne Theile desselben dürfen ohne Erlaubniß des Vermiethers nicht vor genommen werden .

8.

Miether verpflichtet sich die  Ländereien  ordentlich zu  düngen,  so viel  als  möglich  von  Un­ kraut frei zuhalten und überhaupt das ganze Miethswesen in gehöriger Düngung wieder abzu­ liefern.

9.

Beide Theile steht eine Kündigung dieses Contracktes frei, und muß solches ein Jahr vorher aufgekündigt  werden, und ist dann die Miethe das nächste Jahr am  1. September  aufgehoben

10.

Bei etwägige Aufgabe der Miethe, ist die Miethe das letzte Jahr schon am 1. July desselben Jahres zu zahlen, erfolgt die Zahlung alsdann nicht, so behält sich der Venniether das Eigen­ thumsrecht  an die Früchte des Mieters  vor.

11.

Miether verpflichtet sich bei Entnahme der Rasen (Plaggendüngung) nicht mehr wie jährlich den achten Theil zu nehmen , der niedrige Wiesengrund vor dem Hause, darf ohne Erlaubniß des Verpächters nicht geplaget werden, und muß der Miether bei entnahme der Rasen mit gehöriger Düngung dasselbe wieder in ordnung  bringen.

12.

Zur Sicherheit hat  Miether nebst Frau,  so wie  auch Venniether diesen Miethkontrackt,  zu unterschreiben, und bürgen Miether nebst Frau mit ihren sämtlichen Habe und Güter für die Ausführung  desselben.

 

(gez. Unterschriften)