Die Zeit des Absolutismus – Baurecht auch für das „platte Land“

War die Macht der Landesfürsten bereits im ausgehenden 16. Jahrhundert erstarkt, setzen sich diese nach den Verwüstungen der Städte im dreißigjährigen Krieg im Kampf zwischen Stadt- und Staatsgewalt endgültig durch. Im Zeitalter des Absolutismus beginnt auch für das Baurecht eine neue Epoche. Als Ausfluss seiner Souveränität nahm der Landesherr im monarchischen Absolutismus das „ius politiae“ in Anspruch, d. h. alles zu fordern und zwangsweise durchzusetzen, was nach seiner Auffassung das „gemeine Wohl“ und der öffentliche Nutzen verlangten, und dabei auch beliebig in die Rechte der Untertanen einzugreifen (Wohlfahrtpflege). So wurde auch das Baurecht in die staatspolitische Zielsetzung integriert, die „allgemeine Glückseligkeit“ zu fördern. Aus dem Baurecht wurde das Baupolizeirecht. Die Bauordnungen des 17. und 18. Jahrhunderts knüpfen abgesehen von dem landesfürstlichen Städtebau an den materiellen Grundbestand des überkommenen Baurechts an. War das Baurecht des Mittelalters im Wesentlichen auf die Städte konzentriert, wurde die landesherrliche Gesetzgebung nunmehr auf das platte Land ausgedehnt. Waren bereits im Mittelalter an die Obrigkeit gerichtete Bauanzeigen und Genehmigungen des Landesherrn oder der Städte erforderlich, entwickelten sich im Absolutismus das formelle Baugesuch und die Erteilung des schriftlichen Baukonsenses. Eine Weiterentwicklung erfolgte auf dem Gebiet des Feuerschutzes. Neben oder anstelle entsprechender Regelungen in den Bauordnungen treten gesonderte Feuerordnungen oder Feuerlöschordnungen für Stadt und Land.

1748 erlässt Friedrich der I., König von Preussen, die „Erneuerte und geschärfte Feuerordnung für die Dorfschaften des Fürstentums Minden und der Grafschaft Ravensberg, Tecklenburg und Lingen“. Im § 1 wird dort die Pflicht aller begründet, welche von nun an neue Gebäude und insbesondere Wohnhäuser bauen wollen, dass dies dem Orts Land-Rat anzuzeigen ist. § 3 bestimmt: „In denen alten und gegenwärtig schlechten Häusern aber, worinnen nie Schornsteine gewesen, noch selbige angelegt werden können, sollen nicht nur tüchtige Schwipbögen so drey Fuß tief sind angefertigt, mithin die Feuerstellen mit steinernen Mauern und Wänden an den Seiten wohl verwahret, sondern auch die bisher üblich gewesene, so genannte Oefen, oder Feuerrrahmen in- und auswändig mit Leimen beworfen und diese wenigstens wöchentlich einmal tüchtig abgefeget und von dem, so sich angesetztet, gereinigt werden.“ Geregelt wird die Anlage von Aschengruben. Backöfen werden auf den Höfen nicht mehr geduldet und dürfen nur noch 30 Schritt von übrigen Gebäuden errichtet werden. Das Flachs- und Hanftrocknen in Gebäuden wird ebenso verboten wie das Viehfüttern mit offenem Licht.

Besonders instruktiv für unseren Raum ist die (preußische) „Dorfordnung für das Fürstentum Minden, Grafschaft Rabensberg, Tecklenburg und Lingen“ vom 07.02.1755. Hierbei handelt es sich um eine Art Gemeindeordnung, die aber über unser heutiges Verständnis weit hinaus geht. Nach § 1 soll „der Sabbath gefeyert und die Kirche fleißig besuchet werden.“ Nach § 2 soll sich „ein jeder des Fluchens enthalten.“ Es finden sich Regelungen über Kirche, Kirchhöfe, Schulhäuser, die Instandhaltung von Zäunen, Brücken und Gräben und die Einrichtung von Armenkassen. § 10 regelt, dass beim Läuten der „Bauer-Glocke“ sich alle Einwohner einzufinden haben. Die Regelungen der Feuer-Ordnung vom 05.06.1748 werden wiederholt und bekräftigt. Nunmehr wird auch das Tabakrauchen in Stallungen, im Wald und auf der Heide unter strenge Strafe gestellt.

  • 20 der Dorfordnung regelt, „Wie sich die Untertanen bei Aufnehmung der Heuer-Leute zu betragen haben.

Finden sich Leute aus denen benachbarten Landen ein, welche sich nur zur Heuer niederlassen wollen, sind solche, daferne sie sonsten eines guten Rufes sind, williglich aufzunehmen, derjenige aber, welcher solche aufnimmt, muß es dem Orts Vorsteher anzeigen, damit es derselbe dem Beamten und Receptori melden könne. Ein solcher Heuerling soll zwei Jahr von der Kontribution, oder dem Schutz-Gelde befreiet bleiben, daferne er aber sodann wieder außer Landes ziehen wollte, soll er die gewöhnlichen Steuern, oder Schutz- und Marken-Gelder, nachzahlen, und der haussitzende Wirth, welcher dieselbe zur Heuer aufgenommen hat, dafür einstehen.“

Diese Vorschrift belegt, dass der König die Existenz der Heuerleute kennt und für deren Wohlergehen Sorge tragen will.