Gesetzliche Teilprivilegierung von Bestandsgebäuden im Außenbereich

Erstmals mit der BauGB-Novelle 1976 verließ der Gesetzgeber im Bauplanungsrecht den Boden des Bestandsschutzes, in dem es für genau bestimmte Vorhaben die Beeinträchtigung einiger öffentlicher Belange – nämlich dem Widerspruch zu Darstellungen des Flächennutzungsplanes oder eines Landschaftsplanes, die Befürchtung der Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung – als gegenstandslos erklärten (sog. Teilprivilegierung). Anlass dazu waren die als unbefriedigend empfundenen engen Grenzen des Bestandsschutzes, der etwa die Umwandlung einer Scheune zu einer Schleiferei ebenso wenig zulässt wie den Wiederaufbau eines durch Blitzschlag zerstörten Wohn- oder Heuerhauses. Sollte die neue Vorschrift zum einen den Strukturwandel der Landwirtschaft erleichtern, so wurde andererseits das Aufbrauchen vorhandener Bausubstanz im Außenbereich gegenüber unvorhersehbaren Einwirkungen gesichert.

In der z. Z. geltenden Fassung des § 35 Abs. 4 BauGB sind die Teilprivilegierungstatbestände in 6 Nummern zusammengefasst: Die Nutzungsänderung land- oder forstwirtschaftlicher Gebäude (Nr. 1), die Neuerrichtung von Wohngebäuden (Nr. 2), der Wiederaufbau zerstörter Gebäude (Nr. 3), die Änderung erhaltenswerter Gebäude (Nr. 4), die Erweiterung von Wohngebäuden (Nr. 5) und die bauliche Erweiterung von Gewerbebetrieben (Nr. 6). Weiterhin die Neuerrichtung von Gebäuden im Rahmen von Nutzungsänderungen nach Nr. 1 (Abs. 4 Satz 2).

Die überschriftsmäßig zusammengefassten insgesamt 7 Regelungstatbestände der Teilprivilegierung können den falschen Eindruck erwecken, der Gesetzgeber habe nunmehr großzügig den Außenbereich zur beliebigen Nutzung vorhandenen Baubestands freigegeben. Das Gegenteil ist der Fall. Die Teilprivilegierungstatbestände sind überwiegend an eine Vielzahl von Voraussetzungen gebunden, die der Bestandsschutzrechtsprechung entnommen sind. Anknüpfungspunkt ist häufig eine zweckmäßige Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, die zulässigerweise Errichtung des Gebäudebestandes und die teilweise langjährige Eigennutzung durch den Eigentümer. Den bisherigen Bestandsschutz i. S. eines überwirkenden Bestandsschutzes überschreitet die Regelung der Nr. 3, wonach zulässig ist, „die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle“. Dasselbe gilt für die Regelung der Nr. 4 „wonach die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch, wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und Erhaltung des Gestaltswerts dient“, erlaubt ist. Letztere Teilprivilegierung setzt nicht einen Denkmalschutz voraus.