Ein singuläres Haus – von Dr. Maschmeyer

 – und ein Schlüssel zu Verständnis einiger bisher unverstandener Details
an späteren Häusern der Region
Das Haus erweist sich bei einer Sichtung des bekannten Bestandes überraschend als singulär, da kein weiteres Haus dieser Art im Lingener Land bisher sicher identifiziert, geschweige denn genauer untersucht wurde. Es ist das einzige bekannte Beispiel eines Hauses der agrarsozialen Unterschicht (Brinksitzer) des ausgehenden Mittelalters und auch das einzige, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gründungzeit der Brinksitzerstellen nachvollziehbar macht. Damit kommt der Erhaltung der geborgenen Reste eine sehr hohe Bedeutung zu.
Weiterhin zeigt das Haus einige einzigartige architektonische Details, die an anderen oder jüngeren Häusern so nicht bekannt sind. Bemerkenswert ist zunächst die unterschiedliche Ausführung von Vorder- und Rückgiebel als vermutlicher Steckwalm bzw. Steilgiebel.
Letzterer teilt das Fehlen jeglicher Vorkragung mit einem großen Teil der Heuerhäuser des 18. Jahrhunderts. Letztere zeigen auch am Vordergiebel einen Steilgiebel, der jedoch fast immer mit Vorderkübbungen versehen ist. Hinter diesen Vorderkübbungen ist der aus diesen herausragende Vordergiebel oft sehr weit vorgekragt, und zwar in eine Form, dass man ausschließen kann, dass die Vorderkübbungen zunächst nicht vorhanden gewesen wären.
Beim 2014 geborgenen, etwa 1776 errichteten Heuerhaus Geers stand der Steilgiebel zwar auf dem Torbalken, beide Torständer wiesen jedoch Spuren einer weiten Vorkragung auf, die zumindest im Haus von 1730; aus dem der Bogen stammte, noch einen Walm oder dergleichen getragen haben.
Das zweite wichtige Detail betrifft den nachträglich in den heutigen Rückgiebel eingebauten beim Umbaus zum Heuerhaus aber wieder weitgehend beseitigten konischen, Fachwerkschornsteins. In den meisten zu Anwesen mit Hofesstatus gehörenden Hallenhäusern in der Region findet sich über der Herdwand, zwischen Flettdiele und Kammerfach, eine bis zum First durchgehende bauzeitliche Fachwerkwand (Arbeitsbezeichnung „Feuerwand“), deren Sinn sich nicht ohne weiteres erklärt und für die es auch keine archivalischen Belege gibt. In einem bekannten Fall, dem Haus Splanemann in Gersten (zu diesem Hof gehörte unser Haus) war sogar der Rest eines in diese Wand eingebundenen Fachwerkschornsteines nachweisbar, in anderen Gebäuden aber auch nicht.
Im 1734 erbauten Haus Banke wurden Reste eines Fachwerkschornsteines gefunden, der vermutlich schon vor 1821 – in diesem Jahr war das Kammerfach erneuert worden existiert hatte und vermutlich 1862 anlässlich eines Umbaus der Herdstelle durch einen massiven Schornstein auf Balkenlage ersetzt worden war. Die erwähnte Feuerwand könnte also mit der relativ frühzeitigen Einführung eines Schlotes ins Hallenhaus in dieser Region zusammenhängen, die bisher der Forschung nicht aufgefallen ist und der Region eine Sonderstellung verleihen würde, da z.B. im benachbarten Artland die Häuser nachweislich bis weit ins 19. Jh. überwiegend Rauchhäuser waren. Es wäre in Betracht zu ziehen, dass Schlote bevorzugt eingebaut wurden, wenn viel Torf verheizt wurde, bei dem die Belatung
durch Rauch und Qualm ungleich grösser ist als bei Verbrennen von Holz.