Pastor Funke zur Markenteilung

Die Nachtheile der Markentheilung für die Heuer­leute

Einführung von Lübbert zur Borg

In diesem Kapitel beschreibt Funke die Nutzung der gemeinsamen Mark durch die Heuerleute vor der Teilung.

  • Freier Vieheintrieb in die gemeinsame Weide. Sowohl Rindvieh, Schweine als auch Gänse. In Heidegegenden, wie in den Kirchspielen Berge und Bippen, auch Schafe. Durch eine relativ große Viehhaltung gewannen die Heuerleute durch die nächtliche Aufstallung viel Dünger für ihren Acker.
  • Freie Plaggengewinnung für die Ackerdüngung.
  • Freie Torf- und insbesondere Sandtorfgewinnung für die Feuerung. Freie Entnahme von Abfallholz ebenfalls für die Feuerung.

Nach der Teilung der Mark, die hauptsächlich in den Jahren zwischen 1820 und 1835 vorgenommen wurde, verloren die Heuerleute die oben aufgeführ­ten Nutzungsrechte, da ihnen kein Rechtsanspruch auf Beteiligung zustand. Die frühere Nutzung war ihnen als Mitglieder der jeweiligen Höfe gewährt worden.

Die fehlende Nutzung der Mark machte sich bei den vorgenannten Einnahmeausfällen bei der Flachs­verarbeitung und durch den geringeren Verdienst in Holland besonders schmerzlich bemerkbar.

Funke erklärte ausdrücklich, daß die Markentei­lung äußerst ungerecht gegenüber den Heuerleuten war und diese nicht hätten ausgeschlossen werden dürfen. Er schreibt:

… allein die Lage der Heuerleute hat sich da­durch nicht verbessert, sondern verschlechtert. Ein­mal wurde dieser Boden der Gesamtheit, wozu vor der Theilung die Heuerleute mit gehörten[12], entzogen und ging in den Privatbesitz über, so daß sie weiter keinen Nutzen davon hatten; und sodann wurde dieser getheilte Boden großentheils durch ihre Kräfte urbar gemacht, ohne daß ihnen der eigentliche Vortheil zufiel. …

… Freilich wurden in den Markentheilen oft neue Häuser von den neuen Eigenthümern derselben auf­gebaut und so manchen Familien eine Wohnstätte verschafft; nur müssen wir hinzusetzen, daß die Lage dieser Familien gewöhnlich eine solche war, daß sie sich wenig ihres Lebens freuen konnten. Wir glauben wenigstens dieses mit Sicherheit annehmen zu können, indem es durch diese nicht vorbereitete Vermehrung der Population dahin gekommen ist, daß unter 10 Heuerfamilien nach der Steuerrolle oft nicht mehr 1 oder 2 sich befinden, welche Personensteuer bezah­len. Die besitzlose Bevölkerung, das Proletariat unse­rer Fürstenthums, ist durch die Markentheilung ver­mehrt worden, was wir keineswegs als ein Glück für den Staat ansehen können; deren Wohlstand aber bedeutend verringert, was wir sehr beklagen müssen, und zwar um so mehr, da der Mensch, wenn ihn die schwere Noth des Lebens immer von neuem nieder­drückt, wenn all sein Sinnen und Trachten nur darauf hingeht, wie er sein Leben von einem Tage zum ande­ren fristet, am Ende alle Empfänglichkeit für die tieferen, sittlichen und religiösen Lebensrichtungen verliert. …

In den weiteren Ausführungen dieses Kapitels geht Funke auf den sittlichen und religiösen Aspekt der Verarmung  eingehend ein. Dies entsprach na­türlich seiner Aufgabe als Seelsorger und gleichzeitig auch als Aufsichtsperson für die Schulen. Er beklagte sehr, dass die Kinder der Heuerleute vielfach zuviel mitarbeiten mussten – insbesondere als Viehhirten – und es sehr schwierig sei, sie auch nur einige Tage in der Woche zum Unterricht zu bekommen. Durch den mangelnden erzieherischen Einfluss befürchtete er eine zunehmende Verrohung und einen sittlich-religiösen Verfall bzw. eine Verwahrlosung.

aus:

Borg, Lübbert zur: 1847 – Pastor Funkes Buch über die Pro­bleme des Heuerleutesystems, in: Menslager Hefte. Mittei­lungen des Heimatvereins, Heft 9. Hrsg. vom Heimatverein Menslage, Menslage 1995, S. 18-29.