Gerade angesichts der derzeitigen Verhältnisse in den USA scheint dieser Rückblick angebracht:
Briefe von Auswanderern
Bei der Auswertung einer Vielzahl von Briefen von Amerika – Auswanderer aus Nordwestdeutschland, die insbesondere von Kamphöffner und Friedrich Schmedt vorgenommen wurden, kann man zu folgendem Ergebnis kommen: Nicht jeder, der im vorigen Jahrhundert seinen Weg nach Amerika fand, weil er sich dort ein einfacheres und besseres Leben erhoffte, fand drüben die Erfüllung seiner Wünsche. Viele waren unzufrieden. Einige kehrten zurück, wenn sie nur in der Lage waren, das Geld für die Rückfahrt über den Ozean zusammenzubringen.
In den Zusammenstellungen überwiegen die positiven Rückmeldungen, wobei von den Auswertern jeweils kritisch angemerkt wird, dass es sich dabei um subjektive Aussagen handelt. Bei manchen Schilderungen der neuen Lebensumstände muss man wohl von vornherein Abstriche machen: Hier muss man allerdings berücksichtigen, dass viele norddeutsche Einwanderer nicht in New York blieben, sondern nach ihrer Ankunft dort sehr schnell weiterzogen in die beschriebenen Gebiete.
Foto: Bundesarchiv
Die allermeisten Heuerleute waren ja aufgebrochen in die Neue Welt mit dem dringenden Wunsch, dort eine eigenständige und unabhängige Landwirtschaft betreiben zu können. Das konnte jedoch in den seltensten Fällen gleich gelingen, weil das nötige Kapital dafür nicht vorhanden war. So nahmen sie durchaus auch in Kauf, dass sie in den angetroffenen sich sehr stark entwickelnden Städten (allen voran Cincinnati) einfach übernehmen mussten, um sich Kapital zu besorgen. Dabei passierte auch, dass sie sich dabei besonders beruflich qualifizierten und sich so ins städtische Leben integrierten. Andere jedoch blieben ihrem Vorsatz treu, ließen sich landwirtschaftliche Flächen ausweisen, die sie teilweise zu einem sehr geringen Kaufpreis erhielten. Sie rodeten den Wald und machten die Gegend urbar unter größtenteils schwierigsten Bedingungen.
Diejenigen Auswanderer, die in Deutschland Grund und Boden besessen hatten (Kötter und auch Bauern), waren natürlich in einer deutlich besseren Situation: Sie konnten sich gleich passende Flächen kaufen und sofort durchstarten. Hier handelt es sich wohl um eine Durchgangsstation, man verbesserte sich zusehends.
Hier ein Bericht, der sich nüchtern und sachlich anhört:
Wir befinden uns im Staat Illinois etwa 40 km von St Louis im dritten Jahr. Es ist hier eine gute Gegend, geeignet für Farmer. Deshalb kann ein Farmer hier viel Vieh halten und mit leichter Mühe zu Geld kommen. Was hingegen in manchen anderen Staaten nicht der Fall ist. Auch ist hier Holz genug. Man verbaut hier verschiedene Sorten Früchte wie Weizen, Hafer, Mais, Kartoffeln Kohl und Bohnen aller Art, nur nicht die großen Bohnen wie bei euch.
Aus Unterlagen von Lübbert zur Borg Menslage
Zeichnung Karte: Bernd Robben