Bericht eines Bauernsohnes zum Bestellen von Heuerleuten

Nachfolgend berichtet ein gebürtiger Bauernsohn (Jahrgang 1940), der später studierte und Akademiker wurde. Er ist aufgewachsen in einer typischen Bauerschaft Nordwestdeutschlands.

Sein Name soll hier auf seinen eigenen Wunsch nicht veröffentlicht werden mit Rücksicht auf seine Verwandten, die heute auf dem Hof leben.

Schon als Zwölfjähriger bekam er von seinem Vater immer wieder den Auftrag, zu Fuß oder mit dem Fahrrad die (…) Heuerlingsfamilien zu den Hofdiensten zu bestellen.

Das geschah in der Regel am Abend vorher. Wenn jedoch das Wetter in der Ernte widrig war, konnte es auch geschehen, dass er sie direkt bestellen musste:

Diese Aufträge habe ich sehr ungerne gemacht. Natürlich merkte ich, wie meine Nachrichten bei den Heuerleuten aufgenommen wurden, ja aufgenommen werden mussten. Aber heute ist mir natürlich noch deutlicher klar, dass diese Forderungen an die Heuerleute völlig überzogen waren und sogar ihre Existenz gefährdeten. So bestand die Gefahr, dass sie bei schlechtem Wetter ihre Ernte nicht rechtzeitig bergen konnten, weil sie in der Zeit beim Bauern gebunden waren. Ich habe an den Reaktionen der Heuerleute auch schon als Junge gemerkt, wie erniedrigt und ausgenutzt sie sich fühlten. Diese Umgangsformen, die sich aus der Vergangenheit erhalten hatten und rundum üblich waren, waren wohl eine der Hauptursachen für das in aller Regel belastete Verhältnis zwischen den Bauern und ihren Heuerleuten.