Die Erfolgsautorin Roswitha Gruber nimmt sich eines vernachlässigten Themas an.

 

Darüber ist man sich heute in den beteiligten Fachwissenschaften einig:

Die Rolle der besitzlosen Frauen ist bis etwa zum Ende des 1. Weltkrieges und der Einführung des Frauenwahlrechts kaum thematisiert worden.

Die Volkskundlerin Christiane Cantauw (seit 2005 wissenschaftliche Geschäftsführerin der Volkskundlichen Kommission in Münster) beschreibt diese Situation treffend:

Leben und Alltag von Heuerlingsfrauen im 19. Jahrhundert darzustellen, erweist sich als einigermaßen schwierig, standen Frauen doch selten einmal im Fokus sozial- oder wirtschaftshistorischer Beschreibungen. Entsprechend wenige Quellen liegen über ihr Leben und ihren Alltag vor. In der Regel waren es die Männer, allenfalls die Familien als Ganzes, über deren soziale oder wirtschaftliche Lage in den aufklärerischen sozialreformerischen Schriften raisonniert wurde.

Frauen, das betraf nicht nur diejenigen aus den unteren sozialen Schichten, waren in der patriarchalisch geprägten Gesellschaft des 19. Jahrhunderts in allen Belangen dem Mann nachgeordnet. Diese Stellung  war nicht zuletzt rechtlich fixiert, so dass Frauen – unabhängig davon, ob sie nun verheiratet waren oder nicht – der ihnen seitens der Gesellschaft zugewiesenen passiven Rolle nur schwerlich entkommen konnten.

(…)

Die Töchter der besitzlosen ländlichen Unterschichten hatten im 19. Jahrhundert kaum eine andere Möglichkeit als irgendwo „in Dienst” zu gehen. Ein Großteil der kaum vierzehn- oder fünfzehnjährigen schulentlassenen Mädchen wurde von ihren Vätern als so genannte kleine Magd in der Landwirtschaft in Stellung gegeben. Die kleine Magd war auf den Höfen der Großmagd unterstellt – sofern eine solche beschäftigt wurde. Die Mägde waren für die Versorgung des Milchviehs, der Schweine und des Kleinviehs zuständig, besorgten den Gemüsegarten und halfen im Haushalt, in der Küche und bei der Feldarbeit (Garben binden, Kartoffeln aufsuchen, Rüben ziehen), wann immer dies notwendig war.

Die Mägde lebten mit der Bauernfamilie unter einem Dach, aßen mit ihr an einem Tisch. Was sie zu tun hatten, bestimmte zunächst einmal die Bäuerin und in letzter Konsequenz natürlich der Bauer.

Der soziale Aufstieg einer aus einer besitzlosen ländlichen Unterschicht stammenden Magd war so gut wie ausgeschlossen.

aus: Bernd Robben, Martin Skibicki, Helmut Lensing, Georg Strodt: Heuerhäuser im Wandel Vom ärmlichen Kotten zum individuellen Traumhaus, Haselünne 2017, Seite 228

Und genau hier ist  die Schriftstellerin Roswitha Gruber in etlichen Romanen sehr kenntnisreich eingestiegen.

Schon in frühen Jahren verspürte sie einen Drang zum Schreiben. Sie kam jedoch über Manuskripte nicht hinaus. Auch die spätere Berufseinbindung als Lehrerin und als Mutter von zwei Kindern ließen noch keine größeren schriftstellerischen Unternehmungen zu.

Auf ihrer Webseite beschreibt  Frau Gruber den Einstieg in ihre erfolgreiche Tätigkeit als Schriftstellerin:

http://www.roswitha-gruber.de/

Erst mit Fünfzig kam ich dazu, meinen Traum vom Schreiben zu verwirklichen. Aber statt eines Romans entstand ein Sachbuch: der Ratgeber Die Zeit, die dir bleibt. Er beschäftigt sich mit den Problemen der Frau in der Lebensmitte.

Von zahlreichen Leserinnen bekam ich Rückmeldungen darüber, wie sehr ihnen dieses Buch geholfen habe. Viele ermunterten mich, einen weiteren Ratgeber zu schreiben, einen für die Zeit nach der Lebensmitte.

Lange Zeit zögerte ich damit, weil ich eigentlich Romane schreiben will, für die ich mittlerweile nicht nur die nötige Reife besitze, sondern auch die Erfahrung, dass die besten Geschichten das Leben selbst schreibt. Daher haben alle meine Romanheldinnen reale Vorbilder.

Von den vielen Frauenschicksalen, die mir im Laufe meines Lebens begegnet sind, habe ich bewusst solche Frauen ausgewählt, die sich nicht nach dem Motto: Das war schon immer so – in das vermeintlich Unabänderliche fügen.

Meine Heldinnen sind tatkräftige Persönlichkeiten, die sich ihren Platz im Leben erkämpfen – gegen mancherlei Widerstände. Mit der optimistischen Grundeinstellung, die meine Romane durchweht, mache ich den Frauen Mut, ihre eigenen Bedürfnisse anzumelden und mehr für sich selbst zu tun.

In Kürze wird hier ein Telefoninterview mit Frau Gruber vorgestellt, die heute mit ihrem Mann in Reit im Winkl lebt.

Fotos: Archiv Robben