Knechte und Mägde in Westfalen und Österreich

 

Bis auf wenige regionale Eigenarten war das Los des Gesindes auf den größeren Höfen sehr ähnlich.

 

Als PDF in Internet verfügbar:

https://www.lwl.org/vokodownload/BilderNEU/422_001Sauermann_MU.pdf

Das Gesinde wurde dem Hof, auf dem es “wohnte”, zugeordnet und mußte daher einen Teil seiner Individualität aufgeben. Bezeichnend ist hierfür die Namengebung: ” Der eigene Hausname war ausgeschaltet, und der Name des Bauern oder des Hofes wurde vor dem Vornamen genannt, wenn die Kötter oder Nachbarn von uns sprachen. Ich z . B. war schon jahrelang aus Eversum fort und hieß dann, wenn ich mal dahin kam, immer noch’ Potthinken Ernst’ ( der Bauer hieß Potthink). Unseren richtigen Hausnamen kannte man nicht; man gehörte eben zum Hof und zu seiner Familie “ ( AwVk 1641, S. 2 Eversum, Gemeinde Olfen, Krs. Lüdinghausen).

Aber auch die Vornamen wurden in bestimmten Fällen verändert: “Nach unserm Willi bekamen wir einen Knecht, der mit Vornamen Kaspar hieß. In Lavesum war dieser Name aber sehr ungewöhnlich und uns in der Familie ungeläufig beim Rufen. Also wurde Kaspar umgetauft in Willi. Eine ähnliche Umtaufung nahm ein anderer Bauer mit seinem Knecht Josef vor, weil er selber einen Sohn mit Namen Josef hatte, und er nannte den Knecht kurzweg K arl. ” Der Berichterstatter schreibt dann weiter: “Die willkürliche Umbenennung der Vornamen war aber eher alles andere als ein schöner Brauch. Was würdest Du Grete z. B. im Innersten Deiner Persönlichkeit empfinden, wenn man auf einmal ‘Liesbeth’ zu Dir sagte und Du Dir das gefallen lassen müßtest?” ( AwVk 3391, S. 2 , Lavesum, Krs. Recklinghausen).

 

In Österreich

Das Gesinde unterstand der Autorität des Hausvaters. Alle auf dem Hof lebenden Personen waren dem Bauern untergeordnet. Das Gesinde mußte „einen Teil seiner Individualität aufgeben. Bezeichnend ist die Namengebung. Viele Knechte und Mägde wurden nach Dienstantritt nicht mehr mit ihrem eigenen Familiennamen genannt, sondern nur mehr mit dem Hofnamen. Hermann Brandt etwa berichtet, daß er nach seinem Dienstantritt auf dem Stockergut nur mehr „Stocker Hermann” hieß. Je länger die Dienstzeit auf einem Hof andauerte, desto stärker war der Grad der Identifikation mit der Bauernfamilie. Rechtlich war das Gesinde voll in den bäuerlichen Haushalt integriert, es war bis Ende des 19. Jahrhunderts wie alle anderen Hausangehörigen „der hausväterlichen Gewalt unterworfen und persönlich, rechtlich und ökonomisch vom Bauern abhängig”.” Der Bäuerin kam vor allem bei jüngeren Dienstboten eine wichtige Erziehungsaufgabe zu, die auch von älteren Dienstboten übernommen werden konnte. „Die Kontrolle des täglichen Lebens durch den bäuerlichen Patriarchen erstreckte sich nicht nur auf Arbeitsvorgänge, sondern auch auf aus heutiger Sicht private Lebensbereiche; so bestand durchwegs die Pflicht zum Kirchgang und zu gemeinsamen Gebeten; auch die spärliche Freizeit durfte nur im vorgegebenen Rahmen gestaltet werden. Mägde mußten um Erlaubnis bitten, wenn sie in ihrer freien Zeit weggehen wollten. In vielen Berichten hören wir von Sanktionen, die auf unbotmäßiges Verhalten (unerlaubtes Verlassen des Bauernhofes bei Nacht oder Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen) folgten.

Therese Weber (Hg.), Mägde, Lebenserinnerungen an die Dienstbotenzeit bei Bauern, Wien 1991, Seite 16/17
Fotos: Archiv Robben