Pachtverträge waren selten – hier einige Beispiele

Heuerlingsverträge und ihre Auswirkungen

aus: Das Heuerlingswesen in Norddeutschland von Jürgen Seraphim, Münster 1948, Seite 148

 

Beispiel 1

Kreis Herford, Gemeinde Westerenger.

Der Heuermann bewirtschaftet 2,66 Morgen Acker. Die Miete für den Kotten und die Pacht betragen zusammen jährlich RM. 60,—. Der Heuermann, der gleichzeitig Heimarbeiter in der Zigarrenindustrie ist, ist gegen einen Stundenlohn von RM. 0,20 zur Hilfeleistung auf dem bäuerlichen Hof verpflichtet, bis die Summe von RM. 60,— abverdient ist, d. h. rund 40 Tage im Jahr. Darüber hinaus besteht für ihn und seine Frau jederzeit die Möglichkeit, weitere Arbeit auf dem Hof zu finden. Jedoch besteht eine Arbeitsverpflichtung für die Frau nicht. Auf der Heuerlingswirtschaft werden 2-3 Ziegen, 1-2 Schweine und zirka 10-Hühner gehalten.

 

Beispiel 2.

Kreis Herford, Gemeinde Ennigloh

Der Heuerling erhält zu pachtweiser Nutzung 3 Morgen Land, die mit 12 Tagen (162 Stunden) Arbeit je Morgen zu entgelten sind. Insgesamt ergibt sich eine Arbeitsleistung ‘von 54 Tagen (486 Stunden). Da gemäß Vertrag die Stunde mit RM. 0,50 berechnet wird, beträgt der geldliche Gegenwert für die Landnutzung RM. 243,—. Die Miete des Kottens ist mit RM. 75,— festgesetzt, so,„ daß der Heuermann einen rechnerischen Gesamtbargeldaufwand von RM. ‘318,— aufzu­bringen hat. Es ist jedoch festzustellen, daß auch die Miete meist durch Arbeit abgegolten wird, obgleich hierzil eine vertragliche Verpflichtung nicht besteht. Der Heuermann ist hauptberuflich Industriearbeiter. Die Arbeitsverpflichtung wird infolgedessen in der Hauptsache, etwa zu 5/3, durch seine Frau erfüllt. Der Viehbesatz der Heuerlingsstelle besteht aus 2 Schweinen, 2 Ziegen, 1 Schaf, Kanin­chen und 10-15 Hühnern,

 

Beispiel 3

Kreis Tecklenburg, Gemeinde Lengerich

Der Heuerling bewirtschaftet 3 Morgen Land, zu denen er vom Bauern weitere 1,5 Morgen hinzugepachtet hat. Für das massive Einfamilienhaus und das Land zahlt er jährlich insgesamt RM. 280.— Miete und Pacht. Gespannhilfe wird vom bäuerlichen Hof aus- nicht geleistet. Als Arbeiter in der benachbarten Zement­industrie beschränkt sich die Pflichtarbeit. des Heuerlings auf dem bäuerlichen Hof auf 10 Tage im Jahr. Eine Vergütung für diese Pflichtarbeit wird nicht gewährt. Sonstige Arbeitshilfe wird mit RM. 4,— je Tag vergütet. Die unentgelt­liche Pflichtarbeit wird im Regelfall durch die Frau des Heuerlings abgegolten; nur zum Dreschen muß der Heuerling persönlich erscheinen.

Beispiel 4

Kreis Tecklenburg, Gemeinde Ibbenbüren

Der Heuerling erhält zur Nutzung 2 ha Ackerland. Für dieses sowie für den Kotten zahlt er monatlich RM. 20,— Pacht und Miete. Die Pferdehilfe des Ver­pächters wird derart berechnet, daß ein Gespann je Tag 4 Tagen Arbeitshilfe gleichgesetzt wird. Ein Arbeitstag wird dabei mit RM. 2,—, der Gespanntag dem­entsprechend mit RM. 8,— veranschlagt. Die Zahl der Pflichtarbeitstage des Heuerlings, der hauptberuflich als Bergmann tätig ist, beträgt 30. Die Arbeit des Heuerlings erfolgt im Regelfall stundenweise oder halbtägig und nimmt auf seine Beschäftigung im Bergwerk Rücksicht.