Gerhard Lucas Meyer (1830-1916)

  Nachfahren von Heuerleuten: Gerhard Lucas Meyer (1830-1916)

G. Meyer

…er wurde in Holland geboren, weil sein Vater für 15 Jahre nach Holland gegangen war, um für die Heuerleute in seinem Dorf                                                                                                          Menslage dort Tuche (Wollaken) zu verkaufen.

Schon sein Nachname verrät es: Der Urgroßvater des später bedeutenden Industriellen Gerhard Lucas Meyer stammte vom Meyerhof in Menslage im Artland.

Und so war noch sein Großvater Heuermann auf Hinrichs Stelle im benachbarten Berge. Er selbst ist allerdings in Holland geboren, weil sein Vater Johann Gerhard als Tuchhändler in einem Dorf in der Nähe von Amsterdam sich niedergelassen hatte.

Dieser Johann Gerhard hatte mit seinen Halbbrüdern auf der Stelle eine Handweberei betrieben. Nun war es eine besondere Spezialität der Weber rund um den Ort Berge, Flachs und Wolle in jeweils längs – und Querfaden so zu verweben, dass daraus ein besonderer Stoff entstand: das so genannte Wulllaken.

Diese Tuche waren in den Niederlanden neben dem reinen Leinen, das mehr aus dem Osnabrücker –, der Tecklenburger – und Minden – Ravensberger Land stammte, aufgrund seiner besonderen Eigenschaften besonders begehrt.

Sie waren leichter und angenehmer zu tragen als Stoffe aus reiner Wolle.

Dennoch hatten sie gerade in der Seefahrt ähnliche Wasser abweisende Eigenschaften.

In ihrer Heimat in der Region Bersenbrück konnten die Meyers diese Stoffe kaum absetzen. In vielen Häusern stand hier ebenfalls ein Webstuhl.

Sie hatten es von den Hollandgänger erfahren: Wolllaken kann man insbesondere an der holländischen Küste in der Provinz Nordholland gut verkaufen. Auch die Bauern dort kauften gerne diese wind – und wetterfesten Wolllaken.

So waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts schon 30 Kaufleute – sicherlich durchweg ehemalige Heuerleute – in den Niederlanden unterwegs.

So galt das Dorf Berge damals mit seinen Tuchhändlern und auch Weber als wohlhabend in der weiteren Umgebung.

Noch heute kann man entlang der Hauptstraße gut erhaltene Kaufmannshäuser aus der damaligen Zeit sehen.

Im Gegensatz zu den deutschen Grasmähern und Moorarbeiter hatten auch die Tuchhändler aus dem Raum Berge – ebenso wie die Tödden – ein gutes Ansehen bei der niederländischen Bevölkerung.

So waren etliche Kaufleute in der Lage, sich Pferd und Wagen anzuschaffen, um so größere Mengen an Bargeld nach Holland zu transportieren, während sie in früheren Jahren lediglich mit einer Kiepe auf dem Rücken höchstens bis zu 35 Kilogramm zu Fuß transportieren konnten.

Während seine Brüder nun zuhause die Stoffe produzierten,

eröffnete Johann Gerhard Meyer in Burgerbrug, einem Ort ganz in der Nähe des großen Kanals, der von der See nach Amsterdam führte und der für die großen Seeschiffe hergestellt war. Diese wurden von Pferden entweder in den Hafen oder zum offenen Meer gezogen. Hier erlebte Gerhard Lucas Meyer als Kind schon ein Stück der großen weiten Welt.

Dort erhielt er eine ausgezeichnete Schulbildung bis 1841.

Dann zog seine Familie wieder nach Berge zurück, wo der Vater weiterhin erfolgreich in der Weberei  tätig war, er verlieh nun auch Webstühle an andere Heuerleute. Er war aber auch wieder in der Landwirtschaft auf seiner Heuerstelle im Einsatz.

Die Eltern hatten gemerkt, dass ihr Sohn Gerhard Lucas ganz besondere theoretischen Begabungen hatte deshalb schickten sie ihn auf das Polytechnikum nach Hannover.

Ausführlich wird das besondere Leben dieses späteren bedeutenden industriellen in dem Buch von Adolf Stöhr beschrieben.

Hier nur die wichtigsten Stationen: Webereibesitzer, Inhaber einer Chemiefabrik, Wirtschaftsberater, Kaufmann in Sachen Heideprodukte und schließlich Industrieunternehmer.

Und in dieser letzten Tätigkeit wurde er 1868 zum Generaldirektor der Ilseder  Hütte ernannt. Durch seine Ideen und seine Tatkraft konnten diese Betriebe in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem der wichtigsten Standorte in der deutschen Stahlindustrie ausgebaut werden.

(Lit: Adolf Stöhr, Gerhardt Lucas Meyer, Vater der Ilseder Hütte, Sutton, Erfurt 2008)