Friedrich der II. von Preußen (1712 – 1786) hat als bedeutendster Vertreter des aufgeklärten Absolutismus die Gesetzgebung mit einer umfassenden Kodifikation erneuert. Als „Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten“ wurde das Gesetzeswerk am 05.02.1794 verkündet und trat im Juni desselben Jahres in Kraft.
„Vom Eigenthum“ handelt der Achte Titel des Ersten Teils. Die §§ 65 bis 82 I 8 ALR sind mit der Überschrift „Einschränkungen des Eigenthümers bey dem Bauen“ überschrieben. §§ 65 I 8 ALR bestimmt: „In der Regel ist jeder Eigenthümer seinen Grund und Boden mit Gebäuden zu besetzen und sein Gebäude zu verändern wohl befugt.“ Aus dieser Vorschrift ist später auf dem Gebiet des Bau- und Bodenrechts der Grundsatz der Freiheit des Eigentums mit der darin enthaltenen Baufreiheit abgeleitet worden. „Vorzüglich“ ist nach § 69 I 8 ALR eine „besondere obrigkeitliche Erlaubnis nothwendig“, wenn in Stadt oder Land eine neue Feuerstätte errichtet oder eine alte an einen anderen Ort verlegt werden soll. Das ALR teilt die Tätigkeit des Staats ausdrücklich in Gefahrenabwehr und Wohlfahrtspflege ein. Zum Organ der Gefahrenabwehr bestimmt es in § 10 II 17 die Polizei mit den Worten: „Die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung und zur Abwendung der dem Publico oder einzelnen Mitgliedern derselben, bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt der Polizey.“ Die Einschränkung der Polizeygewalt im Sinne des § 10 II 17 ALR wurde in der Praxis erst mehr als 80 Jahre nach Inkrafttreten des ALR anhand von zwei baurechtlichen Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts – den sog. Kreuzberg-Urteilen – durchgesetzt, als die Rechtmäßigkeitskontrolle polizeylicher Verfügungen einer in der Spitze unabhängigen Verwaltungsgerichtsbarkeit übertragen worden war.
Die Rechtsquellen des preußischen Baupolizeirechts bilden – trotz der Regelungen des ALR – weiterhin eine Vielzahl von örtlichen Bauordnungen. Die „Bau-Ordnung für den Anbau in der Feldmark der Stadt Lingen“, die der Magistrat unter dem 03.09.1859 erlassen hat, hat folgenden Vorspruch: „Da die Vermehrung der Bauten vor den Thoren der Stadt die Nothwendigkeit zeigt, feste Regeln aufzustellen, nach denen in Ansehung der Bauten in der Feldmark zu verfahren ist: so wird nach vorgängiger Zustimmung der Bürgervorsteher und mit Genehmigung Königlicher Landdrosten die nachfolgende Bauordnung für die Feldmark der Stadt Lingen bekanntgemacht.“ In der Bauordnung wird zwischen dem Anbau an städtische und an ländliche Straßen unterschieden. „Bei den städtischen Straßen sind die Vorschriften der Bau-Ordnung mit größerer Strenge zu behandeln, bei den ländlichen können dieselben mit größerer Nachsicht angewandt werden.“ Unter dem 02.06.1869 hat der Magistrat der Stadt Lingen eine neue aus 47 Paragraphen bestehende Feuerpolizeiordnung erlassen, die am 01.01.1870 in Kraft getreten ist.