Fehlende Arbeitskräfte in den Niederlanden (Dr. Sautmann S. 2)

 

So fehlten gerade auf dem „platten Land” Arbeitskräfte, die man aus den deutschen Nachbarländern anwerben musste. Hier wiederum wurde händeringend nach Arbeit gesucht. Steigende Bevölkerungszahlen, schwindende Erwerbschancen und eine stetig knapper werdende Ernährungsbasis sollten das frühe 18. Jahrhundert auch in Versmold kennzeichnen. Garnspinner und Leineweber litten mehr und mehr unter dem Preisverfall für ihre Waren. Und auch die Heuerstellen, die in früherer Zeit noch ein einigermaßen stabiles Auskommen geboten hatten, reichten zum Leben längst nicht mehr aus. So suchten die Menschen nach neuen Einkommensquellen.

„Die für deutsche Verhältnisse überaus günstigen Verdienstmöglichkeiten in Holland und Friesland wirkten für über 200 Jahre wie ein Magnet insbesondere für landlose Heuerlinge, denen es durch mehrjährige Gastarbeit möglich wurde, sich mit Haus und Hof eine bescheidene Existenz zu erwerben. Man schätzt, dass auf diese Weise jährlich etwa 100.000 Taler ins Land flossen, weshalb die saisonalen Wanderungen behördlicherseits durchaus erwünscht waren. Noch im Jahre 1828 überschritten aus dem Regierungsbezirk Minden 1.750 Männer während des Sommers die Grenze. Die Wanderarbeit war damit auch im ravensbergischen Raum ein bedeutender Wirtschaftsfaktor”, heißt es in dem Buch „Versmold — Eine Stadt auf dem Weg ins 20. Jahrhundert” von Rolf Westheider.

Ein Bericht des Versmolder Beigeordneten und Kämmerers Haßfordt vom 28. Februar des Jahres 1817 beschreibt die Bedingungen und den Verlauf des Hollandganges „Es mögen ohngefähr Acht bis zehn Mannspersohnen aus hiesigen Bezirk nach Holland auf Arbeit gehen”, notierte er. „Die zum Torfmachen gehen Ende März vom Hause, und kommen Ende Juni zurück, mithin sind diese drey Monate von Haus abwesend. Die Hin und Her Reise wird gewöhnlich in Vierzehn Tagen zurückgelegt; es bleiben ihnen also nach Abzug der Sonn- und Feiertage ohngefähr sechzig ArbeitsTage übrig”.3) Rund 120 Gulden brutto waren in diesen Tagen beim Torfstich zu verdienen; für Kost und sonstige Bedürfnisse gingen allerdings rund 67 Gulden wieder ab, so dass die Hollandgänger etwa 52 Gulden oder 28 Taler mit nach Hause bringen konnten.

Dr. Richard Sautmann

Mühsame Wege, ,,um daselbst den Sommer zu arbeiten"

Hollandgänger im 19. Jh.

Dieser Aufsatz erschien im Heimatjahrbuch des Kreises Gütersloh, Jahrgang 2009

Hier eingestellt mit freundlicher Genehmigung des Autors vom 28. September 2016