Das Pferd war die bessere Hälfte des Bauern…
Wie an anderer Stelle schon ausführlich erörtert (Seite..) hatten die Pferde auf den Bauernhöfen eine ganz besondere Stellung. Es war der besondere Stolz des Hofbesitzers, mindestens zwei gute Pferde nicht nur im Stall zu haben, sondern diese auch in seiner „kleinen“ Welt präsentieren zu können. Und diese begrenzte Welt richtete sich weit gehend auch danach, wie weit man an einem Tage mit dem Pferdefuhrwerk oder der Kutsche ausfahren konnte.
Foto: Archiv Robben
Ein Pferd – nur ein Statussymbol für den Heuermann?
Da die landwirtschaftliche Nutzfläche der Heuerstelle in aller Regel gerade ausreichte, um ein oder zwei Kühe und wenige Schweine zu halten, war für die allermeisten Heuerleute dagegen ein Pferd reiner Luxus. Die Futtergrundlage ließ eine rentable Pferdehaltung einfach nicht zu.
Deshalb war in fast allen – meist mündlichen – Heuerverträgen eine Gespannpflicht des Bauern dem Heuermann gegenüber festgelegt. Allerdings wurde die Aushilfe durch den Landwirt auch berechnet.
Foto: EL Heimatbund
Und gerade diese Rechnung fanden viele Heuerleute halt besonders belastend, weil sie die Berechnungsschlüssel kaum akzeptieren konnten. Im günstigsten Fall wurde eine Pferdestunde mit der Arbeitsleistung von drei Menschenstunden verrechnet. An manchen Orten – eher noch auf manchen Höfen – wurde im Verhältnis 1:6 zu Gunsten des Bauern getauscht.
Die Wertschätzung der Frau damals
Ein „besonderes“ Beispiel für die Stellung der Frau auf dem Lande damals soll hier vorgestellt werden – und dabei stand die Heuerlingsfrau noch weit unter der Bäuerin:
Während eine tragende Stute drei Monate vor und nach dem Abfohlen geschont wurde, galt für die schwangere Frau auf dem Lande eine Schonfrist von lediglich sechs Tagen: drei vor der Entbindung und drei danach.
Die Erklärung dafür, die von älteren Zeitzeugen durchweg bestätigt wird, kann für uns heute nur unglaublich sein:
Während ein Pferd ähnlich wie eine Kuh ungemein teuer und somit kaum zu ersetzen war, fand sich ein Ersatz für eine verstorbene Frau ganz schnell in der Reihe der unverheirateten sog. Tanten oder der Mägde. So wurde in der Regel auch schon nach drei Monaten wieder geheiratet. Ein Blick in die Kirchenbücher belegt das.
Die berühmte Malerin Paula Modersohn-Becker berichtete dazu aus dem Teufelsmoor bei Bremen.
Eine wahre Geschichte hier aus der Gegend: Jemand kommt in ein Bauernhaus und will den Bauern sprechen. Die Frau steht am Feuer und sagt: „He hett sick een beten hinleggt. Wi hebbt en beten unruhige Nacht hat. Sie hatte nämlich nachts ein Kind bekommen.
Rabenstein, S. 3
Dadurch war der Heuerling wiederum in besonderem Maße von seinem Bauern abhängig: Er musste um die Gespannhilfe anfragen. Ähnlich wie bei der Heu – und Getreideernte – nur nicht ganz so extrem – war er hier auch auf die Gunst des Bauern angewiesen. Bei der Frühjahresbestellung der Äcker etwa war es in aller Regel so, dass bei der günstigen Witterung zunächst die Felder auf dem Hof gepflügt wurden, erst dann wurden die Flächen auf der Heuerstelle versorgt. Gerade auch diesen Zustand empfanden viele Heuerlingsfamilien als äußerst belastend. Deshalb suchten sie nach einer Abhilfe. Die billigste Alternative war: Der Heuermann spannte ich selbst vor den Pflug. Das ist wohl in seltenen Fällen so geschehen, wie es das Foto zeigt. Um in dieser Hinsicht unabhängig zu sein, spannten etliche Heuerleute ihre Kuh oder einen Ochsen an. Diese Tierart war den Pferden zwar weit unterlegen in der Zugleistung und auch in der Schnelligkeit, aber man war eben unabhängig.
Dennoch waren einige Heuerlinge so stolz, dass sie sich ein Pferd anschafften. Aus Erzählungen in verschiedenen Orten wird dazu allerdings berichtet, dass die Bauern das nur mit Häme betrachteten und entsprechend kommentierten.
Als später Molkereien aufkamen, haben viele Heuerleute den täglichen Fuhrdienst der Milchkannen übernommen. So konnten sie durch die Bezahlung für diese Tätigkeit sich nun ein Pferd als Zugtier leisten, das sie auch in ihrem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb einsetzen könnten.
Fotos: HV Emlichheim
In einigen Orten haben auch Fuhrdienste angeboten. Das wird aus Herzlake und Bersenbrück berichtet. Hier waren Bruchsteine für den Hausbau zu transportieren. Als dann der Kunstdünger aufkam, ließen sich etliche Bauern damit durch Fuhrunternehmer beliefern. Mit aufkommender Industrie konnten die Straßenverhältnisse deutlich verbessert werden. So mussten zumeist von den Bahnhöfen aus die Materialien zu den Baustellen geliefert werden. Aber auch Holztransporte fielen immer häufiger an wegen zunehmender Bautätigkeit.