Heuerleute bekommen Siedlungsland 1

Besiedlung des Cappelner Moores

Bis zum Jahre 1923/24 war das Gebiet des Cappelner Moores in der Gemarkung Schwagstorf nahezu unberührt. Große Teile von Moor- und Ödlandflächen lagen brach oder wurden nur zum Torf- bzw. Plaggenstechen genutzt. Fast sämtliche Vollerben, Halberben, Erb- und Markkötter aus Schwagstorf waren in diesem Gebiet Eigentümer eines Grundstücks. Mit Ausnahme von einigen unbefestigten Moor- und Sandwegen war es völlig unerschlossen.

Anfang der 20er Jahre wurde von der damaligen Regierung die Ansiedlung neuer landwirtschaftlicher Betriebe in die Wege geleitet und gefördert.

Im Gebiet des Cappelner Moores begann es mit einem Umlegungsverfahren — heute Flurbereinigung. Die Umlegungsfläche betrug 220 ha.

Dieses Verfahren lief über mehrere Jahre. Die Zuteilung der neuen Flächen erfolgte im Oktober 1929. In diesem Verfahren erwarb die Kreissiedlungsgesellschaft Wittlage eine Fläche von rund 124 Hektar. Für Wege wurde eine Fläche von rund acht und für Gräben eine von etwa fünf Hektar ausgewiesen.

Die Kreissiedlungsgesellschaft gab ihre Flächen an die Siedler weiter. Vorgesehen war, daß die Siedler für ihre Existenz eine Fläche von etwa elf bis zwölf Hektar benötigten. Aufgrund der Verschiedenheit der Flächen gab es Zu- oder Abschläge, so daß die tatsächliche Zuteilung zwischen neun bis zwölf Hektar lag. Einige Siedler hatten bereits in den Jahren 1923/24 selbst Grundstücke erworben. Große Unterstützung erfuhren sie durch den damaligen Kreisbaumeister Petsch und Landrat Glaß. Mit dem Bau der ersten Siedlungshäuser wurde 1923/24 begonnen. Die ersten Neubauten konnten im Herbst 1924 bezogen werden. Die meisten Siedler kamen aus den angrenzenden Gemeinden Venne, Hunteburg und Dielingen und hatten dort Heuerlingsstellen inne gehabt.

Ein kleiner Teil der Flächen wurde den Familien kultiviert übergeben. Der größte Teil, etwa sechzig Prozent, mußte von den Leuten noch selbst zur landwirtschaftlichen Nutzung hergerichtet werden. Maschinen waren nicht vorhanden, so daß nur Handarbeit übrigblieb. Dies geschah meistens unter Einsatz von Loren und Gleisen und mit Pferd und Wagen mit selbstgebauten Kippbehältern.

Die bekannten Pflüge der Firma Ottomeyer, Bad Pyrmont, die von zwei gegenüberstehenden Dampfmaschinen gezogen und achtzig Zentimeter tief pflügten, konnten wegen Geldmangels nicht eingesetzt werden. Dies geschah erst Mitte der dreißiger Jahre. Die Leistungen dieser Pflüge waren enorm. Noch heute sprechen die älteren Leute von diesen Maschinen.

In der Gemarkung Schwagstorf wurden von 1923 bis 1931 elf Siedlerstellen errichtet. Die Siedlerstelle des Friedrich Winter entstand im Jahre 1936. Zunächst wurde die Fläche erworben. Sein Heuerlingshaus im sogenannten »Alten Wolf« wurde 1942 durch eine Luftmine zerstört. Dann baute Siedler Winter ein neues Haus. Der Siedler Schomaker hat sein Haus auf Welplager Gebiet errichtet. Früher bewohnte er einen Kotten von Gut Wahlburg. Dieses Haus brach er ab und baute es an der Welplager Grenze wieder auf. Ebenso handelte Siedler Möhlmeyer, der zuvor im Kotten vom Gut Vorwalde wohnte.

Sämtliche Wege im Siedlungsgebiet waren unbefestigt. Die Entfernung bis zur Hunteburger Straße betrug bis zu zwei Kilometern. Das war für Kinder, die die Schulen in Broxten und Hunteburg besuchten, ein Schulweg von bis zu sieben Kilometern und eine echte Strapaze. So kam im Jahre 1951 der Plan auf, für die Kinder dieses Gebietes und zum Teil aus dem Ortsteil Vor dem Bruche eine eigene Schule zu fordern: Zu dieser Zeit waren genug Kinder für eine einzügige Schule vorhanden. Wiederholt wurden Besprechungen mit dem Schulrat Bibow geführt. Doch der Plan wurde von der Regierung abgelehnt, da die erforderliche Kinderzahl langfristig nicht gesichert war.

Die vor dem Kriege geplante Elektrifizierung dieses Raumes vor dem Bruche mußte wegen der Kriegsereignisse zurückgestellt werden. Sie wurde erst nach dem Krieg im Jahre 1948 fertiggestellt. Dieses besondere Ereignis war unter den unmöglichsten Bedingungen zustandegekommen. Die Leitungsmasten mußten selbst besorgt und unter Aufsicht der Nike aufgestellt werden. Der erforderliche Kupfer- und Aluminiumdraht mußte ebenfalls selbst besorgt und der Nike zum Montieren übergeben werden. Alle Gegenstände waren vor der Währungsreform nur gegen Butter, Speck, Eier, Kartoffeln usw. zu bekommen. Als aber erstmals das elektrische Licht eingeschaltet werden konnte, war dies ein Freudenfest, und die Älteren erinnern sich noch gerne an die sogenannten »Lämpchenfeste«, wofür die notwendigen Getränke (Rübenschnaps) selbst hergerichtet wurden.

 

Die ersten Wegebefestigungen erfolgten 1953 durch die Gemeinde Schwagstorf. Heute sind nahezu alle vorhandenen Wege asphaltiert. Damals, im Jahre 1953, wurden bei Friedrich Winter zehn Lastzüge Hochofenschlacke von Georgsmarienhütte und zwanzig Lastzüge auf den Wegen bei Büning und Schürmann abgeladen. Die erforderlichen Arbeiten wurden von den Siedlern im Wege der Hand-und Spanndienste ausgeführt.

Auf der Siedlerstelle Stegmann, heutiger Eigentümer ist Walter Winter, befand sich Anfang der dreißiger Jahre eine Hühnerfarm. Noch heute hört man häufig die Bezeichnung »Hühnerfarm«. Von 1936 bis zum Kriegsausbruch war in diesem Hause ein weibliches Arbeitsdienstlager eingerichtet. Die vier Siedlerstellen im sogenannten „Caldenhöfer Zuschlag« sind zehn Jahre später errichtet worden. Für die Siedler im „Cappelner Moor” und „Caldenhöfer Zuschlag« war es keine leichte Arbeit. Sie können voller Stolz auf diese Jahre zurückblicken.

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