Der besondere Zeitzeuge: Heuermann Rudolf Dunkmann

Kaum ein anderer Heuerling hat so umfangreich und kompetent berichtet.

Insbesondere durch die Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftler Prof. Dr. Dietmar Sauermann (Uni Münster) kamen diese besonderen Zeitzeugnisse zustande.

Download:http://www.lwl.org/voko-download/BilderNEU/422_023Sauermann_MU.pdf

Deshalb sollen hier nachfolgend nach und nach Texte von ihm eingestellt werden:

 

Launen des Bauern!

Zum Schluß will ich noch über ein Ereignis berichten, welches man wohl als ein Überbleibsel der Leibeigenschaft betrachten muß.

Ort des Geschehens: ein Bauernhof kurz hinter der Provinzgrenze.

Zeit: um die Jahrhundertwende.

Der genannte Bauer, nur mittelgroß, aber energisch, besaß wohl noch den alten Herrendünkel. Fast alle jungen Männer aus dem Volke mußten zu damaliger Zeit als Bauernknecht ihr Brot verdienen und standen praktisch in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Bauern. Dieser Bauer hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, seinem Pferdeknecht, wenn er die Pferde ausgeschirrt und in den Stall geführt hatte, einige Peitschenhiebe zu verabreichen. Das geschah gewohnheitsmäßig und fast immer aus nichtssagendem Grunde. Nun wechselten mal die Knechte. Der neue, mit einem Gardemaß von 1,90 m und einem Rücken wie ein kleiner Kleiderschrank, war eben vom Wehrdienst heimgekehrt und glaubte, bei diesem Bauern einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Schon nach einigen Tagen passierte es. Der Knecht hatte die Pferde ausgespannt und in den Stall geführt. Den Bauern, der auf seinem altgewohnten Platz auf der Häckselkiste hinter der Dielentür saß, beachtete er kaum. Plötzlich stand der Bauer auf und traktierte den Knecht mit einigen Peitschenhieben. Der ruhige, besonnene Knecht, der ja spielend mit zwei solchen Gegnern fertig geworden wäre, packte den kleinen Bauern im Nacken und entriß ihm die Peitsche. Mit immerwährenden Peitschenhieben trieb der Knecht nun den Bauern über die lange Bauerndiele bis zu den Wohnräumen. Von der Zeit an bestand ein gutes und ausgeglichenes Verhältnis zwischen Bauer und Knecht.

Quelle: Sauermann, S. 91.