“Kein Hüsung” beschreibt die Not und Unterdrückung um 1850 pur

Fritz Reuter (1810–1874) gehört zu den bedeutendsten niederdeutschen Dichtern

Er  verfasste 1858 seine Verserzählung Kein Hüsung. In diesem Werk demonstriert er einen sozialkritischen Realismus, der in der Literatur zeitweise im neunzehnten Jahrhundert auftaucht wie auch bei Theodor Fontane, Gottfried Keller oder Wilhelm Raabe.

Obwohl Fritz Reuter eher als der Meister der humorvollen, plattdeutschen Literatur gilt, gelang ihm bei diesem Werk eine vorzügliche Beschreibung der damaligen Missstände im Verhältnis der Landbesitzenden zu den Landlosen im deutschen Osten. Allerdings bedauerte Reuter offenbar später seine deutliche Kritik an den vorherrschenden sozialen Verhältnissen. So schrieb er am 16. Dezember 1859 an den holländischen Stadtbibliothekar in Antwerpen, F. Mertens: „[…] und ich bin ein Tor gewesen und habe mir mit meinem politischen Gedicht Kein Hüsung das ganze Wespennest des mecklenburgischen Junkertums auf den Hals geladen.”

Aus: Antje Erdmann – Degenhardt, Weihnachten bei Fritz Reuter. Husum 2004, Seite 21

Das Jahr 1847 in Mecklenburg: Viele Jahre hat Johann dem Baron bereits als Tagelöhner gedient. Er liebt Mariken, die ein Kind von ihm erwartet, kann sie jedoch nicht heiraten, weil er kein Hüsung, also vom Baron kein Wohnrecht auf dessen Land hat. Trotz seiner Dienste verweigert ihm der Baron das Hüsung, als er erfährt, dass Mariken Johanns Frau werden soll. Mariken gesteht Johann, dass sie sich einst dem Baron verweigert hat und sie ihm seither verhasst ist. Als Mariken wiederum die Baronin um Hüsung bittet, reagiert diese empört auf Marikens voreheliche Schwangerschaft und jagt sie davon. Mariken hat Selbstmordgedanken, die Johann ihr jedoch vertreiben kann. Lieber will er mit ihr fortgehen.

 Als Marikens Vater Brand schwer erkrankt, erlaubt der Baron nicht, einen Arzt zu holen. Als eines seiner Pferde erkrankt, wird sofort nach einem Viehdoktor geschickt. Als Vater Brand stirbt, untersagt der Baron den Bauern, an seiner Beerdigung teilzunehmen, weil sie auf seinen Feldern die Rüben ernten sollen. Als Johann wenig später den Stall des Barons ausmistet, führt er wütend Selbstgespräche, in denen er sich über die Ungerechtigkeit der Welt allgemein und die des Barons speziell beklagt. Als der Baron unbemerkt hinzutritt, kommt es zur Konfrontation. Nachdem der Baron Johann mit einer Peitsche geschlagen hat, ersticht Johann den Baron mit seiner Mistgabel. Der Verwalter Oll Daniel verhilft Johann zur Flucht und versorgt ihn kurze Zeit später mit Geld und Essen. Johann flieht außer Landes und die anderen Bauern verraten ihn nicht.

 Zu Weihnachten bringt Mariken das Kind auf die Welt. Sie lebt, unterstützt von den Bauern, in ihrem Elternhaus. Als ihr mitgeteilt wird, dass sie in Kürze auf einem Nachbarhof arbeiten soll, stimmt sie zu. Sie verweigert sich erst, als sie hört, dass sie ihr Kind weggeben soll. Die Baronin, zu der Mariken in einer kalten Winternacht mit ihrem Sohn eilt, versagt ihr und ihrem „Mörderkind“ jede Hilfe. Auf dem Rückweg vom Gut bricht Mariken mit ihrem Baby im Arm am Wegesrand zusammen. Am nächsten Morgen findet Oll Daniel die tote Mariken. Ihr Kind hat überlebt.

 Zehn Jahre später kehrt Johann ins Dorf zurück. Er ist die letzten Jahre auf Wanderschaft gewesen, hat die Revolution 1848 miterlebt und die Bauern zum Aufbegehren gebracht. Er holt seinen Sohn ab, mit dem zusammen er weiterziehen will. Auch der in die Jahre gekommene Oll Daniel, der den Jungen großgezogen hat, soll mit den beiden kommen, entscheidet sich jedoch, sein Hüsung zu beanspruchen – im Himmel bei Mariken.

Zitierter Text aus

https://de.wikipedia.org/wiki/Kein_H%C3%BCsung

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