Rückbau KKW Lingen
Krasser Unterschied beiderseits der deutsch-niederländischen Grenze um 1930
Dass man sich in Deutschland schon vor dem 2. Weltkrieg durchaus ernsthaft mit den Unterschieden diesseits und jenseits der Grenze beschäftigte, zeigt auch eine Broschüre des Vereins zur Förderung der Wohlfahrt des Emslandes eV in Osnabrück, die leider nicht datiert ist, aber allem Anschein genau in diese Zeit passt.
Sie gibt den Unterschied in Wort in Bild sehr anschaulich wieder. Man machte sich offensichtlich rundum Sorgen und Gedanken um das Armenhaus Emsland, das auf der anderen Seite der Grenze einem blühenden von Menschenhand erschlossenen Holland krass entgegenstand.
Das passte wohl nicht zu dem übrigen Deutschland, das sich damals schon seit Jahrzehnten mit dem Titel Made in Germany in der ganzen Welt einen guten Namen gemacht hatte.
Diese Veröffentlichung zeigt in aller Deutlichkeit die Rückständigkeit der emslländischen Region gegenüber einem aufs beste erschlossenem niederländischen Grenzraum: Wo die Kultur aufhört, fängt Deutschland an…
Bauernhäuser beiderseits der Grenze im gleichen Bourtanger Moor.
Das holländische Dorf Bellingwolde liegt ganz nahe der Grenze zwischen Deutschland und den Niederlanden. Es steht auf dem Boden des gleichen Bourtanger Moores, das in Deutschland, nämlich im Emsland, fast unkultiviert blieb, während auf dem gleichen Boden in Holland eine im wahrsten Sinne vorbiliche Arbeit geleistet wurde, die dem Ganzen und dem Einzelnen diente.
Das Bauernhaus des vorstehenden Bildes ist nicht etwa eine Ausnahmeerscheinung für das Grenzdorf Bellingwolde, sondern ein Typ im Sinne einer holländischen Selbstverständlichkeit.
Aber im deutschen Emsland sind Bauern und Heuerlinge nicht sehr weit vom Verhungern. Ungezählte Familien schlafen in „Butzen“, schlafen auf Strohlagern in einer geräumigen Kiste. Die Tuberkulose ist ihr Jahrzehnte langes, ach, Jahrhunderte langes Schicksal“
Fische
Eine begehrte Arbeitsstelle für Heuerleute – Müller
Eine Wind- oder Wassermühle zu besitzen oder zumindest zu leiten, das war Heuerleuten kaum vergönnt.
Buchweizen – die karge Nahrung der ehemaligen Heuerleute als Siedler im Moor
Eine ehemalige Heuerlingstochter berichtet: Maria Heskamp aus Emsbüren/Gleesen
Maria Heskamp (geb, Brinker)
ist im südlichen Emsland in einer Heuerlingsfamilie aufgewachsen.
Die Sozialisationsform des Heuerlingswesens verschwand in den Wirtschaftswunderjahren der Nachkriegszeit innerhalb weniger Jahre.
Es war nach dem 30jährigen Krieg in Nordwestdeutschland entstanden. Viele – wenig bis gar nichts erbende – vom elterlichen Hof abgehende Bauernkinder mussten als Heuerleute eine zumeist recht dürftige Daseinsweise erleben.
https://www.youtube.com/watch?v=t6iZsCOBbZY&t=234s
Die nach dem 2. Weltkrieg aufkommende Erdgas- und Erdölerschließung bot Arbeitsplätze für Heuerleute
Im Emsland und der Grafschaft Bentheim hatten etliche Heuerleute eine besondere Chance, sich nach dem 2. Weltkrieg aus der Abhängigkeit der Bauern zu lösen.
Auch als Ungelernte fanden sie eine gut bezahlte Anstellung in der stark expandierenden Öl- und Gasindustrie vor der Haustür.
Foto: Archiv Erdölmuseum Twist
Schon 1942 konnte im Emsland und in der Grafschaft Bentheim Öl gefördert werden. Zunächst wurde die Bohrung Lingen 2 fündig. Danach folgten die Förderstellen Georgsdorf/Osterwald (1944), Adorf (1948), Rühlermoor/Rühlertwist (1949) und Scheerhorn (1949).
So wurde in der Folgezeit diese Region zum größten Fördergebiet von Erdöl und Erdgas in Deutschland.
Darüber gibt das Erdöl – Erdgas – Museum in Twist ausführlich Auskunft.
Getreideernte – Dreschen – Mahlen – Brot backen
Eine wichtige Ernährungsgrundlage neben der Kartoffel war der Getreideanbau.
Sowohl die Bauern als auch die Heuerleute konnten sich damals bei normalen Witterungsverhältnissen aus eigenem Anbau ernähren.
Dabei kamen die Menschen – für uns heute kaum noch vorstellbar – nur mit ihrer eignen und der Kraft der Pferde bei der Ernte aus.
Der nachfolgende Film beschreibt die Situation um 1940. Beim Dreschen wird schon ein Lanz Schlepper eingesetzt.
Dreschmaschine – angetrieben durch einen Lanz-Traktor
Die Geschichte der Firma Epple & Buxbaum zeigt einen besonderen Fall von Aufstieg und Fall in der Mechanisierung der Landwirtschaft von 1850 an.
Text übernommen mit freundlicher Genehmigung von Klaus Dreyer, Seniorchef der Amazone-Werke http://www.landtechnik-historisch.de/historische-landmaschinen-von-a-bis-z/e/epple-and-buxbaum/
Engelbert Buxbaum gründete 1851 in Augsburg eine Bauschlosserei und legte damit den Grundstein für das Unternehmen Epple & Buxbaum. Ab 1859 begann er dort mit der Produktion von landwirtschaftlichen Maschinen. In den folgenden Jahren wuchs der Betrieb sehr schnell. So wurden 1873 ca. 3.300 landwirtschaftliche Maschinen mit ca. 150 Mitarbeitern gefertigt.
Währenddessen gründeten die Brüder Karl und Magnus Epple 1862 in Sonthofen eine Maschinenfabrik für Göpel, Häcksler und Dreschmaschinen. Im Jahre 1865 ging Karl Epple nach Augsburg, um dort eine eigene Firma zu gründen und Produkte seines Bruders Magnus zu verkaufen. Im Jahre 1882 wandelte Karl Epple seine Firma in eine AG um.
Da alle drei Unternehmen ähnliche Produkte fertigten, gründete Karl Epple 1882 das Unternehmen die Vereinigte Fabriken landwirtschaftlicher Maschinen vormals Epple & Buxbaum und übernahm die ehemalige Konkurrenz: die Firma seines Bruders in Sonthofen und die Firma Buxbaum aus Augsburg. Es kamen Filialen in Wels, Breslau und Nürnberg hinzu. Die Produktpalette erstreckte sich von Göpeln über Häckselschneidemaschinen, Schrotmühlen, Trieuren, Dreschmaschinen (hand- und dampfgetriebene) bis zu Lokomobilen.
Ende des 19. Jahrhunderts gehörte der Betrieb Epple & Buxbaum zu den größten Landmaschinenherstellern Deutschlands und vertrieb seine Produkte nicht nur in den europäischen Staaten wie Deutschland, Österreich-Ungarn, Rumänien, Frankreich, Schweiz, Italien und den Niederlanden sondern auch nach Russland, Kleinasien, Südafrika und Brasilien. 1920 erreichte das Unternehmen seinen Höhepunkt mit über 1.200 Beschäftigten, für die auch auf sozialer Ebene gesorgt wurde: Unterstützungsfonds für Hinterbliebenenrente und Pensionen sowie eine Betriebskrankenkasse und Arbeiterwohnheime wurden eingerichtet.
Mit großem Aufwand wurde 1922 eine neue Spezialfabrik für Dreschmaschinen eingeweiht. Mit dieser zum falschen Zeitpunkt getätigten Investition geriet das Unternehmen in die Krise der großen Inflation und musste Ende 1923 Konkurs anmelden. Mehrfache Versuche zur Sanierung blieben erfolglos. So übernahmen 1931 die Heinrich Lanz AG und die Fella-Werke Teile der Fabrikation. 1939 erfolgte die endgültige Löschung aus dem Handelsregister. Heute erinnern nur noch denkmalgeschützte Hallen am Standort Wels, in denen sich andere Firmen niedergelassen haben, an die erfolgreichen Jahre von Epple & Buxbaum.