Das Leben der ersten Siedler war denkbar einfach. Die wichtigsten Ackergeräte waren Moorhacke und Brandkorb. Handwerker und Warenhandlungen fehlten fast hundert Jahre. Oft mußten über aufgeweichte Wege die Erzeugnisse des Dorfes auf dem Rücken fortgeschafft und Gebrauchsgegenstände ebenso herangeschafft werden. e Schubkarre war bei gutem Wetter ein wichtiges Transportgerät. Es traten häufig Mißernten durch Nachfröste und Nässe auf. In den Jahren 1813 bis 1850 soll man aus Mehl und Queckenwurzeln Brot gebacken haben. Damals griff sogar die Regierung ein und gab Lebensmittel kostenlos für besonders hart betroffene Familien aus. Auch wurde das Dorf in besonders trockenen Jahren von Moorbränden größeren Ausmaßes heimgesucht und in seiner Existenz bedroht. Als Positives muß jedoch herausgestellt werden, daß die Moorbauern in der damaligen Zeit reiche Honig- und Wachserträge zu verzeichnen hatten infolge der nektarreichen riesigen Buchweizen- und Heideflächen. Bienenstöcke von mehr als hundert Pfund Gewicht waren in guten Jahren die Regel. Die. Körbe erreichten fast Manneshöhe. Ebenfalls waren die oben erwähnten brach liegenden Buchweizenfelder sehr geeignete Weideplätze für die Heidschnuckenzucht.
Schlimme Behausungen
Sehr mangelhaft waren auch die Behausungen. Eine Art Erdhütte (Moorkate) aus gestochenen trockenen Moorstücken als Mauerwerk, mit Heideplaggen, Schilf und Binsen bedeckt, war Wohnung für Menschen und Vieh. In demselben Maße wie die Kolonie wuchs, und dazu fast hundert Jahre später die Nachbarkolonien Cumpaskum (Holland) und Schöninghsdorf entstanden, nahm der Urboden für den Buchweizenanbau ab. Der unberührte Moorboden trug in der oben beschriebenen Brandkultur höchstens 7 Jahre Buchweizen. Dann mußte der ausgebeutete Buchweizenacker etwa 30 Jahre brach liegen und wieder zu Heide und Moos werden, bis er wieder „buchweizenfähig” war.
Ineffektive Moorbrandkultur
Man verlegte sich auf Schafzucht, Bienezucht und Buchweizenanbau. Das im Winter gehackte Urmoor brannte man im Frühjahr an. In die noch warme Asche wurde der Buchweizen gesät. Der Zeitpunkt der Einsaat reichte von Ende Mai bis spätestens Ende Juni. In günstigen Jahren, wenn es im Hochsommer nachts frostfrei blieb und trocken war, brachte der Buchweizen eine gute Ernte. Jedoch war auch in Normaljahren die Bestellung der Buchweizenäcker mit großen Schwierigkeiten verbunden. Alle 5 — 8 m mußte ein fußtiefer Entwässerungsgraben gezogen werden. Pferde konnten nur– mit großen Holzschuhen, wie sie jetzt noch in Kleinformat gebräuchlich sind, den Boden betreten. Bei Regenzeiten mußte die Saategge mit Menschenkraft fortbewegt und im Herbst der Buchweizen auf der Schubkarre oder sogar auf dem Rücken eingeheimst werden.
Gewaltige Anfangsschwierigkeiten
Die ersten Einwohner von Hebelermeer hatten mit unsäglichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Sie waren mitten im Moor, vom nächsten Dorf etwa zwei Stunden Fußweg entfernt. Alles war Hochmoor, keine festen Sandwege waren vorhanden. Natürliche Grünlandflächen, wie Twist, Lindloh und Rütenbrock sie hatten, fehlten gänzlich. Der einzige nach Wesuwe führende Moorweg war in Regenzeiten fast nicht gangbar; jeglicher Fuhrwerksverkehr dürfte dann aufgehört haben. Großviehzucht war wegen Ermangelung an natürlichen Grünlandflächen und wegen des weichen und sumpfigen Bodens nur sehr beschränkt möglich.
Günstiger Einstieg: Nicht kaufen sondern Erbpacht
Ein weiterer Grund für die Ansiedlung war der Umstand, daß die „Plaatzen” nicht angekauft zu werden brauchten, sondern in Erbpacht überlassen wurden. An Pacht war von einer vollen „Plaatze” (40 ha) der Muttergemeinde Wesuwe jährlich 12 Gulden und dem Herzog von Arenberg 6 Gulden zu zahlen. Nicht nur Bauern machten von diesem günstigen Angebot Gebrauch, sondern auch Scherenschleifer und weniger gut beleumundete Personen. So ist es auch zu erklären, daß in Hebelermeer eine Frau namens „Goose Sienken” ansässig war, die am 10. April 1807 wegen schwerer Brandstiftung und Kindsmord zu „Schwert und Scheiterhaufen” verurteilt und im Angesichte des Dorfes Fullen, wo sie 22 Wohnhäuser nebst 10 anderen Gebäuden in Schutt und Asche gelegt hatte, auf einem Hügel des Estersandes öffentlich hingerichtet und verbrannt wurde. Dies war die letzte Hinrichtung im Emsland. Ihr Mann wurde als Mittäter zu 30 Jahren Zuchthaus verurteilt. Im Zuchthaus beendete er sein schandbares Leben.
Gründung der Moorkolonie 1788
Die Hochmoorkolonie Hebelermeer wurde 1788 verlost und angelegt, als Datum wird der 15. Juli angegeben. Der Boden gehörte damals zur Gemeinde Wesuwe. Mit dem Wasser des vom Hebeler Meer kommenden Mersbaches betrieb ein Wassermüller namens „Hebel zum Hebel” eine Wassermühle. Später übertrug man den Namen auf die Umwohner dieses Moormeeres. Die ersten 12 Siedler wohnten am Ostflügel des Ortes. Später wurde auch der Rand des Meeres bebaut. Die verhältnismäßig große Wasserfläche hat wohl die ersten Einwohner angezogen. Das Meer bot ihnen, wie aus mündlicher Überlieferung bekannt ist, im Frühjahr den reichen Eiersegen des Wildgeflügels und im Winter die Jagd auf durchziehende Wasservögel, auf wilde Enten und Gänse. Da Schußwaffen damals noch weniger gebräuchlich waren, fing man die Tiere hauptsächlich mittels Stock- und Rufenten in sogenannten „Glupen” (Fallen), wie sie bis jetzt noch an einigen Stellen an der Ems gebräuchlich sind.
Das „Meer“ findet einen Abfluss…
Allerdings hat sich das Meer in besonders regenreichen Jahren einen Abfluß in östlicher Richtung zur Ems verschafft, durch den „Mersbach”, der heute noch als Haupt-vorfluter dient.
Dieselben Voraussetzungen bezüglich der Höhe des Mineralbodens und der Moorkolkbildune sind besonders im benachbarten Holland, in Zwartemeer, sichtbar, wo der Boden bereits abgetorft ist. Das eigentliche „Zwarte-meer” ist dort wirklich eine hervortretende Hochfläche. Ähnliches wurde mir auch durch einen ehemaligen Torfmeister vom „Meerkolk” des Heseper Torfwerkes berichtet.
Hebelermeer, ein echtes Hochmoordorf
von Bernhard Ottens, ehemals Lehrer in Hebelermoor
in:
Die Überschriften wurden von Bernd Robben eingefügt.
Die besondere Lage im Bourtanger Moor
Als Mittelpunkt des Bourtanger Moores darf man wohl das Hochmoordorf Hebelermeer bezeichnen. Will man seine Entstehung aufzeigen, so muß man auf die eiszeitliche Bodenstruktur — bevor das Moor wuchs — zurückgehen.
Die gediegene Entstehung des Moores im Raum Hebeler“meer“
Der große Moorkolk, mit etwa 4 km Umfang, das eigentliche Hebeler Meer, war nach der letzten Eiszeit eine etwa 1 m hohe, mit starkem Baumwuchs bestandene Sandanhöhe. Ringsumher war fast waagerechter Sandboden, der in der Oberfläche sehr eisenhaltig wj.ir und zur Ortsteinbildung neigte. Abflüsse haben scheinbar nicht bestanden, und so war es möglich, daß in den kleinen fußtiefen Senkungen dieses schwach mit Holz bewachsenen Bodens sich ein starker Moos- und Riedgrasbewuchs bildete. Der erste Ansatz für die Moorbildung, wie man sie heute noch des öfteren in feuchten Wäldern antrifft, war gegeben. Diese Bewachsung wurde in den kleinen Vertiefungen bald größer und höher und erstickte nach und nach den gesamten Waldbestand. Das Moor stand im Wachstum. Dle höherliegende Sandfläche des späteren Hebeler Meeres wurde noch nicht davon berührt.
Vielleicht nach Jahrtausenden kletterte der Moorwuchs der Umgebung höher, und der Waldbestand auf der Sandanhöhe wurde unter Wasser gesetzt. Das im besten Wachstum befindliche Moor der Umgebung überhöhte diese Hochfläche, das Wasser erstickte den Baumwuchs das Moormeer war entstanden. Die Verlandung von den Seiten her und durch schwimmende Wasserpflanzen ging langsamer vor sich als der Wuchs des Moores der Umgebung. Man kann dazu annehmen, daß das Moor an dem Meerrand besonders schnell wuchs, weil Moos-, Ried-und Heidepflanzen auch in besonders trockenen Jahren dort mehr Wasser hatten als in der weiteren Umgebung. Die natürlichen Voraussetzungen sorgten somit für eine Umwallung des Moormeeres.
Fallbeispiel Hebelermeer
Diese Moorsiedlung im Emsland liegt direkt an der niederländischen Grenze.
Sie wurde 1788 gegründet. Dieses ehemalige Hochmoordorf hatte eine Sonderstellung.
Was hat das “Meer” im Ortsnamen zu bedeuten?
Neben Hebelermeer soll das benachbarte Barger Compascuum ebenfalls als Fallstudie untersucht werden.
Gründungsjahre der Moorkolonien im Emsland
1631
Papenburg
1774
Alte Picardie (Gem. Osterwald)
1775
Neue Picardie (Gem. Osterwald) 8.
1784
Hesepertwist (Gem. Twist)
Adorf (Gem. Twist)
Lindloh (Haren)
1788
Breddenberg
Neubörger
Neulehe
Neudersum (Gem. Dersum)
Neudörpen (Gem. Dörpen)
Rühlertwist (Gem. Twist)
Rütenbrock
Schwartenberg (Haren)
Neurhede (Gem. Rhede)
Neusustrum (Gem. Sustrum)
Neuversen (Gem. Meppen)
Neuvrees (Gem. Friesoythe)
Gehlenberg (Gem. Friesoythe)
Hebelermeer(Gem. Twist) – dazu kommt ein ausführlicher Bericht
1810
Altenberge (Haren)
1912
Fehndorf