Das Rauchhaus in Varrel

 

Hier fühlt man sich in die Heuerlings – Vergangenheit zurückversetzt!

Rauchhaus

Die Fotos stellte Jürgen Timm zur Verfügung.

Der Charme des Hauses liegt in seinem Zustand. Der unveränderte Grundriss und der original erhaltene Innenausbau sind einmalig in Nordwestdeutschland. So dokumentiert dieses Haus auf besonderes gelungene und eindringliche Weise die Lebens- und Wohnbedingungen der unterbäuerlichen Schicht zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Sowohl die geringe Anzahl von Fenstern in der Wandflächen als auch die Ausmauerung der Gefache mit Ziegelbruchsteinen und die wieder verwendeten Hölzer in der Konstruktion zeugen von eher ärmlicheren Lebensverhältnissen der damaligen Bewohner. Dass dieses alte Haus in Varrel dem Abriss entgangen ist, ist seiner abseits gelegenen Lage und dem Einsatz vieler ehrenamtlich aktiver und an Geschichte interessierter Menschen zu verdanken

Der Förderverein renoviert die Räume des Rauchhauses unter Berücksichtigung der Auflagen der Denkmalpflege und stellt mit geeigneten Mitteln und mit Unterstützung des Kreismuseums Syke auch die Funktion eines Heuerhauses und Rauchhauses zu Beginn des 20. Jahrhunderts wieder dar.

 

Flachs bestimmte das Leben vieler Heuerleute

28. September 2016                                                                                                  Seite 551

Aus Flachs machten sie in bis zu acht verschiedenen Arbeitsgängen Leinen!

Diese Tuche gingen in viele Teile der Welt, vornehmlich aber in die Niederlande. Die Hollandgänger nahmen ihre Winterarbeit mit. Etliche Tödden aus dem Raum Mettingen machten daraus ein sehr einträgliches Geschäft, sie konnten so ihre Heuerstellen aufgeben. C&A Brenninkmeyer z. B. machten nach und nach Läden in den Niederlanden auf.

Selbst Sklaven auf den Baumwollfeldern der Südstaaten sollen diese Stoffe getragen haben.

Allerdings hat die Baumwolle in Verbindung mit der “spinning jenny” und den stets weiter entwickelten Spinn – und Webmaschinen die Leinenherstellung als lukratives Nebeneinkommen der Heuerleute abgelöst.

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Bauernhofmuseum Bielefeld

  27. September 2016                                                                              Seite 547

Heuerhäuser in Museen: Bauernhofmuseum Bielefeld

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Museumsleiter ist  Dr. Lutz Volmer

Dieser Kotten im Bauernhausmuseum Bielefeld war ursprünglich ein Doppelheuerhaus des Hofes Meyer zu Olderdissen.

Im Inneren ist er nahezu spiegelbildlich aufgeteilt und bot Platz für zwei Heuerlingsfamilien. Die Tenne wurde von beiden Familien gemeinsam genutzt. Die Museumsbesucher können noch heute recht gut nachempfinden, wie beengt die Kottenbewohner damals zusammen leben mussten. Dieses Doppelheuerhaus ist das einzige Gebäude der Museumsanlage, das noch an seinem ursprünglichen Standort steht. biele-hh

Es war  eines von zehn Gebäuden des benachbarten Hofes, der über seinen weitläufigen Grundbesitz verstreut insgesamt fünf Heuerlingshäuser besaß. Das Haus ist in seiner ursprünglichen Struktur gut überliefert und fast 90 Prozent des historischen Holzwerks des Gebäudes sind erhalten. Nun möchte der Museumsträger den Kotten weiter ausbauen. Dabei soll der Hof auch als Archiv und für die Museumspädagogen genutzt werden, die hier wetterunabhängig Kurse für Besucher anbieten können. Später soll auch das Areal rund um das Haus hergerichtet.

Fotos: Archiv Robben

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Die „Seelenverkäufer“ für die VOC

27. September 2016                                                                                        Seite 546

Die „Seelenverkäufer“

Das “Goldene Zeitalter” bescherte den Niederländer im 17. Jahrhundert Reichtum. Dafür gebrauchten sie viele ausländische Arbeitskräfte, insbesondere auf den Schiffen der VOC (Ostindiencompany) und der später gegründeten Westindiencompany.

Da griffen “gewitzte” Amsterdamer zu üblen Listen  und Tricks:grafik50_0_7

Wir müssen bey Gelegenheit des Handels ein paar Worte von den sogenannten, und durchgängig so verhaßten Seelenverkäufern (Zeelverkopers) sagen. Die ostindische Kompagnie braucht immer Leute, und diese Seelenverkäufer lassen es ihr Geschäft sein, solche zu verschaffen, es sey auf welche Art es wolle. Es ist nicht zu leugnen, dass mancher Taugenichts, mancher Armer, der kein Brod hat, auf diese Weise fortgeschafft wird: die Gesetze verbieten auch aufs schärfste, niemand zu zwingen, oder durch List gute Menschen zu verleiten; allein täglich wird dawider gehandelt, die Obrigkeit sieht durch die Finger, und die Gesetze bleiben ohne Vollziehung. Sie wissen junge Leute auf tausenderley Art in ihr Netze zu ziehen, haben sie solche einmal, so werden sie oft Monate lang eingeschlossen, elend gehalten, nichts wird von den Versprechungen, die man mihnen gethan, erfüllet: und sie kommen nicht eher aus ihrer Gefangenschaft, als bis man sie bey Nacht und Nebel an Bord bringt. Auf diese Weise weis man oft nicht, wo mancher Mensch hinkommt: gemeiniglich ist er aber von den Seelenverkäufern weggeschnappt.

Diejenigen, welche dieß unselige Handwerk treiben, sind aber nicht bloß in Amsterdam, sondern auch in andern Städten der vereinigten Provinzen; sie reisen auch außerhalb an den Gränzen, am Rhein und in andern Gegenden herum, ob sie gleich nirgends geduldet werden, wenn ihr Aufenthalt bekannt wird. Die Leute kommen schon elend und ausgemergelt an Bord, da stecken sie in einem engen Raume beysammen. Wer keine recht starke Natur hat, stirbt unterwegs, oder bleibt, wenn er die Reise übersteht, lebenslang elend. Die mehresten dieser Unglücklichen sind Deutsche. Weil die Kompagnie endlich ihren Schaden von dieser Art Werbung eingesehen, so hat sie seit kurzem angefangen, die nöthige Mannschaft auf eine vernünftigere und weniger schädliche Art anwerben. Die holländischen Wundärzte auf den Schiffen und in Ostindien sind auch zu unwissend, und tragen mit dazu bey, das Unheil der armen Kranken zu verlängern,und oft zu verschlimmern.

(Aus: Johann Jacob Volkmann, Neueste Reisen durch die Vereinigten Niederlande. Vorzüglich in Absicht auf die Kunstsammlungen, Naturgeschichte, Ökonomie und Manufacturen, aus den besten Nachrichten und Schriften zusammengetragen, Leipzig  Seite 250-251)

vergleiche:

https://www.uni-muenster.de/HausDerNiederlande/Zentrum/Projekte/Schulprojekt/imperia/md/content/hausderniederlande/zentrum/projekte/schulprojekt/lernen/kolonialzeit/20_50.pdf

 

Augustin Wibbelt – ein Kenner der ländlichen Welt

download27. September 2016                                               Seite 545

Augustin Wibbelt (1862 – 1947) entstammte einer kinderreichen  Bauernfamilie im Münsterland. Als Heranwachsender besuchte das Gymnasium Carolinum in Osnabrück, wo er das Abitur mit sehr guten Noten bestand. Anschließend studierte er in Münster zunächst Philologie. Er wechselte dann aber in das Theologiestudium. Im Jahre 1888 wurde er zum Priester geweiht und bekam eine Stelle als Kaplan am Niederrhein.                               Foto: you tube

Große Bekanntheit erreichte er durch seine enorme Fülle an hintergründigen und humorvollen Geschichten im Münsterländer Platt. In Erzählungen und Gedichten skizzierte er einfühlsam und auch humorvoll die Gesellschaft des Münsterlandes im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert.

Seinen Lebensabend verbrachte er wieder auf dem elterlichen Hof.

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In Kürze soll hier aus diesem Buch die Geschichte In`t Aarmenhuus eingestellt werden, die über Doktor Jöösken berichtet.

Dort ist es Augustin Wibbelt ausgezeichnet gelungen, über die sozialen und vor allem über gesundheitlichen Rahmenbedingung im ländlichen Raum zu berichten: Doktor Jöösgen ist gar kein Doktor – allenfalls ein Quacksalber, der wegen mangelnder Einnahmen selbst im Armenhaus leben muss….

Der Artländer Lübbert zur Borg 2

27. September 2016                 Seite 544









Fotos: Archiv Robben

Lübbert zur Borg war durchaus selbstbewusst:

Bei unserem zweiten Treffen auf seiner beeindruckenden Artländer – Hofanlage hatte er umfangreiche regionale Literatur – insbesondere schon vergriffene Ausgaben der “Menslager Hefte” – auf den Tisch gepackt.

Er begrüßte mich mit den Worten:

 Sie haben Glück, auf mich gestoßen zu sein. Wir haben hier in Menslage kräftig gearbeitet zum Heuerlingswesen, sowohl was den “Heuerlingspastor” Funke angeht, der hier gewirkt hat, als auch was Unterlagen über die Hollangängerei und auch die Auswanderung nach Nordamerika angeht. Sie dürfen das alles mitnehmen.

 Tatsächlich bereicherten diese seine profunden Forschungsergebnisse und auch Fotos das Buch deutlich.

 

 

 

Lübbert zur Borg im typischen Innenhof vor dem üppigen Fachwerkgiebel seines Artländer Bauernhofes im Jahre 2013.

In seinem Baumgarten – von hier aus gesehen – rechts vom Hof hat er auf etwas weniger als einem Hektar im Laufe der Jahre etwa 500 Baumsorten angepflanzt.

Lübbert zur Borg verstarb Ende Juli 2015

Ich habe in Lübbert zur Borg einen wichtigen Berater zur Dokumentation des Heuerlingswesens gehabt.