Bild des Monats September 2016

27. September 2016                                      Seite 541

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Dieser Heuermann zog seine Egge selbst…

Für ein Pferdegespann vom Bauern musste er bis zu 6 Tagen auf dem Hof mithelfen.

Da spannte er sich “lieber” selbst an.

Foto: Archiv KHB Emsland

 

Für den Fotoband in die Luft…

 

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Bei schönem Wetter ging es wieder in die Luft, um Heuerhäuser von oben zu dokumentieren….

Die Startvorbereitungen durch den versierten Piloten!

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Hier kann das Luftbild besonders viel zeigen:

 

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Der Mais – Irrgarten und die Swingolfanlage beim Hofcafe “Int Hürhus” der Familie Hulsmeyer in Mehringen bei Emsbüren sind deutlich zu erkennen.

Fotos: Archiv Robben

Ein transloziertes Heuerhaus

27. September 2016                                                   Seite 539

Ein weiteres Beispiel : Heuerhäuser im Wandel

Wenn ein altes Fachwerkhaus abgebaut  und an einem anderen Standort wieder errichtet wird, nennt man diesen Vorgang translozieren.

Dieses unter Denkmalschutzvertretern nicht unumstrittene Verfahren wurde nach unseren Recherchen in früheren Zeiten bei Heuerlingskotten nachweislich durchaus in einigen Fällen praktiziert.

Michael Lensing hatte das reichlich verfallene Häuslingshaus (so nennt man einen Heuerhaus im Diepholzer Raum) aufgekauft. Er trug es dann ab und baute es in sein schon vorhandenes Gebäudeensembles in Hemsloh wieder auf. Damit ergänzt es das Haupthaus, ein schon vorhandenes ehemaliges Schulgebäude mit einliegender Lehrerwohnung. Weitere Nebengebäude – so ein zierliches Backhaus – komplettieren die Gesamtanlage aus Fachwerk.

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Das Tüöttenmuseum in Mettingen

26. September 2016                                            Seite 538

http://www.mettingen-tourismus.de/city_info/webaccessibility/index.cfm?waid=551&item_id=861481&old_item_id=0&oldrecord=0&oldmodul=15&olddesign=3195

Ein weiterer Besuch in Mettingen – es wird nicht die letzte Recherche in diesem geschichtsträchtigen Ort sein…

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In einem Gebäudeensemble mit dem Hotel Telsemeyer, der Tourismusinformation, dem Rathaus u. a. befindet sich das Tüöttenmuseum in Mettingen.

Das Foto (Archiv Robben) zeigt die geschickte Mehrfachnutzung dieser Immobilie(n).

Insbesondere mit diesem dritten Besuch und Gesprächen mit Bewohnern von Mettingen verfestigt sich die Erkenntnis, dass die Familie(n) Brenninkmeijer (auch: Brenninkmeyer)  über viele Jahrzehnte und bis heute hin hier segensreiche (aber mehr “hinter den Kulissen”) Zuwendungen und Ideen beisteuert.

Ein jüngeres Beispiel ist das Museum Draiflessen, das 2009 auf Initiative dieser Unternehmerfamilie  gegründet wurde.

http://www.draiflessen.com/articles?a_type=museum&locale=de

Aus verschiedenen Gesprächen ergab sich, dass auch heute noch der Ursprungsort dieses mittlerweile weltweiten Unternehmens eine Rolle in der weit verzweigten Familie Brennikmeijer spielt.

Als ein besonderes Urgestein dieser bekannten – aber sehr zurückgezogenen lebenden – Unternehmerfamilie sei Franz Brennikmeijer gewesen.franz-brenninkmeier

Foto: HV Mettingen

Franz Brenninkmeyer (16.04.1890 – 23.08.1972) wurde anlässlich seiner goldenen Hochzeit  im Jahre 1969 Ehrenbürger der Gemeinde Mettingen. Auf wirtschaftlichem, sozialem und heimatkundlichem Gebiet erwarb er sich besondere Verdienste und unterstützte den Wohnungsbau, das Schulwesen, das Krankenhaus und die Kirchengemeinde.

Von ihm wird noch heute erzählt, dass er in den Gaststätten von Mettingen immer wieder nachfragte, wer noch unbezahlte “Bierdeckel” dort liegen habe – damals bei den geringen Einkünften eine verbreitete Methode, erst am Monatsanfang zu bezahlen, wenn wieder frisches Geld da war. Er beglich diese Außenstände dann aus seiner Tasche.

Dann soll es in einer Zecherrunde auch schon mal die Bemerkung gefallen sein: Loat us noch man eenen drinken, Franz betahlt ja wall…

Plötzlich verrückt geworden?

 

Marie Catharine Louise Hagelmann. eine Heuerlingstochter

Vorgeschichte   

Am 14. Juli 1786 heirateten der von Förlingen Nr. 45 stammende Einlieger und Schneider Carl Friedrich Hagelmann (26.09.1762 – 11.03.1837) und die auf der Stelle Förlingen Nr. 49 geborene Charlotte Catharine Scheide (20.04.1769 – 27.11.1839). Das Ehepaar bezog eine Heuerstelle in Förlingen und bekam bis zu seiner Silberhochzeit insgesamt elf Kinder – vier Töchter und sieben Söhne. Über das mittlere Kind – die am 22. Mai 1800 geborene Tochter Marie Catharine Louise Hagelmann – ist aufgrund erhaltener Akten besonders viel, wenn auch Trauriges bekannt: sie verlor nämlich im Jahre 1833 plötzlich den Verstand …

Louise Hagelmann, die von ihren Zeitgenossen vermutlich in der plattdeutschen Koseform ihresNamens ´Wisken` gerufen wurde, hatte bis zum Jahre 1833 kein sonderlich auffälliges Leben geführt –sieht man einmal ab von der Geburt eines unehelichen Kindes.

Im Alter von 33 Jahren erkrankt sie

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Im Laufe der Jahre 1833/34 nahm ihr gesundheitlicher Zustand dann allerdings derart Besorgnis-erregende Formen an, dass zuerst das Amt Auburg, dann das Amt Diepholz und schließlich noch ein sogenannter `Hofmedicus` namens Lindemann damit betraut wurden. Das erste erhalten gebliebene Schreiben über den Fall der Louise Hagelmann stammt vom 08. Oktober 1834. An jenem Tag schrieb das `Königlich Großbritannisch Hannoversche Amt Diepholz` an den Wagenfelder Geistlichen: „Gestern hat uns der Herr Hofmedicus Lindemann geschrieben, daß er auf Euer Hochehrwürden Anzeige die wahnsinnig gewordene Louise Hagelmann in Förlingen untersucht und ihren Zustand als einen solchen befunden, der eine Cour in Auburg selbst unmöglich macht. Eine Abführung nach Hildesheim in die dasige Irrenanstalt würde also nothwendig seyn, indessen müssen wir in dieser Angelegenheit nach der Verwendung [gesetzliche Verfügung] vom 25. August 1827 äußerst vorsichtig seyn, und den moralischen Zustande der Unglücklichen auf das genaueste untersuchen. Diese Untersuchung kann aber nur durch Euer Hochehrwürden als ihren Seelsorger zur vollständigen gemacht werden, und müssen wir daher in vollem Vertrauen auf den schon oft erprobten Eifer das Heil der Unglücklichen zu befördern, hochachtungsvoll bitten, folgende Fragen wohlwollend zu beantworten“. Bezüglich des physischen Zustandes der Unglücklichen wollte das Diepholzer Amt sich an einen Dr. Varges und an den Hofmedicus Lindemann wenden und von beiden ein Gutachten einfordern, um hernach Entsprechendes an den Königlichen Amtsvogt zur Auburg und an den Förlinger Bauermeister zu berichten.

Pastor Plathner gab Auskünfte

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Der angeschriebene Pastor Plathner benötigte einige Wochen, um die gewünschten Einkünfte einzuholen und antwortete schließlich am 12. Dezember 1834 auf die 12 Fragen des Amtes folgendes:

1) An welchem Tage, und in welchem Jahre ist die Unglückliche nach dem Kirchenbuche geboren?

Marie Catharine Louise Hagelmann, eheliche Tochter des Carl Friedrich Hagelmann und der Charlotte Catharine Scheiden, geboren 1800 den 22. May.

2) Welchen religiösen Unterricht hat sie genossen und wie hat sie sich in der Schule und nach der Confirmation betragen?

Die Hagelmann hat den religiösen Unterricht, der ihr damals in der Schule zu Förlingen und vom seeligen Herrn Pastor Kahler vor der Confirmation ertheilt ist, genossen und zwar so, daß sie die Heiligen Sacramente und mehrere Sprüche aus der Bibel, an welche ich sie erinnerte und die ich ihr zu Theil zu machen versuchte, ohne Umstand vorsprechen kann. Ihr Betragen in der Schule und auch nach der Confirmation ist gut, sittlich und anständig gewesen, bis sie von dem Schmied Daniel Ruß verführt wurde. Von diesem hat sie eine uneheliche Tochter, dieser wollte sie heyrathen; … [nur kam es nicht zu einer Heirat, weil er für eine Ehe zu schwach sei]189 … – wie er sagte; und heyrathete dann er eine andere Person, nachdem die Hagelmann und ihre Klage auf die Ehe auch … am 25. May 1833 abgewiesen war.

3) Hat sie schon in ihrer Jugend Anfälle von Schwermuth gehabt?

Früher hat sie, wie mir die Eltern sagten, nie Anfälle gehabt.

4) Wie sind die Verhältnisse mit ihren Eltern auch Geschwistern?

Sie sind gewiß ganz gut, wenn gemeint ist, ob sie unter einander in Frieden leben, ob sie sich gegenseitig beystehen, ob treuherzig und redlich gegen einander sind.

5) Weiß man die Ursache wodurch ihre Schwermuth erzeugt, oder ist sie urplötzlich ohne alle Ursache entstanden?

Ihre Schwermuth ist – so hörte ich im August von den Geschwistern und von ihrer Mutter (der alte Vater ist fast ganz taub und ganz stumpf) – nach und nach seit vorigem Frühling entstanden. …[Vielleicht, ja wahrscheinlich sind die schmählichen Beschimpfungen, womit sie der genannte Ruß übergossen hat, und wogegen sie die Kosten der Klage zu tragen hatte, Schuld daran]190 … – seit etwa 10 Tagen ist sie wohl ruhig und still geworden, aber auch fast ganz verstandlos.

6) Wird die unglückliche Person gegenwärtig von ihren Eltern auch Geschwistern sanft behandelt oder nicht?

Eltern und Geschwister behandeln sie so gut sie können.

oder 7) Sind die Eltern des Vermögens sie erforderlichen Falls in ihrem Hause zu unterhalten oder nicht?

Der Vermögensumstand der alten Eltern ist schwach und dürftig, der eine Sohn, der auch bey den Eltern ist, sorgt als Schneider für den nothdürftigen Unterhalt.

8) Kann im letzten Falle die Armen-Casse zur Bestreitung der nicht unbedeutenden Kosten etwas thun und wie viel? Die hiesige Armenkasse kann vermuthlich für die Hagelmann nichts thun, weil der von mir gewünschte Ueberschuß nicht da ist, und zwar ohne meine Schuld.

9) Hat die Unglückliche Augenblicke wo sie sich vernünftig äußern kann oder ist ihr Zustand immer ein Zustand des Tiefsinns?

Seit etwa 10 Tagen kennt die Unglückliche keinen Menschen, auch nicht ihre Eltern, Geschwister, auch nicht ihr eigenes Kind, sie scheint blödsinnig zu werden, wenn sie es noch nicht ist.

10) Ist zu befürchten daß sie in ihrer traurigen Lage ihren Eltern gefährlich wird?

Gefahr ist vorhanden und zu befürchten.

11) Ist sie eine kräftige Person, deren Aufbewahrung gewaltsame Mittel nothwendig macht?

Ihre Kräfte haben sehr abgenommen, weil sie seit Wochen selten und wenig Speise und Trank zu sich genommen – sie kann nicht mehr allein gehen, muß geleitet und getragen werden.

12) Gegen welche von ihren Eltern oder Geschwistern äußert sie die mehrste Folgsamkeit?

Sie läßt mit sich machen, was man will, weil sie keine Kräfte des Geistes auch des Leibes hat, zu widerstreben.

Gestützt auf Pastor Plathners Antworten sei das Wichtigste über Louise Hagelmanns Zustand hier noch einmal zusammen gefasst. Ihr Betragen als Mädchen in der Schule und als junge Frau nach der Konfirmation sei immer „gut, sittlich und anständig“ gewesen und sie habe auch die Heiligen Sakramente und die wichtigsten Sprüche aus der Bibel gelernt. Heute erscheint es uns nicht weiter erwähnenswert, wenn ein Mädchen immerhin die wichtigsten Dinge in der Schule gelernt hat, gehört es heute doch zum allgemein üblichen Standard einer schulischen Bildung. Doch zu jener Zeit erfüllte es den Pastor anscheinend mit einer gewissen Befriedigung, dass die junge Louise im Konfirmanden- Unterricht die wichtigsten Grundsätze der Religion immerhin im Gedächtnis behalten, ja vielleicht sogar verinnerlicht hatte.

Mit 21 Jahren ein uneheliches Kind vom Schmied

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War Wisken bis zu ihrem 21. Lebensjahr nicht weiter auffällig geworden, so ließ sie sich dann doch vom Schmied Daniel Ruß verführen. Aus dieser Liaison, die sich nach den Einträgen im Wagenfelder Kirchenbuch bereits im Jahre 1821 (!) zugetragen hatte, ist eine am 12. Oktober 1821 geborene und zwei Tage später getaufte, uneheliche Tochter namens Sophie Wilhelmine Ruß oder Hagelmann (12.10.1821 – 08.11.1880) hervorgegangen. Der Kindesvater Daniel Ruß wollte Louise zwar heiraten, doch aus Gründen, die der unleserlichen Schrift des Pastors Plathner leider nicht genauer zu entnehmen sind, kam es nicht zu dieser Hochzeit. Wisken klagte sogar auf die Ehe, allerdings wurde ihre Klage am 25. Mai 1833, also bereits 12 Jahre nach der Geburt der Tochter, vom zuständigen Amte abgewiesen. Der Schmied Daniel Ruß heiratete im Jahre 1834 stattdessen eine Marie Dorothee Friederike Bartmann, während Wisken alleine blieb

Danach wurde sie schwermütig 2

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Nach diesem Ereignis wurde die bereits 33-jährige Louise, die vorher nie an Anfällen von Schwermut gelitten hatte, nach und nach immer trübsinniger und schwermütiger. Sie nahm immer weniger Nahrung zu sich und verschloss sich immer mehr der Außenwelt. Zu Anfang Dezember 1834 versank sie schließlich so sehr in Depressionen, dass sie kein Wort mehr sprach und auch ihre engsten Angehörigen nicht mehr erkannte. Aufgrund der mangelnden Nahrungsaufnahme hatten bis dato auch ihre körperlichen Kräfte stark nachgelassen. Ihre alternden Eltern und die Geschwistern kümmerten sich um sie, so gut sie konnten, doch stand nach der Aussage von Dr. Lindemann eine Besserung ihres Zustandes nicht in Sicht, solange sie in Wagenfeld bleiben würde. Er plädierte daher für eine Überstellung der unglücklichen Hagelmann in die Irrenanstalt nach Hildesheim, wobei allerdings erst geklärt werden musste, ob die sicher nicht unbeträchtlichen Kosten von der Armenkasse getragen werden könnten. Ihre Familie, die in ärmlichen Verhältnissen lebte und auf das Verdienst des als Schneider arbeitenden Bruders Georg angewiesen war, konnte die Kosten jedenfalls nicht tragen. Da der Diepholzer Amtmann lange krank danieder lag, verging bis zu seiner Antwort auf Plathners Schreiben ein halbes Jahr. Erst am 25. Juni 1835 antwortete er ihm: „Da Euer Hochehrwürden Sich der armen Hagelmann bis jetzo als wahrer Lehrer der Religion hochsinnig angenommen, so haben wir dem Dienst eifrigen Amtsvoigt Diestelhorst das behufige rescribirt [schriftlich berichtet], und wird die sonst gern unterstützende Gemeinde alles thun, was in ihren Kräften stehet. Da auch der Armen-Rechnungsführer die erforderliche Weisung erhalten, so steht zu hoffen, daß die Armen-Casse bald im Stande seyn möge, der unglücklichen Familie Unterstützung zufließen zu lassen“. Es hat nicht den Anschein, als sei Wisken in den folgenden Monaten tatsächlich nach Hildesheim in die Kur gebracht worden.

Sie sollte in die Irrenanstalt Hildesheim…

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Sie scheint in Wagenfeld geblieben zu sein, wo sich der bereits erwähnte Dr. Varges ihrer annahm. Am 08. Juli 1836 nämlich wurde ein weiteres Schreiben aus Diepholz geschi ckt: „Der Königliche Amtsvoigt Diestelhorst hat uns, nach seinem bekannten Dienst-Eifer zwar einberichtet, daß es sich mit der unglücklichen Hagelmannen sehr gebessert, und daß sie nur zwischendurch unvernünftiges Zeug redete. Indessen dürfen wir uns dabey, nach den Grundsätzen der Polizey, Gemeinwohl zu befördern, gemeinsames Übel aber abzuwenden, nicht beruhigen, und würde unsere Verantwortlichkeit nicht geringe seyn, wenn die Unglückliche einmahl eine Folgen reiche That begönne. Wir haben daher auch, unter dem heutigen Dato, an ihren Arzt, den Herrn Dr. Varges geschrieben, und würde die obliegende beamtliche Pflicht nur halb erfüllt werden, wenn wir nicht auch den Seelen-Zustand zu erforschen suchten. Davon können wir aber nur durch Euer Hochehrwürden als ihren Seel-Sorger Kunde erhalten, und muß von uns daher gehorsamst um eine gewogentliche Antwort gebeten werden, ob der Seelen-Zustand der Unglücklichen von der Art, daß für das Publicum Gefahr zu befürchten“.

Fünf Tage später erwiderte Pastor Plathner dem Diepholzer Amt: „… daß der Seelenzustand der unglücklichen Hagelmann in Förlingen noch immer von der Art gewesen, daß von derselben für das Publicum Gefahr zu fürchten gewesen – und daß solches nicht umso weniger zu fürchten ist, da die Hagelmann auch an dem Blödsinn leidet und ganz still ist“.