Krelages Tulpen 2

ERNST KRELAGE (1786-1855)  und seine Tulpen.

EINE  BILDERBUCHGESCHICHTE.

 

von Jos Kaldenbach, Alkmaar in den Niederlanden

 

Die Lebensbeschreibung von Ernst Heinrich Krelage betrifft eine moderne und sehr erfolgreiche, weltberühmte Blumenzüchterfamilie, die es schaffte, nicht nur Spitzenqualität zu hohen Preisen an den Adel und die Patrizier zu liefern, sondern auch Blumenzwiebeln, Stauden und Pflanzen guter Qualität zu erschwinglichen Preisen en masse zu verkaufen. Die Mittelklasse nahm ja in ganz Westeuropa enorm zu im 19. Jahrhundert. Trotz der hohen Transport- und Aufenthaltskosten blieb nach  33 Jahren Aufenthalt vom September bis Dezember  in Frankfurt unterm Strich jedes Jahr genug Geld übrig. Anfangs aber, wenn Ernst Krelage wieder einige Gärten in Haarlem kaufen wollte, lieh er sich bei der Schwiegerfamilie  Fresenius Geld, was ihm nach biblischer Tradition ohne Zinsen von den Verwandten zur Verfügung gestellt werden sollte.

 

EINIGE BEISPIELE IHRER  DURCHLAUCHTEN KLIENTEL

 

Am 16.10.1895 zahlte der Kaiserlich- und Königliche Oberhofmeister Tieffenthal  f. 52, 10 Gulden wegen gelieferter Hyacinthen   u.v.a.  für den Angarten, die Hofburg und Schloss Schönbrunn in Wien, wie seine Kollegen schon Dutzende Jahre machten.

Aus Hamburg und Berlin kamen ehrenvolle Anfragen der Botanischen Gärten.

Am 9.7.1852 bestellte Johann Bosse, Groβherzoglicher Hofgärtner in Oldenburg, Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft in Leipzig und vieler Garten-botanischer und öconomischer Gesellschaften, auf Anraten seines Vetters, des Hofgärtners Frerich in Rastede,  Hunderte Treibhyacinthe, ‘wenn sie wenigstens preiswert sind’…

1826 bestellte Lustgärtner J.W. Bitter eine Masse Zwiebeln für den Karlsruher Adel.

1821 schrieb der Königliche, vormals Wallmodensche Gartenmeister und Hof-Garten-  Inspector Georg Christian Bayer aus Linden vor Hannover  betreffs der Hyacinthen, und verwies dabei auf seinen Besuch 1818 in Haarlem bei Ernst Heinrich Krelages Blumisterey. Mehrere Briefe enthalten eine Bitte, den Katalog mit den Verzeichnissen  der Stauden, Gehölz- und Ziersträucher zuzusenden. Andere wollen Informationen und einige Musterzwiebeln wegen wissenschaftlicher Arbeiten oder Vorträgen.

1820 bekam er einen Brief aus Cöln von L. Busch, Rektor im Elend, dass Betrüger aus Frankfurt versuchten Blumenzwiebeln in Krelages Namen zu verkaufen, ohne sie von ihm zu bestellen…

Dieses und vieles anderes  ist im ausführlichen Firmenarchiv und seiner “Lebensbeschreibung” im Noordhollands Archief in Haarlem unter der Signatur 1798 zu finden. Diese soll aber kritisch betrachtet werden, da sie eigens für seinen Sohn Jakob Heinrich bestimmt war, und er dabei manches ihm nicht Genehmes oder Schmeichelndes auslässt und anderes überbetont. So hat er die Hilfe des groβen lutherischen Kreises in Haarlem kaum genannt, und werden Lieferanten aus den zahllosen Auktionen, wo er in guten Jahren viele Blumenzwiebeln einkauft, überhaupt nicht erwähnt. Darunter muss auch die familie Schohaus gewesen sein.  250 Seiten aus diesem Archiv wurden von mir  abgeschrieben – obwohl der Sohn und der Enkel von einem “Monstrum von einer Handschrift“ sprachen- und bekommen Sie bald zu lesen.

 

DIE AUFBAUJAHRE

 

Der Gründer Ernst Heinrich war 1786 als jüngster von 7 Kindern im Kreylagehof zu Epe bei Bramsche im Osnabrücker Land geboren, und musste nach dem frühen Tode seines Vaters den Hof verlassen, da sein Halbbruder  Rudolph diesen übernehmen sollte, der dazu eilends aus Holland zurückkehren musste, wo er auch als “Hollandgänger” gearbeitet hatte.

 

Wie soviele Händler vor ihm – schon um 1600  wird ein Holländer Emmanuel Sweerts genannt, der zur Herbstmesse ging und dort 1612 in Frankfurt sein berühmtes Werk “Florilegum” veröffentlichte- versuchte Ernst, dort im Herbst seine Blumenzwiebeln zu verkaufen. Eine lange Reise folgte am 27.8.1811, er hatte sogar  Tabak mitgeschmuggelt, der entdeckt und beschlagnahmt wurde. Unterwegs überlieβ er mehrere Kisten mit Blumenzwiebeln einem Kommissionär, den er unterwegs getroffen hatte. Das  erste Jahr in Frankfurt sollte fast verhängnisvoll werden: er wurde schwerkrank, was im Hotel Amsterdam nicht einfach war. Der Arzt besuchte ihn mehrmals, und die Hilfe eines Bekannten seines Hoteliers, Herrn Fischer vom Haus mit den zwölf Himmelszeichen, gleich links vom Domturm,  kam sehr vonstatten. Er nahm ihn in seinem Haus auf, und er wurde verplegt von  einer Nachbarin, Dorothea Fresenius, aus der berühmten Frankfurter Patrizier-, Gelehrten-, Künstler-, Bankiersfamilie, Tochter des Pastors Ludwig Friedrich Wilhelm Fresenius, der ja Goethe noch getauft hatte! Da muss auf Dauer eine Liebschaft entstanden sein, denn nach einem Dutzend Besuchen in Frankfurt war nach 2 Jahren  “das Bürgerrechts- Gesuch vom 23.10.1813 bei der Heirath der hiesigen Bürgerstochter  Jacobea Dorothea Sophia Fresenius auf einen Detailhandel, besonders Samenhandel, und Krelages Gesuch  als Handelsmann und Blumenhändler vom 13.12.1813 eingereicht. Die Heirat war etwas später, die Franzosen brauchten mehr Zeit als in Friedenszeiten gebräuchlich war, aber nach der Proclamation vom 19.12.1813 fand die Copulation “mit Gott” am 6.1.1814 statt, wobei Ernst Nachname von Kraijlage in Krelage geändert wurde, und wurden  sie auch lutherisch vom (Schwieger)vater getraut. Dorothea zog mit ihm nach Haarlem, lebte dort nur noch sieben Jahre, als sie nach einem Nervenleiden 1821, nur 33 Jahre jung, in der Kleine Houtweg starb, wo die Hauptniederlassung war. Durch sein Bürgerrrecht war Ernsts bevorzugte Position in Frankfurt gesichert, mit Hilfe seines Korrespondenten Melitte/ Melletta verkaufte er das Jahr hindurch am Markt 44 im Steinernen Haus, und konnte er später auch niederländische Konkurrenten wie Kruijff  vom Frankfurter Markt drängen. Der gab nach 10 Jahren völlig auf. Seine Filiale, hielt er bis 1867 aufrecht, kurz nachdem Frankfurt preuβisch geworden war. Dann beantragte das Ehepaar auch ihre Entlassung aus dem  preuβischen Staatsverband, die auch genehmigt wurde.

Kurz nach Ernst zweiter Heirat am 26.1.1824 in Frankfur mit seiner Schwägerin Susanne Friederike Fresenius (‘Sannchen’ aus dem Tagebuch der Familie Finger), die erst nach langem Zögern zusagte,  wurde auch ein Kind geboren. Nachdem Susanne für die Entbindung nach Frankfurt zurückgereist war, wurde dort Jacob Heinrich am 1.11.1824 geboren, genannt nach Onkel Jacob Heinrich Fresenius.1839 Zieht auch Jacob Krelage nach Frankfurt um seine Studien zu  beenden. Auch er schreibt ein Tagebuch, aus dem sich zeigt, dass er lieber Jurist geworden wäre, aber der strenge Vater sieht in ihm den logischen Nachfolger. Er heiratet am 17.6.1850 eine entfernte Verwandte,  die Frankfurterin Christiane Henriette Plitt, Tochter der Maria Salome Fresenius.  Sie war eine ”liebenswürdige Erscheinung von hoher musikalischen Bildung aus der Mendelsohner Schule”, starb schon mit 27 nach langer Krankheit am 2.11.1857 in Haarlem. Im  Frankfurter Staats- und Adresshandelsbuch von 1852 kommen sowohl Jacob am Markt 44, und sein Vater, als Handelsmann in Haarlem, vor.  Dann ist die Gärtnerei Bloemhof  fast fertig, und schon berühmt.  Jacob wird u.a. 1874 Ehrenmitglied im Frankfurter Freien Deutschen Hochstift, schenkt dem im gleichen Gebäude am Groβen Hirschgraben 23 amtierenden Goethemuseum Dutzende eigene Publikationen und  Goethe-Ausgaben im Niederländischen. Daneben veröffentlicht Jakob hunderte Artikel, u.a. auch im Gartenbauverein Jena und Mainz, im Verein zur Beförderung des Gartenbaus in den königlichen preuβischen Staaten, in Antwerpen und Gent, Palermo, USA, usw. Korrespondierendes Mitglied wird er u.a. in Wien, Frankreich, London, Moskau, Sankt Petersburg und Stockholm.

Der Hortus Bloemhof wurde allmählich so berühmt, dass  auch Dutzende  ausländische Prinzen und Herzöge ihn besuchten, wie  Albert von Thurn und Taxis, Sophie von Sachsen Weimar, Philipp von Sachsen- Coburg,  Adolf Wilhelm von Nassau- Weilburg, Herzog von Nassau, der spätere Groβherzog von Luxemburg, der Erzherzog von Österreich, Pierre von Orléans, Amadeus von Savoyen, Anna Pawlowna und Wladimir von Russland,  der Kaiser von Brasilien, weitere  gekrönte Häupter aus Norwegen, Schweden, usw.

 

1867 Verheiratet er sich wieder mit der Albertina Dina Schneither, einer Holländerin mit deutschen Vorfahren, die ihm 1869 einen Sohn schenkt, Ernst Heinrich. Als Autor von Hunderten Artikeln kommt er auch in der Gartenzeitung, der Gärtnerzeitung, der Gartenflora und dem Handelsblatt für den deutschen Gartenbau vor.

Am 21. und 22. Mai 1885 besucht Jacob eine der vielen Blumenausstellungen nebst Kongress, wo er eine gerngesehener Gast und Jurymitglied war, diesmal in Paris. Auf der Rückreise schaute er sich die Tulpensammlung von Lenglart in Lille (Rijssel) an, die schon einige Zeit  zum Verkauf angeboten wurde, noch einmal an. Dann  wollte er sie kaufen, da es Lenglart – mit Hilfe seiner Vorgänger, Mönche, gelungen war, neue glänzende, hellfarbige Tulpen zu züchten, ganz anders als man es bisher gewohnt war. Es handelte sich um 1000 Varietäten, verteilt über 10.000 Tulpenzwiebeln, die er alle inklusive Kästen, Bücher, usw. erwarb. In geschlossenen Wagen wurden sie Anfang Juli 1885 nach Haarlem transportiert . Dies wurde von ihm auch ausführlich in der internationalen Fachpresse mitgeteilt. Daraus entwickelte Jacob die  nachher weltberühmten Darwin – und Rembrandttulpen. Für die Benutzung des Namens Darwin- er hatte Charles selber noch gekannt- bekam er die Genehmigung dessen Sohnes Francis.

 

Abb. 5: Jakob Heinrich Krelages auf seinem Sterbebett 1901 an dem Kleinen Houtweg, Zeichnung durch seinen Sohn Ernst. Die beliebten lelietjes-van- dalen/Lilien der Täler (Maiglöckchen) hält er in den Händen.

 

 

DIE DRITTE GENERATION: HÖHEPUNKT UND ENDE ALS RENTNERDie_Gartenwelt_(1902)_(20919565425)

 

Dieser Enkel Ernst  Heinrich Krelage (1869-1956) bekam die Chance zu studieren,  zuerst am Gymnasium und dann Botanik an der Uni Amsterdam bei Professor Hugo de Vries, einem entfernten Verwandten seiner Frau. Während sein Groβvater täglich  sehr lange arbeiten musste, um die Blumistereij aufzubauen, waren der Sohn und der Enkel eher zu anderen Tätigkeiten imstande:  Ernst reiste,  studierte, kreuzte viele Varietäten von Tulpen, Hyacinthen und anderen Gewächsen auf systematische, wissenschaftliche Weise, mit der Pinsel, wodurch   tausende neue Varietäten von allerhand Blumen entstanden. Er hatte durch sein Vermögen und die anderen Erzeugnisse keine Probleme 10 Jahre Geduld zu haben, bis eine neue Blume auf den Markt gebracht werden konnte, wie Narzissen, nach den Urenkelinnnen genannt. Ernst wurde damit in der internationalen Fachwelt geehrt, bekam viele Juryeinladungen, wie schon sein Groβvater 1835 in Frankfurt und wurde zum reichen Rentner, als die Stadt Haarlem ab 1900 bis 1915 jedes Jahr Teile seiner Bloemhof- Gärten zum Bau einer neuen Wohnsiedlung kaufte. Manche Straβennamen und Krelagehuizen zeugen noch immer von diesen Pionieren der Blumenzucht, die 1931 die Firma auflösten. Noch 76 von Krelages Original- Darwin und Rembrandttulpen sind noch jedes Frühjahr im Hortus Bulborum in Limmen nahe der Käsestadt Alkmaar zu bewundern. Dort werden jahrhundertealte Rassen, die nicht wirtschaftlich rentabel sind, sorgfältig weitergezüchtet, interessierten Züchtern geliefert und womöglich  auch privat verkauft. Die älteste der dortigen 4100 dortigen  Blumenzwiebeln ist eine Originaltulpe aus 1599

Foto: Wikimedia Commons

Jos.kaldenbach@tiscali.nl

 

 

 

 

Der Graf stand über dem Bauern

                                                   Des Grafen Eigenarten

Gtaf Scwegerhoff

                  Ein Lebensbild auf Gut Schwegerhoff im 19. Jahrhundert

 … es muss trotz allem wüst hergegangen sein. Oft brachte er eine ganze Schar von Kameraden mit, und die Jagden und Feste nahmen kein Ende.

Er selbst hat er für seinen persönlichen Gebrauch ein Rudel Hirsche im Stall stehen, die er vor seinen Wagen spannte, wenn es nach Osnabrück ging. Die halbe Stadt säumte dann die Straße und sah ihm zu, wie kunstgerecht er die Tiere lenkte, die er zu Hause reichlich fütterte, im Wildgehege frei umherlaufen ließ und sie so eine Reihe von Jahren erhielt.

Da ihn auf dem Lande die neugierigen Bauern in seinem Betrieb störten, hatte er eine Hainbuchenhecke um das Schloss ziehen lassen, die in meiner Jugend arg verwildert, zum Teil noch erhalten war. Eine Wache hielt jeden fest, der sich unbefugt durch das Einfahrtstor wagte. Zur weiteren Abschreckung hatte er noch zwei Kanonen davorgestellt, die natürlich nie geladen waren, ihren Eindruck aber gewiss nicht verfehlten. Manch einer hat seinen Übermut im Schlossturm büßen müssen.

Dabei war er durchaus kein Tyrann, sondern half bei jeder Gelegenheit mit vollen Händen. Die Bauern schüttelten freilich den Kopf.

Da er aber keinen quälte, wie das bei seinen Standesgenossen ja so Brauch und Sitte war, ließen sie ihn gewähren und verteidigten ihn trotz seiner Seltsamkeit bei jeder Gelegenheit. 

 Doch als er eines guten oder bösen Tages eine junge bildschöne Türkin von einem Besuch in Kassel heimbrachte, ging die trotz allem heimlich hier und da angestaute Erregung kräftig hoch…

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Abriss Heuerhaus Butmeyer

Hermann  Bembom aus Varenrode berichtet über ein Heuerhaus, das 2013 abgerissen wurde.

Heuerhaus Butmeyer

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Eines der ältesten Häuser in Varenrode mit einer eisernen Jahreszahl  von 1846 am Giebel angebracht, das Heuerhaus vom Landwirt Butmeyer, gegenüber vom Landwirt Strom, westlich der B 70 gelegen, wurde nun endgültig abgebrochen. Nachdem es jahrelang nicht mehr  bewohnt war, machte es doch einen sehr verfallenen Eindruck und war direkt an der B 70 gelegen kein schöner Anblick mehr.

Wie alt dieses Anwesen war, lässt sich nicht mehr genau ergründen.

Helmut Boyer schreibt in dem Varenroder Buch:

„Der Besitz wird zum ersten Mal Ende des 18. Jahrhunderts genannt. Als das alte Erbe Brinker, westlich vom Alten Gasthaus Varenrode gelegen, um 1840 in unüberwindliche finanzielle Schwierigkeiten geriet, wollte der damalige Colon Hermann Heinrich Brinker 1843 zuerst ein Nebenhaus verkaufen. Name und Nähe zu einem der alten Vollerben legen die Vermutung nahe, dass es sich dabei um die heutige Heuerstelle von Butmeyer handelte. Der Verkauf wurde damals behördlicherseits nicht genehmigt“.

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Nach anderen Unterlagen kaufte Butmeyer die „Reekersche Neubeuerei“ am 8.6.1844. Eine Versteigerung für 700 Taler soll am 12.5 1843 gewesen sein. (Reeker heute Storm)

An anderer Stelle steht „ Brinker, jetzt Butmeyer. Letztere kaufte die Neubauerei 1843 für1100 Gulden oder 1833 M 33 Pf.“

Wie aus der Varenrode Schulchronik zu entnehmen ist, wurde das Hauptkolonat Brinker dann 1947 gänzlich verkauft.

Brinker auch Brinkmann Vollerbe Gutsherren eigenhörig dem Stifte Borghorst dann dem Fürsten Salin Horstmaar. Das Erbe wurde von Herrn Heinrich Brinker geb. Niehoff, welcher dem Lehrer Borgmann in Altenlünne das Haus angezündet hatte und daher fliehen musste, nach geleistetem Freikauf, jedoch incls. der sonstigen Gefälle und Abgaben, an den Kolon Heinr. Egbrink in der Nacht auf den 17. Mai 1847 für 2250 Gld. oder 3750 M. verkauft“

Brinker ist dann in der Nacht noch mit Ehefrau und 9 Kindern nach Amerika ausgewandert.

Das Brinker die Lehrerwohnung von Borgmann anzündete, hat wohl mit dem heftigen Streit der Varenroder und Heiteler Bevölkerung zu tun, den es um die Altenlünner Feldschule gab. Alle Kinder aus Plantlünne, Altenlünne, Heitel und Varenrode mussten nämlich zu dieser sogenannten Feldschule. Das war besonders den Varenrodern ein Dorn im Auge.

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Die Bewohner des Butmeyerschen Heuerhauses mit der Nr. 34 lassen sich nicht mehr lückenlos nachvollziehen. Aus dem Varenroder Buch lässt sich entnehmen, das dem ersten Lehrer nach Wiederherstellung der der Varenroder Schule (1849), Lehrer Rauf, aus bestimmten Gründen Butmeyer das Anwesen nicht zur Verfügung stellen wollte. Wohl aber dessen Nachfolger Lehrer Weltring (1855)  Um 1860 wird Böcker (Böker) als Heuermann Butmeyers genannt.  Danach zog Brüning, aus Spelle stammend ein. Brüning war verheiratet mit Katharina Hesping aus Elte. Als im Winter 1906/07 das Haus von Kück abbrannte, wohnte  die Familie dann vorübergehend in dem Butmeyerschen Kötterhaus.

Zum 1.November 1907 zogen dann die Eheleute Johann Bernhard Hoffrogge und Maria Agnes geb. Heskamp in die Heuerstelle ein. Johann Heinrich Hoffrogge wurde am 07.01 1845 auf dem Hof Hoffrogge (heute Bembom) am Sande geboren.

Die letzten Bewohner dieser Heuerstelle war die Familie Josef Wilken verheiratet mit Josefa geb. Hoffrogge. Sie zogen dann zu Ihrer Tochter nach Bawinkel.

Mit dem Abriss des Gebäudes ist wieder ein Stück Varenroder Geschichte zu Ende geschrieben.

Im Giebel ist aus geschmiedetem Eisen die Jahreszahl 1846 zu erkennen. Vermutlich wurde der Giebel in dem Jahr mit Klinkern ausgemauert, da in hiesiger Gegend bei Häusern dieser Art die Giebel vorher mit Brettern verkleidet waren. Das Gebäude selbst dürfte daher älter sein.

Heute ist dort wieder Acker.

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Über Gesundheit in Schwartenpohl

Notizen über Gesundheit und Hygiene in der kleinen Bauernschaft Schwartenpohl zwischen Lingen und Nordhorn

Der Dorfschulmeister Albes hielt am 8. März 1935 (Bd. 1, S. 30) anlässlich einer amtsärztlichen Untersuchung der Kinder fest: „Wer als Städter das erstemal seine in bekleidetem Zustande immerhin gesund und kräftig scheinenden Kinder entblößt vor sich sieht, ist sicherlich sehr enttäuscht.

Man glaubt eine teilweise unterernährte Großstadtkindergruppe vor sich zu haben.

Und nach den mannigfachen Erfahrungen muß man zu dem Urteil kommen, daß unsere Kinder – was Ernährung anbetrifft– nicht zu ihrem Recht kommen. Daß Sauberkeit des Körpers und der Wäsche bei einzelnen als recht dürftig bezeichnet werden muß, schließt das Bild nur ab. An Punkto Körperhygiene, Gesunderhaltung, Krankenpflege zeigen einige Bauern eine fast strafbare Gleichgültigkeit. Man darf bei den Bauern ja nicht alles auf Konto Unwissenheit setzen“.

Im Oktober 1937 vertiefte sein Nachfolger Joseph Hölscher, der sich in seinen Niederschriften als strammer Gefolgsmann Hitlers zeigt, diese Eindrücke in einem eigenen Kurzkapitel, das er mit „Land und Leute“ überschrieb (Bd. I, S. 44-46): „Als Fremdem fallen einem die guten und schlechten Seiten des hiesigen Menschenschlages besonders scharf auf. Eine hervorragende Eigenschaft des Schwartenpohlers wie des Emsländers wohl überhaupt, besonders auf dem Dorfe, ist seine Hilfsbereitschaft. Alle Nachbarn, etwa 6 Familien, helfen sich gegenseitig bei allen möglichen Gelegenheiten, auch dem Lehrer.

Wie häufig brachte uns ein Bauer von Lingen oder Wietmarschen die ihm aufgetragenen Sachen für Haushalt oder Schule gern mit. Zugegeben, es gibt Unterschiede unter den Leuten. Selbstverständlich wollen die Leute auch Entgegenkommen sehen. – Eine Eigenschaft haben die Leute, die in der ganzen Gegend verbreitet zu sein scheint. Sie heben bei jeder Gelegenheit hervor, daß die Leute hier gut und hilfsbereit sind. –

Noch ein Wort führen sie stets im Munde. Die Leute hier sind fest überzeugt, daß sie „gut gesund“ sind, und daß hier „gesunde Luft“ ist. Man muß im Stillen lächeln über diese Naivität. Was in anderen Gegenden unseres Vaterlandes eine Selbstverständlichkeit ist, redet man sich hier sehr eifrig vor, aus unbewußter Angst, daß es wahrscheinlich doch anders ist. Tun wir einen Blick in die Wirklichkeit. Der Menschenschlag hier ist im Allgemeinen von mittelgroßer Gestalt, hager, doch nicht sehr knochig und kräftig. Hünen von Gestalt und Kraft sind hier eine wahre Seltenheit. Gründe dafür sind wahrscheinlich eine ungesunde und kärgliche Ernährungsweise.

Das selbstgebackene Brot ist läppisch im Geschmack, da mit Milch u. ohne Sauerteig zubereitet, ferner nicht durchgebacken und zu teigig! Ich kann mir denken, daß lebenslanger Genuß solchen Brotes zu Störungen der Magentätigkeit führt. Von guter und schmackhafter, abwechselungsreicher Zubereitung von Speisen mit einfachen Mitteln scheint hier kaum eine Bauersfrau etwas zu verstehen. Das konnte auch im Kochunterricht der Schulmädchen festgestellt werden. – Tatsache ist, daß es hier in der Gegend allerlei Krebskranke und Schwindsüchtige gibt. Auch unter meinen Schulkindern sind eine Menge schwächliche und unterernährte Kinder. – Freilich, es ist zu verstehen.

Der Boden ist kärglich. Der Bauer muß sich quälen. Da muß er auch mit dem Essen sparsam sein. Doch ist das Sparen am verkehrten Ende. Die Kräftigung des Nachwuchses ist das Wichtigste. Leider wird da zu sehr gespart. – Die Liebe der Eltern zu ihren Kindern ist oft übertrieben.

Die Eltern dürfen nicht die Hand auf die Kinder halten, wenn der Lehrer gerecht straft, und in Tränen des Mitleids ausbrechen.

Die Hygiene läßt sehr zu wünschen übrig. Die Kinder waschen sich z. Teil recht mangelhaft. Die Wäsche und Kleidung ist sehr häufig schmutzig.

Häufig sieht man chronischen Dreck. Zähneputzen kennt man nicht, außer einigen rühmlichen Ausnahmen. Badegelegenheit ist kaum vorhanden, wohl auch kaum ein Bedürfnis. Die Ordnungsliebe ist nicht sehr groß. Man sieht das in der Schule wie auf den Höfen, allerdings nur bei einem geringeren Prozentsatz. Bei Mädchen wurde Ungeziefer festgestellt.

All das wäre eine dankbare Aufgabe für Schule und Gesundheitspolizei. Doch wären nur drakonischste Maßnahmen angebracht“.

Dies ergänzte Hölscher 1937 an anderer Stelle durch folgende Notiz (Bd. 1, S. 71): „Am 3. Dezember war die 1. zahnärztliche Untersuchung durch Zahnarzt Dr. Hüer- Lingen. Der Gesundheitszustand der Zähne ist durchweg nicht der beste. Durch den Genuß allzu weichen und wenig durchgebackenen Brotes brauchen die Zähne zu wenig Kauarbeit zu leisten und daher wenig widerstandsfähig und werden schlecht.