Leo Metten (Bawinkel)

Die Familie Metten war in der Heuer bei Altmanns, die selbst keinen Bauernhof bewirtschafteten. Von daher hatten sie kaum Dienste zu leisten. Sowohl Leos Vater als später auch er selbst waren bei der örtlichen Schweineverwertung angestellt.

Franz Schulten

Neben zwei weiteren Heuerlingsfamilien waren auch die Schultens beim Bauern Linger in der Heuer.

Sie hatten vergleichsweise viel Pachtland und konnten sich sogar ein Pferd halten.

Heinz Overberg (Clusorth – Bramhar) 1

Seine Familie war beim Bauern Wübbels in der Heuer. H. Overberg kann nur Gutes berichten, sowohl über Umgang miteinander als auch von der Versorgung mit Ackerland: Sie hatten sogar gutes Eschland als Pachtfläche zur Verfügung. Das kam nur ganz selten vor.

Häuslingsausstellung am Dümmer

Bis zum 6. Mai präsentiert Museumsleiterin Sabine Hacke mit ihrem Team die Sonderausstellung „Häuslingswesen im heutigen Landkreis Diepholz vom 17. Jahrhundert bis in die 1960er-Jahre“ im Dümmer-Museum.

Franz Vehn (Klosterholte) zum Heuerhaus

Im Heuerhaus konnten wir drei Kühe und ein Rind halten. Auf der anderen Seite der Diele war ein Spitzdrescher aufgestellt, der angetrieben wurde von einer Göpeleinrichtung draußen, die von einem Pferd gezogen wurde.

Die Dreschmaschine wurde vom Dachboden mit Getreidebunden „gefüttert“. Danach wurde das ausgedroschene Korn in einer Schwingmühle gesäubert.

Auch die anderen Heuerleute hatten mittlerweile solch eine einfache Dreschmaschine. Wir besaßen auch ein Pferd, das war bei Heuerleuten selten.

Franz Vehn (Klosterholte) zur Heuerstelle

 

Zur Heuerstelle gehörten 5 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche.

Die Weideflächen waren so klein, dass der Bauer sie selbst nicht gebrauchen konnte.

Wenn der Landwirt rief, mussten wir zur Arbeit erscheinen.

Meine  Mutter brauchte nicht – wie das auf anderen Höfen üblich war – bei der großen Wäsche helfen, dafür aber in der Getreideernte.

Der  Bauer hatte damals schon eine Mähmaschine, wir als Heuerleute mussten noch mit der Sense sowohl das Gras als auch das Getreide mähen.

Zeitzeugen HV Bawinkel

Von Links: Franz Schulten (Plankorth), Otto Triphaus (Klosterholte), Leo Mettem (Bawinkel), Heinz Overberg (Clusorth) und Franz Vehn aus Klosterholte.

Zur Rolle vieler Heuerlingsfrauen – Studie einer Oberstufenschülerin

Erneut kam eine Anfrage einer Schülerin eines Gymnasiums aus dem ehemaligen westfälischen Heuerlingsgebiet zur damaligen Lage vieler Heuerlingsfrauen:

  • Warum ist die Rolle „der“ Heuerlingsfrau sowohl in der heimatgeschichtlichen als auch  wissenschaftlichen Literatur so wenig beschrieben? (Frage Schülerin)

Das Leben und der Alltag von Heuerlingsfrauen sind tatsächlich kaum dokumentiert, weil Frauen insgesamt eher selten in sozial- oder wirtschaftshistorischen Beschreibungen vorkommen. So liegen hier nur verhältnismäßig wenige Quellen vor, obwohl es sich bei den Landlosen bis etwa 1890 um die Mehrheitsbevölkerung handelte. Vielmehr waren es  Männer (fast ausschließlich besitzende Bauern) oder allenfalls  auch  ihre Familien, über deren Lage in der damaligen Agrarwelt berichtetet wurde. (Antwort Robben)

Der Klett Verlag hat ab 2020 die Titelbilder unseres Buches Wenn der Bauer pfeift, dann müssen die Heuerleute kommen! in den Oberstufenband Geschichte übernommen. Dazu wird noch berichtet werden. (Stand Dezember 2020)

Das trifft aber auf die besitzlose Landbevölkerung in ganz Deutschland zu.

  • Welche soziale Stellung hatte die Heuerlingsfrau in ihrem direkten sozialen Umfeld, aber auch in der Dorfgesellschaft?

Sie erlebte schon in ihrer Jugend die deutlich untergeordnete Rolle in der sozialen Schichtung.

So heirateten die allermeisten Heuerlingstöchter einen ebenfalls besitzlosen Bauernknecht, mit dem sie dann eine Heuerstelle antraten, um eine Familie gründen zu können.

Damit standen sie in der dörflichen Gesellschaftsstruktur ganz unten.

Die ständige Abrufbereitschaft, auf dem Hof des Bauern Dienst zu tun müssen, unterstrich ihre niedere soziale Stellung in besonderer Weise.

Nur aus dieser häufig tief verzweifelten Situation ist es auch zu verstehen, dass sich Heuerleute entschlossen, die Heuerstelle zu verlassen und ins „teuflische“ Moor zu ziehen, um dort ein „freies“ Leben führen zu können.

  •  Das Leben der Heuerlingsfrau gestaltete sich den Quellen zur Folge als sehr entbehrungsreich, besonders hart müssen dann die Wochen/ Monate gewesen sein in denen der Mann z.B. als Hollandgänger weg war. Welchen Herausforderungen standen der Frau gegenüber?
  • Das Leben der Heuerlingsfrau war entbehrungs- und äußerst arbeitsreich.

So hatte sie ihren Haushalt zu führen mit einer in aller Regel größeren Kinderschar, sie hatte das Vieh zumindest in Anteilen zu versorgen, der Gemüsegarten zur Eigenversorgung musste in den Sommermonaten in Ordnung gehalten werden und die anfallenden Arbeiten auf dem Bauernhof sowohl in der Ernte als dann auch beim Wäsche waschen waren zu erledigen.

Dabei war sie in ihrer besten Lebenszeit über Jahre mit Ausnahme der Stillzeit schwanger.

Dazu kamen die Gefahr des Kindbettfiebers und andere Komplikationen rund um die Geburt.

Während der Zeit des Hollandganges ihres Mannes musste sie den gesamten Heuerbetrieb versorgen.

Dazu gehörten in dieser Zeit insbesondere die Arbeiten auf dem Kartoffelacker, der möglichst unkrautfrei gehalten werden musste, damit die Ernte dadurch nicht gefährdet wurde.

  • War die Kompetenz und Stellung der Frau nach der Abwesenheit des Mannes gleich?

Dazu geben uns die vorhandenen Quellen kaum direkte Aussagen. Es hat sicherlich zu allen Zeiten auch starke Frauen gegeben, die sich in der Ehegemeinschaft Anerkennung und Respekt erworben haben.

Als zunehmend der billigere Schnaps aus den Kartoffeln gewonnen werden konnte, sind auch Heuerleute alkoholabhängig geworden.

Durch diesen Umstand hat es dann arg zerrüttete Familien gegeben. Aus dieser Misere heraus wurden etliche „Mäßigungvereine“ gegründet.

  • Wie stand es um die rechtliche Absicherung der Heuerlingsfrau im Todesfalle des Mannes? Behielt sie die Heuerlingstelle?

In aller Regel wurde ihr dann die Heuerstelle gekündigt. Der besitzende Bauer war ja dringend auf männliche Arbeitskräfte insbesondere während der Erntezeit angewiesen.

Aber in der Nachkriegszeit (ab 1945) ist es auch vorgekommen  –  zwei Beispiele sind dazu im Bereich Mettingen belegt -, dass die Frauen die Heuerstelle behalten durften.

Zusammenfassend muss ich allerdings sagen – und das ist bisher so von den Fachwissenschaftlern kaum formuliert worden:

Die angehenden Heuerlingsfrauen hatten fast durchweg die Chance, nach dem damals herrschenden Armenrecht eine Heiratserlaubnis zu bekommen und damit eine Familie gründen zu können.

Die Heuerstelle bot dazu die notwendige wirtschaftliche Grundlage.

In anderen Teilen Deutschlands war das aus unterschiedlichen Gründen nicht unbedingt gegeben.

So sind aus Ostdeutschland und insbesondere auch aus Bayern Zahlen belegt, dass bis zu einem Viertel der jüngeren Bevölkerung aus Armutsgründen diese Heiratserlaubnis nicht erhielt, aber dennoch kamen aus den Liebesverhältnissen Kinder zur Welt.

Darüber geben insbesondere Taufregister deutliche Auskunft.

Hier haben Historiker und Volkskundler noch einiges aufzuarbeiten. Das Thema ist allerdings – und das habe ich persönlich immer wieder erfahren müssen –  mit einer deutlichen Schweigementalität in der ländlichen Bevölkerung insgesamt auch heute noch belegt.

Auch im Geschichtsunterricht vieler Gymnasien kommen diese elementaren historischen Fakten kaum vor. Das wurde mir bei meinen 130 Vorträgen in Nordwestdeutschland von Schulhistorikern/innen  durchweg bestätigt. Allerdings wurde im Fachstudium auch nahezu ausschließlich die „besitzlose Industriebevölkerung“ ab Mitte des 19. Jahrhunderts behandelt.

 

 Bernd Robben

  1. März 2018