Die Hochmoorkolonie Hebelermeer wurde 1788 verlost und angelegt, als Datum wird der 15. Juli angegeben. Der Boden gehörte damals zur Gemeinde Wesuwe. Mit dem Wasser des vom Hebeler Meer kommenden Mersbaches betrieb ein Wassermüller namens „Hebel zum Hebel“ eine Wassermühle. Später übertrug man den Namen auf die Umwohner dieses Moormeeres. Die ersten 12 Siedler wohnten am Ostflügel des Ortes. Später wurde auch der Rand des Meeres bebaut. Die verhältnismäßig große Wasserfläche hat wohl die ersten Einwohner angezogen. Das Meer bot ihnen, wie aus mündlicher Überlieferung bekannt ist, im Frühjahr den reichen Eiersegen des Wildgeflügels und im Winter die Jagd auf durchziehende Wasservögel, auf wilde Enten und Gänse. Da Schußwaffen damals noch weniger gebräuchlich waren, fing man die Tiere hauptsächlich mittels Stock- und Rufenten in sogenannten „Glupen“ (Fallen), wie sie bis jetzt noch an einigen Stellen an der Ems gebräuchlich sind.
Allerdings hat sich das Meer in besonders regenreichen Jahren einen Abfluß in östlicher Richtung zur Ems verschafft, durch den „Mersbach“, der heute noch als Haupt-vorfluter dient.
Dieselben Voraussetzungen bezüglich der Höhe des Mineralbodens und der Moorkolkbildune sind besonders im benachbarten Holland, in Zwartemeer, sichtbar, wo der Boden bereits abgetorft ist. Das eigentliche „Zwarte-meer“ ist dort wirklich eine hervortretende Hochfläche. Ähnliches wurde mir auch durch einen ehemaligen Torfmeister vom „Meerkolk“ des Heseper Torfwerkes berichtet.
von Bernhard Ottens, ehemals Lehrer in Hebelermoor
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Die Überschriften wurden von Bernd Robben eingefügt.
Die besondere Lage im Bourtanger Moor
Als Mittelpunkt des Bourtanger Moores darf man wohl das Hochmoordorf Hebelermeer bezeichnen. Will man seine Entstehung aufzeigen, so muß man auf die eiszeitliche Bodenstruktur — bevor das Moor wuchs — zurückgehen.
Die gediegene Entstehung des Moores im Raum Hebeler“meer“
Der große Moorkolk, mit etwa 4 km Umfang, das eigentliche Hebeler Meer, war nach der letzten Eiszeit eine etwa 1 m hohe, mit starkem Baumwuchs bestandene Sandanhöhe. Ringsumher war fast waagerechter Sandboden, der in der Oberfläche sehr eisenhaltig wj.ir und zur Ortsteinbildung neigte. Abflüsse haben scheinbar nicht bestanden, und so war es möglich, daß in den kleinen fußtiefen Senkungen dieses schwach mit Holz bewachsenen Bodens sich ein starker Moos- und Riedgrasbewuchs bildete. Der erste Ansatz für die Moorbildung, wie man sie heute noch des öfteren in feuchten Wäldern antrifft, war gegeben. Diese Bewachsung wurde in den kleinen Vertiefungen bald größer und höher und erstickte nach und nach den gesamten Waldbestand. Das Moor stand im Wachstum. Dle höherliegende Sandfläche des späteren Hebeler Meeres wurde noch nicht davon berührt.
Vielleicht nach Jahrtausenden kletterte der Moorwuchs der Umgebung höher, und der Waldbestand auf der Sandanhöhe wurde unter Wasser gesetzt. Das im besten Wachstum befindliche Moor der Umgebung überhöhte diese Hochfläche, das Wasser erstickte den Baumwuchs das Moormeer war entstanden. Die Verlandung von den Seiten her und durch schwimmende Wasserpflanzen ging langsamer vor sich als der Wuchs des Moores der Umgebung. Man kann dazu annehmen, daß das Moor an dem Meerrand besonders schnell wuchs, weil Moos-, Ried-und Heidepflanzen auch in besonders trockenen Jahren dort mehr Wasser hatten als in der weiteren Umgebung. Die natürlichen Voraussetzungen sorgten somit für eine Umwallung des Moormeeres.
zur Verfügung gestellt durch Alfons Krüssel vom Heimatverein Hebelermeer
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Im Jahr 1866 besiegte Preußen bei Langensalza das Königreich Hannover. Von nun an war Hannover eine Provinz Preußens. Jetzt mußten alle jungen Männer eine dreijährige Dienstzeit in der Preußenarmee Bismarcks ableisten. So etwas war den Hannoveranern fremd und gefiel ihnen gar nicht. Junge Rekruten, insbesondere aus den Emsdörfern, nahmen ihr Erbteil in Bargeld mit und flohen nach Holland. Viele junge Männer aus dem Emsland hatten bis dahin schon in Holland als Hollandgänger gearbeitet und kannten sich somit dort gut aus. Eine geeignete erste Bleibe fanden etliche dieser Flüchtlinge auf dem Traktatland der Hebelermeerer. Auf holländischem Boden direkt jenseits der Grenze hatten die Hebelermeerer Bauern aus der „sogenannten Hannoverschen Abfindung“ einen etwa 700 m breiten, etwa 3 km langen Streifen Boden zugeteilt bekommen. Jeder unserer Bauern besaß dort eine oft mehrere Hektar große Fläche. Als Zu-wegung benutzte man je nach „Lage der Dinge“ den 12 – 15 m breiten holländischen oder deutschen Grenzstreifen. Beide waren gleichzeitig öffentliche Verkehrswege und dienten auch als Zuwegung für das Traktatland. Hier im Ort nannte man diesen Wegestreifen „Limite“.
Die Flüchtlinge bauten mit Einverständnis und unter Mithilfe des Hebelermeerer Grundbesitzers in wenigen Tagen – nur 20 bis 30 m von der Grenze entfernt – eine richtige Moorkate. Hierbei halfen die künftigen holländischen Nachbarn mit. Nachdem nun einige Möbelstücke und etwas Hausrat beschafft worden war, wurde schnell noch in einer hiesigen Dorfkirche an der Grenze heimlich geheiratet. Und nun ging es bei Nacht und Nebel über die „Grüne Grenze“. Das junge Paar stellte bald den Antrag, holl. Bürger zu werden. Noch bis 1933 gingen viele frühere Flüchtlinge aus Compascuum in Hebelermeer zur Kirche, weil ältere Leute hier einen Gottesdienst in ihrer Muttersprache mitfeiern konnten. Die Entfernung von der Katensiedlung der Flüchtlinge von Compascuum bis zu unserer Kirche betrug nur gut 1 km.
Herr Schulleiter Kuis aus Barger-Compascuum schreibt in den ersten Zeilen seines Dorfbuches, daß bis 80 % der Einwohner „Hannoversche Flüchtlinge“ aus dieser Zeit sind. Auf dem Friedhof dort findet man fast nur emsländische Familiennamen. Im Museumsdorf von Barger-Compascuum kann man sich überzeugen, wie bescheiden die ersten Einwohner – unsere „Hannoverschen Flüchtlinge“ – dort gelebt haben.
Den Abschluß der Wehrdienstverweigerung macht KI. Herm von hier. Sein Elternhaus stand nur einige 100 m von der holl. Grenze. Sein Vater kaufte zu dem Traktatland in Holland soviel Boden hinzu, daß es ein voller Hof war. Herm baute mit Hilfe seines Vaters ein Haus auf dem abgetorften Boden an dem 1. Kanal. Dann heiratete er sein deutsches Mädchen, die er wegen der rotblonden Haare „Fößken“ nannte. Nun hatte Herm einige Jahre vor Beginn des ersten Weltkrieges seine mehrjährige Wehrdienstpflicht in der deutschen Armee abgeleistet. Am ersten Mobilmachungstag, Ende Juli 1914, bekam Herm nach Holland den Einberufungsbefehl, sich sofort in Lingen zu stellen. Herm tat das auch. Er machte als Infanterist die furchtbaren Schlachten bei Ypern und Langemarck mit und bekam zu Weihnachten 1914 Heimaturlaub. Zunächst kehrte er bei seinen Eltern in Hebelermeer ein. Zu seiner jungen Familie nach Holland, die auf Sichtweite wohnte, konnte er nicht, weil die Grenze jetzt im Kriege militärisch von Landsturmleuten besetzt war. Nun war guter Rat teuer. Aber Herm wußte Rat: Um Mitternacht legte er seine Uniform sowie Stiefel und Kopfbedeckung ab, zog den Anzug seines Bruders an, steckte die Uniformsachen nebst Stiefel, Mütze, Koppel und Seitengewehr in einen Sack, verabschiedete sich, schlug den Sack auf die Schulter und sagte: „Mien Fößken ist mi mehr wert as ganz Duitsland.“ Nun ging er bei stockdunkler, stürmischer Winternacht im wilden aber ihm bekannten Moor auf Schleichwegen über die „grüne Grenze“. Den Sack stellte er im Grenzgraben ab. Es soll sich darin neben seinen Militärpapieren noch ein Zettel befunden haben mit dem oben bez. Ausspruch. Herm kehrte nach Weihnachten natürlich nicht zur Fronttruppe zurück. Fast nach genau vier Jahren, als auch Herms früherer oberster „Befehlshaber“ türmte und sich in Holland als einfacher Bürger niederließ, kam er als holt. Bürger wieder zu Besuch nach Hebelermeer.
Unsere Hollandgänger waren von Haus aus wirklich nicht verwöhnt. Wenn sie trotzdem ihrem Arbeitgeber, ihrem „Baas“, verschiedentlich die ganz unerhörten Verhältnisse schildern, dann dürfen wir es ihnen wohl glauben. Aber beide, der „Baas“ und auch der Hollandgänger trösteten sich damit, dass sich die Arbeit ja nur über einen kurzen Zeitraum erstreckte.
Die Verbindung mit der Heimat vermittelte ein so genannter „Hollandbote“, ein Postbote, der zwar nicht von der Reichspost, sondern von den Hollandgängern selbst angestellt war. War nichts Besonderes los, so übermittelte man ihm mündliche Grüße, die er sich notierte und überbrachte. Später schrieb man sich dann auch regelmäßig Briefe. Endlich war der letzte Arbeitstag gekommen. Da war aller Kummer vergessen.
Nach der Lohnauszahlung ging es mit voller Geldkatze auf demselben Wege heimwärts. Die Angehörigen bereiteten zu Hause alles zu einem festlichen Empfang vor. Die jungen Burschen ritten ihnen, soweit ein Pferd zu erreichen war, entgegen. Jeder wollte die Heimkehrer zuerst sehen. Endlich kam der Zug ins Dorf, von allen Einwohnern, vor allem von den Angehörigen, herzlich begrüßt. Das war dann ein Festtag ersten Ranges, und Dorfkröger hatte keine „Kröge“ genug, um die durstigen Seelen zu befriedigen. Dann zogen auch die Frauen mit in den „Kroog“.
Viel, viel wurde erzählt, und weil der Daheim gebliebene immer noch mehr wissen wollte, sprach man bald ein Hollangängerlatein, bis auch der Einfältigste merkte, dass die Döntjes „Lögenhaft to vertellen“ waren.“
In Holland selbst genossen unsere Hollandgänger nicht das Ansehen, das man ihnen wegen ihres grenzenlosen Fleißes und ihrer Redlichkeit, die selbst oft von Holländern gerühmt wurde, hätte entgegen bringen müssen.
Die Arbeit war unendlich schwer. Sie begann mit Sonnenaufgang und endete mit Sonnenuntergang. Der Hollandgänger wusste am Abend, wo er tagsüber gewesen war. Es wurde im Takt gemäht, dadurch wurden schwächliche Mäher von selbst unmöglich. Es wurde so lange gemäht, „bis Gras vor keinem hochkam“, das heißt, bis einem die Sinne täuschten.
Die Behandlung und Unterkunftsmöglichkeiten, die unseren fleißigen Wanderarbeitern zu Teil wurden, standen in keinem Verhältnis zu ihrer schweren Arbeit. Der größte Teil übernachtete auf einem Heu, oder Strohlager, das man auf dem Heuboden der Scheune errichtet hatte. Zum Zudecken diente oft eine einzige große Decke (in der Art der Pferdedecken). Und wenn die Zahl der Schlaf suchenden sich vermehrte, so musste man sich buchstäblich nach der Decke strecken. In kühlen Nächten legte man noch Kartoffelsäcke über die „Gemeinschaftsdecke“. Völlig unzureichend und allen hygienischen Gesetzen hohnsprechend waren die Unterkunftsräume unserer Torfgräber, die in nassen Torfhütten, den schlimmsten Krankheitsherden, auf feuchtem Strohlager ruhten. In der Mitte schwelte ein Kienholz Feuer. Doch ist hier im Laufe der Jahre insofern eine Besserung eingetreten, als die Torfgräber schon am Ende des vorigen Jahrhunderts in festen „Buden“ wohnten.
Wie schon angedeutet wurde, hatten die Hollandgänger ganz bestimmte Reisewege, die auch schon die Großeltern Generation gegangen war.
Die Wanderarbeiter aus Osnabrück, aus dem Emsland, aus dem Kreise Hoya und Diepholz zogen zu Fuß über die Grenze.
Diejenigen aus dem alten Kreis Syke und den anderen benachbarten Hannoverschen Bezirken gingen über Vechta, Lohne, Dinklage durch das Oldenburger Münsterland nach Lingen. Von Lingen aus ging es dann durch das Bourtanger Moor zur Grenze, die man bei Coevoerden überschritt. Weiter ging es dann mit dem Wagen, zu Fuß oder mit dem Schiff an die Arbeitsplätze.
Die Hollandgänger von Delmenhorst, die Wardenburger Stukkateure, und andere mehr, gingen über Oldenburg, Leer, Groningen nach Friesland.