Hans Griehl – 2x vertriebener Siedler aus dem Osten mit emsländischen Wurzel
Weiterer Bericht folgt
Franz – Josef Böckermann berichtet im Jahre 2016 über ein besonderes Familienschicksal:
Nachfolgendes Videointerview entstand 2016 im Hause von Franz-Josef Böckermann in Versen bei Meppen.
Im April des nachfolgenden Jahres verstarb Herr Böckermann.
Die Familiengeschichte der ursprünglichen Heuerlingsfamilie ist sehr komplex:
Stationen der Familie ab 1917
Franz Friedrich Böckermann, geb. 1865 in Kemphausen, Kreis Vechta, war Sohn des Kötters Johann Heinrich [Taufregister: Joan Henrich] Böckermann, geb. 1815 in Kemphausen. Wahrscheinlich war Johann Heinrich Markkötter, wie es Bernhard Böckermann in seinem Artikel „Zur Entstehung des Hofes und des Namens Böckermann in Kemphausen“ beschreibt (s. Chronik). Das heißt, er war ein Neusiedler, der in der „gemeinen Mark“ oder „Allmende“ am Rande des bisherigen Ackerbaus einen Hof besaß. Diese gemeine Mark hatte ursprünglich einmal allen alteingesessenen Bauern des Ortes Kemphausen gemeinschaftlich, aber nicht zu gleichen Teilen gehört.
Das Erbrecht der Bauern, das sich teils gewohnheitsmäßig, teils gesetzlich gebildet hatte, sah vor, dass die Bauernstelle beim Abgang des bisherigen Wirtschafters geschlossen an eines der Kinder, den Anerben oder Grunderben, ging. In Südoldenburg war das der älteste Sohn, wie es bis in die heutige. Zeit üblich ist. Dieses Erbrecht hatte wesentlichen Anteil an der Entstehung der Heuerleute, die bis in die 1960er Jahre existierten.
Den Hof des Johann Heinrich Böckermann erbte sein ältester Sohn Heinrich, geb. 1852, aus der ersten Ehe mit Anna-Maria, geb. Middelkamp. Heinrichs Bruder Bernard Anton, geb. 1854, wanderte in die USA aus. Wahrscheinlich wollte er bei seinem Bruder nicht als Knecht oder auch als Heuermann arbeiten und suchte in den USA sein Glück. Viele Briefe von Auswanderern dieser Zeit belegen, dass es in Amerika relativ leicht möglich war, selbstbestimmt eine Familie gut ernähren zu können. Franz Friedrich war das dritte Kind und der älteste Sohn aus der zweiten Ehe Johann Heinrich Böckermanns mit Marie-Engel, geb. Glandorf. Auch für ihn gab es in der damaligen Zeit kaum eine andere Möglichkeit, als bei seinem Halbbruder als Knecht zu arbeiten — oder als Heuermann, wenn sein Bruder bereit war, ihm einige Morgen Land zur eigenen Bewirtschaftung als Heuer zu überlassen. Franz Friedrich entschied sich offensichtlich für eine andere Möglichkeit: er wurde Knecht oder Zeitarbeiter in Dümmerlohausen beim Bauern Ropke aus Oldorf. Später übernahm er die Heuermannstelle des Christopher Franz Osterhues in Dümmerlohausen. Am 16. Mai 1900 hatte er dessen Tochter Theresia Bernadine geheiratet. Der einzige Sohn des Christopher Franz — in der Geburtsurkunde seiner Tochter Theresia wird sein Name mit Christoph Franz angegeben -, Johann Bernard Osterhues, konnte die Heuer-mannsstelle wegen einer (uns unbekannten) Behinderung nicht übernehmen.
Wenn Franz Friedrich Böckermann wahrscheinlich auch nur schweren Herzens Dümmerlohausen verließ, um sich einige hundert Kilometer weiter östlich in Westpreußen eine neue Existenz aufzubauen, so liegen einige wenige gravierende Vorteile doch klar auf der Hand. In Dümmerlohausen hatte die die Familie fast kein Eigentum. Wohnung und die wenigen Hektar Land gehörten ihr nicht, sondern nur einige Möbel, Kleidung und landwirtschaftliche Gerätschaften. Hier in Südoldenburg bestimmte weitgehend der Verpächter, wann der Heuermann Franz Friedrich wo etwas machen konnte. Zu einem großen Teil bestand die Arbeit darin, für den Verpächter Dr. Böcker zu arbeiten.
In Westpreußen besaß die Familie nicht nur vermutlich etwa 15 bis 16 Hektar— so groß oder noch etwas größer waren die Neusiedlungen in den ostpreußischen Provinzen -, es war auch ihr Eigentum, auf dem sie arbeiten und leben konnte, „wie sie wollte“. Niemand machte ihr wirklich Vorschriften. Natürlich war es wesentlich leichter möglich, die große Familie zu ernähren.
Auch die Sorge um das Wohl der Kinder war sicherlich nicht mehr so groß wie früher. In Dümmerlohausen hatten zwar schon der älteste Sohn Franz eine landwirtschaftliche Lehre begonnen. Was auf ihn zukommen würde, war aber leicht vorhersehbar. Der älteste Sohn hätte unter normalen Umständen den Heuermannshof mit all seinen Nachteilen „geerbt“, die anderen Söhne hätten sich wahrscheinlich als Tagelöhner oder Knecht verdingen müssen. Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, irgendwo als Heuermann einzuheiraten, wie es schon der Vater getan hatte. Oder aber, die Söhne wären bei etwas Glück und Können Handwerker geworden. Bei der Tüchtigkeit der Böckermänner wäre das sicherlich möglich und ein guter „Aufstieg“ und möglicherweise ein Ausstieg aus der Armut gewesen. Über das Schicksal der Mädchen bei einem Verbleib in Dümmerlohausen lassen sich guten Gewissens kaum genaue Angaben machen. Auf keinen Fall hätten sie einen „freien“ Bauern, einen Colon oder Kötter, sehr wahrscheinlich auch keinen Handwerker heiraten können.
Ich glaube nicht, dass es richtig ist, mit dem heutigen Wissen um den Ausgang der zwei Weltkriege und zweier Vertreibungen den Entschluss Franz Friedrichs negativ zu bewerten.
Bekanntlich haben Franz Friedrich und seine Familie ihren Hof in weniger als drei Jahrzehnten dreimal verlassen – oder verlassen müssen.
Das waren gewiss schwere Entscheidungen oder Schicksalsschläge, mit denen die Kinder aber doch ganz gut fertig geworden sind. Am meisten musste sicherlich Franz Friedrich selber leiden: er fasste den wohl nicht ganz leichten Entschluss, seine Heimat in Südoldenburg zu verlassen, er verlor seine Ehefrau schon im Jahr 1920, er musste Damerau in Westpreußen und auch das Damerau in Pommern verlassen und starb auf der Flucht im Frühjahr 1945, ohne seine (ehemalige) Heimat wiederzusehen!
Franz-Josef Böckermann (2010)
Foto: Archiv Bernd Robben
wird in Kürze komplettiert:
Früher Heuerleute in Gersten bei Lingen – dann Siedler in Giesenbrügge im Osten – anschließend Vertreibung durch die Russen – Siedlung in Niederlangen
Emsländische Siedler im ehemaligen deutschen Osten (Giesenbrügge)
Ostbesiedlung
Aus mehreren Gegenden des Heuerlingsgebietes wurden Familien angeworben vom preußischen Staat, im Osten des Reiches – auch als eine Art Grenzschutz zu Polen – zu siedeln. Sie bekamen dort bis zu 40 ha landwirtschaftliche Nutzfläche gegen eine erträgliche Ablösesumme. Allerdings mussten diese Siedlerfamilien am Ende des Zweiten Weltkrieges vor der russischen Übermacht wieder nach Westen fliehen.
Zwei Familien, die anschließend in den emsländischen Moorgebieten eine endgültige Heimat fanden, sollen im nachfolgenden vorgestellt werden.
FLUCHT DER HEUERLEUTE
Die Rückkehr von Emsländern aus Polen in die Heimat
Lingen. Schon im letzten Jahrhundert kämpften Heuerleute im Lingener Land um ihre wirtschaftliche Existenz. Die Lösung: Siedeln. Das Museum des Heimatvereins Langen erzählt anhand vieler Details in einer Dauerausstellung die Geschichte der Rückwanderer im Heuerlingswesen von Polen zurück in ihre emsländische Heimat.
Als sich im Emsland noch viele Moore erstreckten und der Beruf des Landwirts und der Heuerleute am weitesten verbreitet war, hatten viele von ihnen mit sozialen und arbeitsrechtlichen Missständen zu kämpfen. War es zumeist der älteste Sohn, der als Erbe eines Hofes auserkoren wurde, hatten die nachfolgenden Geschwister Mühe, ihren Stand auf den bäuerlichen Anwesen klarzustellen.
Unter anderem diese Gründe und die krisenhafte wirtschaftliche Entwicklung der deutschen Landwirtschaft Mitte der 1920er Jahre führten dazu, dass einige Emsländer sich entschlossen, als Heuerleute in anderen Landen Fuß zu fassen, um den vorherrschenden ärmlichen Verhältnissen zu entfliehen.
Aufbruch in ein neues Land
Auf die Frage wohin die Heuerleute siedeln sollten, kam 1925 die Antwort durch den Vorsitzenden des Reichsverbandes Landwirtschaftlicher Klein- und Mittelbetriebe in Berlin und späteren Bundespräsidenten, Heinrich Lübke: Er kaufte im damals noch pommerschen und heute polnischen Giesenbrügge im Kreis Soldin das Gut der Familie Treskow, woraufhin sich drei Jahre später 35 emsländische Familien entschieden, dorthin zu ziehen. Bessere Böden zum Beackern und bessere Lebensbedingungen erwarteten die Siedler dort und bald hatten sie sich, 600 Kilometer entfernt von ihrer eigentlichen Heimat eingelebt. Sie schafften es sogar, ihren katholischen Glauben in der sehr stark protestantisch geprägten Region zu leben und sich eine eigene Glaubensgemeinde aufzubauen.
Flucht in die ehemalige Heimat
Doch so schön sich das Leben für die Siedler in ihrer neuen Heimat auch gestaltete – mit Einzug der Roten Armee Anfang 1945 blieben die beschaulichen Dörfer in Soldin nicht verschont: Männer und Jugendliche wurden verschleppt, unzählige Menschen wurden erschossen. Als Vertriebene zog es die Siedler nun auf weiten Wegen, meist zu Fuß, zurück in die Heimat. Mangelerscheinungen waren dabei der bittere Alltag, so das viele die Flucht nicht überlebten.
So erging es auch der Familie Thien aus Langen. Nach einer strapaziösen Flucht führte sie ihr Weg zuerst in Langens benachbartes Dorf Gersten, bevor sie in Niederlangen-Siedlung ihr neues Zuhause fanden. 1948 kehrte ihr ältester Sohn Bernhard aus russischer Gefangenschaft zurück. Heute wird der landwirtschaftliche Betrieb Thien von Paul und Claudia Thien im Sinne ihrer Eltern und Großeltern geführt.
Reise in die Vergangenheit
Intensiv mit dem Heuerlingswesen und der Geschichte der Rückwanderer beschäftigte sich der Heimatverein Langen, insbesondere Ludwig Giese. Ende Juni organisierte der 65-Jährige eine mehrtägige Fahrt nach Stettin, wobei auch Orte wie Giesenbrügge auf dem Plan standen. Dort konnten sich die emsländischen Teilnehmer bei dem Anblick alter Gebäude und auch des ehemaligen Grundstückes der Familie Thien, ein Bild von den damaligen Aussiedlern und ihrem Leben machen.
Ein Stück Familiengeschichte entdecken
Eine Dauerausstellung zum Heuerlingswesen im Museum des Heimatvereins Langen zeigt viele Raritäten oder auch ein maßstabgetreu nachgebautes Modell eines Heuerhauses. Dort können sich Besucher in eine andere Zeit zurückversetzen lassen. Aber auch ortsansässige Familien können hier ein wenig Ahnenforschung betreiben: In säuberlich sortierten Ordnern ist ein Großteil der Landwirte und Heuerleute aus früheren Zeiten aufgelistet und dokumentiert. Teilweise finden sich sogar noch gut erhaltene Briefe oder Fotos von längst vergessenen Verwandten wieder.
Ein Artikel von Jessica Lehbrink vom 02. 08. 2016 in der Lingener Tagespost
Heuerhaus – Kotten – Häuslingshaus – Kate – (Hütte)
Nicht überall im Verbreitungsgebiet spricht man von einem Heuerhaus.
Im nordöstlichen Teil rund um Diepholz nennt man solch ein Anwesen Häuslingshaus. Im südlichen Teil (auch rund um Osnabrück) wird es häufig als Kotten bezeichnet, wobei insbesondere im Westmünsterland damit auch ein Kleinbauernhof gemeint sein kann. Es besteht von der Wortherkunft eine enge Verwandtschaft mit dem englischen Wort Cottage. Schaut man sich auf Wikipedia die Erklärung an, dann ist alles „klar“…
Ursprünglich wurden die Cottages von Pächtern, einfachen Bauern und Fischern mit ihren Familien bewohnt. Bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts hatten diese Häuser weder Strom noch fließendes Wasser. Als einzige Wärmequelle diente traditionell der fireplace (offener Kamin), der mangels Wärmedämmung nicht effizient war; eine Alternative gab es jedoch nicht. Geheizt wurde mit Torf, der auf Grund eines jahrhundertealten Gesetzes bis zum heutigen Tag von jedermann kostenlos in den Mooren abgebaut werden darf. Die Cottages bestanden häufig nur aus einem Koch- und Wohnraum und einem Schlafraum. In alter Zeit wurde oft noch das wenige Vieh mit im Haus gehalten, da es im Winter eine zusätzliche Wärmequelle darstellte. Viele der alten Cottages wurden in den letzten Jahren renoviert und nach den neuesten Standards modernisiert. Sie werden gerne als Ferienhäuser genutzt oder an Touristen vermietet.
Foto: Stefan Stegemann wikimedia commons
aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Cottage_(Wohngeb%C3%A4ude)
Heinrich Kuhr gab den Heuerleuten eine Stimme
Am Himmelfahrtstag 1919 wurden die Heuerleute des Lingener Landes aktiv. Auf einer Protestkundgebung in Lengerich forderte Josef Deters aus Handrup eine ausreichenden politische Vertretung der Heuerleute und Knechte sowie die Verabschiedung neuer Gesetze, um die ländlichen Löhne, den Pachtschutz und die Mieten verbindlich zu regeln.
Zur Förderung dieses Begehrens gründete man den Verein christlicher Heuerleute, Kleinbauern und Pächter (VCH). Diesem Verein schloss sich der Heuerlingssohn Heinrich Kuhr aus Bramhar/Kreis Meppen an.
Kuhr hatte noch sieben Geschwister und kannte die Armut der Heuerleute aus eigener Anschauung. 1920 heiratete der kriegsversehrte Heuermannsohn die Heuermannstochter Josephine Hilbers aus Bramhar/Kreis Lingen und arbeitete bis 1926 auf der väterlichen Heuerstelle.
1923 erwarb er im Bienerfeld 11 Hektar Land, das er nebenbei nach und nach kultivierte. Schließlich zog er als Siedler nach Bienerfeld um.
Inzwischen war Heinrich Kuhr zum führenden Heuerlingsvertreter der Region Emsland/Grafschaft Bentheim aufgestiegen. Aufgrund des enormen Mitgliederzuwachses stellte die VCH Anfang 1920 den Gründer Josef Deters als hauptamtlichen Geschäftsführer ein und wählte Kuhr zum Vorsitzenden.
Sitz der Organisation wurde nun Lingen. Kuhr vertrat den Verband bei Verhandlungen mit Ministerien in Berlin. Zusammen mit einem verbündeten Heuerlingsverband aus der Osnabrücker Region konnte noch 1920 die Verabschiedung eines vorläufigen Pachtschutzgesetzes durch den preußischen Landtag erreicht werden. Es bewahrte die Heuerleute davor, von einem Tag zum anderen gekündigt zu werden. Der VCH dehnte sich über das ganze Emsland, Grafschaft Bentheim und die katholischen Teile des angrenzenden Osnabrücker Umlandes aus.
1923 hatte der Verband unter Führung Kuhrs ca. 3000 Mitglieder und war neben dem emsländischen Bauernverband (EBV) die einflussreichste Organisation des Emslandes. Bedeutende Repräsentanten des EBV besaßen einflussreiche Positionen in der emsländischen Zentrumspartei. Die Heuerleute sahen demgegenüber im Osnabrücker Sekretär der katholischen Arbeiterverbände, Josef Hagemann, den Mann ihres Vertrauens. 1919 noch ein Spitzenkandidat der Zentrumspartei, war Hagemann zu Gunsten des EBV Vertreters Theodor Pennemann aus Brual zur Reichstagswahl 1920 und auch 1924 auf einen aussichtslosen Listenplatz abgerutscht. Die aufgebrachten Heuerleute, deren Hoffnung auf eine Aufwertung Hagemanns enttäuscht worden waren, wanderten unter der Führung von Josef Deters 1924 daher in Scharen zu einer neuen Splitterpartei ab.
Im Gegensatz zu Deters engagierte sich Kuhr, bereits 1921 für die katholische Zentrumspartei in den Lingener Reichstag eingerückt, in dieser neuen Partei jedoch nicht. Aufgrund ihrer schweren Wahlniederlage kam das Zentrum Ende 1924 den Heuerleuten politisch und personell entgegen. Kuhr wurde daher von 1925 bis 1933 als Spitzenkandidat des Zentrums in den Hannoverschen Provinziallandtag entsandt und gelangte gleichzeitig in den einflussreichen Lingener Kreisausschuss, in dem er bis 1937 verblieb. Zur Förderung der Siedlungspläne konstituierte der VCH 1926 die erfolgreich arbeitende Siedlungsgenossenschaft „Emsland“. Als treibende Kraft wurde Heinrich Kuhr ihr Vorsitzender. Bis Ende 1930 konnten bereits auf fast 2500 Hektar gekauften bzw. enteigneten Ödland ehemalige Heuerleute angesiedelt werden.
Wegen der Enteignung von Land war Kuhr bei den Großbauern verrufen und galt in ihren Reihen als der „rote Heinrich“. Kuhr war ein Freund des späteren Bundespräsidenten Heinrich Lübke, der seiner Fürsprache 1922 die Berufung zum Geschäftsführer eines Zusammenschlusses von Kleinlandwirteverbänden verdankte. 1932 konnte Kuhr als Vorsitzender der Siedlungsgenossenschaft „Emsland“ das Dorf Osterbrock aufbauen – Kuhrs Lebenswerk.
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten brachte das abrupte Ende für die christliche Heuerleutebewegung und ihre Siedlungspläne, da die emsländischen Ödlandflächen jetzt mit Straf – und Konzentrationslagern überzogen wurden.
Doch 1945 gehörte Heinrich Kuhr zu den Männern der ersten Stunde. Die britischen Besatzungsbehörden beriefen ihn in den Lingener Kreistag und in den Bezirkslandtag für den Regierungsbezirk Osnabrück. Dort war der Heuerleutevertreter für Ernährung, Landwirtschaft und Siedlungswesen verantwortlich.
1946 betätigte sich Kuhr an den Vorbereitungen zur Gründung des Emsländischen Landvolks, dessen stellvertretender Vorsitzender er bei der Konstituierung im Februar 1946 wurde.
Altersbedingt nahm Kuhr Anfang der 1960er Jahre Abschied von der Politik.
Dieser Artikel stammt von Dr. Helmut Lensing, der ihn freundlicher Weise hier zur Verfügung gestellt hat.
aus Peter Rabenstein, Jan im Moor, Bremen 1982, Seite 70/71
An der Herdstelle auf dem Flett spielte sich in den alten Bauernhäusern auf der Geest wie im Moor das Familienleben ab. Sie war der Mittelpunkt. Hier wurden die Mahlzeiten eingenommen, und hier saß abends die Familie zusammen, das offene Feuer gab Wärme und ein wenig Licht. Die Frauen stellten ihre Spinnräder auf, die Männer strickten, banden neue Besen oder schnitzten Holzlöffel. Der Herd aus
Feldsteinen war viereckig oder auch rund aufgebaut, mit einer Mulde für das offene Feuer in der Mitte. Über der Feuerkuhle hing der gezähnte Kesselhaken an einem festen oder drehbaren Arm. Der rußgeschwärzt Kessel konnte höher oder niedriger eingehängt werden je nachdem wie viel Hitze man brauchte. Verließ die Familie für kurze Zeit das Haus, wurde das Feuer auf dem Herd mit einem Drahtkorb abgedeckt, dem Feuerstülper (Abb. 3 und3a). Sehr oft kam es vor, daß eine Katze sich auf dem Herd wärmen wollte und Feuer fing. Bei ihrer Flucht auf den Heu- und Strohboden wurde das Haus angezündet.
Zur Herdstelle gehörte einer Reihe von eisernen und hölzernen Geräten. Zum Auflegen von Torfstücken benutzte man die Feuerzange (Abb. 17) Angefacht wurde das Feuer mit einem Pusterohr aus einem hohlen Holunderast ( Abb. 5). Über dem Feuer hing der „grote isern Pott“ (Abb 13). Den Dreifuß setzt man auf die Glut, wenn in einem Tiegel etwas erwärmt werden sollte. Auch eine Wurströste (Abb. 7) kannte man schon. Der Feuerhaken (Abb. 6) rakte die Glut auseinander. An der Fleetwand hingen ein Kaffeebohnenbrenner (Abb. 4) und eine Pfanne. (Abb. 2). Der Kaffee wurde im Moor natürlich aus Roggen gebrannt. Feuerkieken aus Eisen, Ton oder Holz (Abb. 9). sorgten am Abend für warme Füße. Es gab im Haushalt ein Salzfaßehälter (Abb.16) und für bestimmte Zwecke brauchte man auch den „Pingel Pott“ (Abb. 12).