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Leserbrief eines Heuermanns
So schrieb ein Heuermann aus der Haselünner Gegend in einem Leserbrief 1924:
Vor dem Krieg ließ die Instandhaltung der [Häuser der] Heuerleute sehr zu wünschen übrig. Es ist schon vorgekommen, daß ein Heuermann bei Wind und Regen am Abend sich mit aufgespanntem Regenschirm zu Bett liegen mußte, um seine Gesundheit nicht ganz auf dem Spiel zu setzen … Der Heuermannsstand kennt sicherlich seine fast unerschwinglichen Lasten. Durchweg ist der Heuermann kinderreich und somit sind die Unterhaltskosten für Familie und Haushalt sehr hoch. Der Heuermann kann in der heutigen Zeit nie daran denken, irgendeinen Grundbesitz zum Ansiedeln erwerben zu können. Nebenbei erwähnt wird sich heute ein Bauer auch nicht bereit erklären, solchen Grund und Boden für eine Ansiedlungsstelle dem Heuermann zu angemessenen Preisen zu überlassen, auf welchem selbiger sein Leben in bescheidenen Verhältnissen fristen kann.
(Haselünner Zeitung vom 3.5.1924)
Lieber ein kleiner Herr als ein großer Knecht – Püntenschiffer in Haren
“Lewer en lütt Herr – as en groot Knecht”

Das Heuerlingswesen hatte über 4 Jahrhunderte Bestand, weil die abgehende Bauernkinder keine andere berufliche Chance sahen.
Als eine große Ausnahme kann hier der Ort Haren an der Ems – nördlich von Meppen – angesehen werden.
Angesichts der überaus schlechten Verkehrsverhältnisse zu Lande war der Transport von Waren zu Wasser schon seit Jahrhunderten auch auf der Ems eine praktizierbare Alternative.
Während in Altharen weiterhin die angestammten Bauern mit ihren Heuerleuten Landwirtschaft betrieben, gründeten deren nachgeborenen Söhne und Töchter direkt an der Ems eine Ortschaft Neu – Haren und betrieben von dort eine „Püntkerei“.
Sie bauten Holzkähne, die sie Pünten nannten.
So waren sie selbstständige Schifffahrtstreibende und vererbten diesen schweren Beruf des Püntkers oft vom Vater auf den Sohn.
Sie waren zunehmend in der Lage, erhebliche Transportleistungen auf der Ems durchzuführen und es ist die historische Leistung der Püntker, dass sie die einzige Wasserstraßenverbindung vom nördlichen Westfalen zur Nordsee über viele Jahrhunderte hinweg nutzbar machen konnten.

Mit ihrer Pünte vermochten sie der verlängerte Arm der Seeschifffahrt ab Emden und Leer zu sein. Dabei hatten sie sich über Generationen die Kenntnis von zahlreichen Untiefen der Ems erworben, die ein Befahren des stets wechselnden Fahrwassers mit großen Schwierigkeiten verband.
Man darf annehmen, dass einige dieser stolzen Altschiffer, die in der Mehrheit Schiffseigner waren, in ihrer Zeit noch Heuerleute geworden wären, wenn ihre Vorväter nicht als Püntker eingestiegen wären.
Fotos: Archiv Reinhard Wessels und Schifffahrtsmuseum Haren
Lippische Ziegler
Auswandern oder dableiben?
Ein Vorfall um 1855 lässt besonders aufhorchen:
Da war ein Bauer im Raum Lingen, der seinen Hof wegen falscher Führung verkaufen musste — auch das gab es durchaus schon.
Nun starb seine Frau bei der Geburt des achten Kindes.
Kurz entschlossen machte sich der Witwer allein auf nach Amerika.
War es Panik oder pure Treulosigkeit?
Jedenfalls war sicherlich eine Portion Verzweiflung dabei, als er seine acht Kinder — von zwei bis zu 16 Jahren — durch sein Verschwinden nach Amerika im Stich ließ. Diese mussten bei Verwandten und Bekannten unterkommen.
Während die älteren Kinder schon in einer Beschäftigung als Knecht oder Magd gegeben werden konnten, wurden die kleineren Geschwister in einer Art Auktion durch die Armenkasse des Heimatortes regelrecht vermarktet.
Derjenige, der das günstigste Angebot machte, bekam ein Kind zugesprochen
(Hofchronik Wübbels, Lingen-Clusorth, S. 22-24).
„Heuerhäuser im Wandel“ im Regionalfernsehen
Heute Abend (Freitag – 8. November 2017) in ev.1tv oder über
http://www.ev1.tv/talk/ev1tv–der-talk/ev1tv-der-talk—heuerhaeuser-im-wandel_47449
Heuerleute und Plattdeusch
Die Sprachbarrieren insbesondere bei Heuerlingskindern
Nach der Einschulung gab es dann auf dem Schulhof, aber selbst im Klassenzimmer ein wildes Durcheinander von Platt- und Hochdeutsch. Manche Mitschüler sprachen bei der Einschulung nur plattdeutsch. Nach einiger Zeit gab es dafür Schläge mit dem Stock. Als sich dieses beim kleinen Josef wiederholte, sagte er mit tränenerstickter Stimme zum Lehrer: „Wenn Du mi noch enmol haust, dann kummt min Opa!“ Und eines Tages stand sein Opa in der Pause auf dem Schulhof und fragte: „Wat makt min Jungen verkeert, dat he wekke mit’n Rohrstock kricht?“ Lange brauchte der Schulmeister, um wieder „gutes Wetter“ zu machen.
Vorerst war es mit den Schlägen für Plattdeutsch vorbei.
Erlebt und erzählt von Dr. jur. Bernd Schulte aus Lingen
Ansicht Innengiebel
Flusswiesen waren begehrt
Flusswiesen und -weiden waren in früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten in der Landwirtschaft besonders bevorzugt, weil sie durch die nahezu regelmäßigen Überschwemmungen im Winter mit natürlichen Schwemmteilen automatisch gedüngt wurde.
Dadurch war auch der Wuchs im Frühjahr und Sommer vergleichsweise gut.
Deshalb vergaben die Bauern solche Weidegründe auch selten an ihre Heuerleute, wie mehrfach berichtet wurde.
Ausnahmen waren hier kleinparzellige Grundstücke, die entsprechend weit vom Hof entfernt waren.
Idyllische Wiese ander Ems
Da war es dann für die Heuerlingsfrau äußerst mühsam, die wenigen Kühe zum Melken überhaupt zu erreichen. Das musste zumeist mit einem Fahrrad geschehen, an dem vorne eine Einrichtung angebaut wurde, wo auf beiden Seiten eine Milchkanne eingehängt werden konnte. Damit war sie auf alle Fälle auf der „Rückfahrt“ zum Schieben verurteilt auf den schlechten Sandwegen.
Solch ein Abschlussgatter hätte manch ein Heuermann auch gerne gebaut, wenn er eine Flusswiese zur Pacht erhalten hätte... Fotos: Archiv Robben










