Der Graf stand über dem Bauern

                                                   Des Grafen Eigenarten

Gtaf Scwegerhoff

                  Ein Lebensbild auf Gut Schwegerhoff im 19. Jahrhundert

 … es muss trotz allem wüst hergegangen sein. Oft brachte er eine ganze Schar von Kameraden mit, und die Jagden und Feste nahmen kein Ende.

Er selbst hat er für seinen persönlichen Gebrauch ein Rudel Hirsche im Stall stehen, die er vor seinen Wagen spannte, wenn es nach Osnabrück ging. Die halbe Stadt säumte dann die Straße und sah ihm zu, wie kunstgerecht er die Tiere lenkte, die er zu Hause reichlich fütterte, im Wildgehege frei umherlaufen ließ und sie so eine Reihe von Jahren erhielt.

Da ihn auf dem Lande die neugierigen Bauern in seinem Betrieb störten, hatte er eine Hainbuchenhecke um das Schloss ziehen lassen, die in meiner Jugend arg verwildert, zum Teil noch erhalten war. Eine Wache hielt jeden fest, der sich unbefugt durch das Einfahrtstor wagte. Zur weiteren Abschreckung hatte er noch zwei Kanonen davorgestellt, die natürlich nie geladen waren, ihren Eindruck aber gewiss nicht verfehlten. Manch einer hat seinen Übermut im Schlossturm büßen müssen.

Dabei war er durchaus kein Tyrann, sondern half bei jeder Gelegenheit mit vollen Händen. Die Bauern schüttelten freilich den Kopf.

Da er aber keinen quälte, wie das bei seinen Standesgenossen ja so Brauch und Sitte war, ließen sie ihn gewähren und verteidigten ihn trotz seiner Seltsamkeit bei jeder Gelegenheit. 

 Doch als er eines guten oder bösen Tages eine junge bildschöne Türkin von einem Besuch in Kassel heimbrachte, ging die trotz allem heimlich hier und da angestaute Erregung kräftig hoch…

Seite 20/21

Abriss Heuerhaus Butmeyer

Hermann  Bembom aus Varenrode berichtet über ein Heuerhaus, das 2013 abgerissen wurde.

Heuerhaus Butmeyer

but 8

Eines der ältesten Häuser in Varenrode mit einer eisernen Jahreszahl  von 1846 am Giebel angebracht, das Heuerhaus vom Landwirt Butmeyer, gegenüber vom Landwirt Strom, westlich der B 70 gelegen, wurde nun endgültig abgebrochen. Nachdem es jahrelang nicht mehr  bewohnt war, machte es doch einen sehr verfallenen Eindruck und war direkt an der B 70 gelegen kein schöner Anblick mehr.

Wie alt dieses Anwesen war, lässt sich nicht mehr genau ergründen.

Helmut Boyer schreibt in dem Varenroder Buch:

„Der Besitz wird zum ersten Mal Ende des 18. Jahrhunderts genannt. Als das alte Erbe Brinker, westlich vom Alten Gasthaus Varenrode gelegen, um 1840 in unüberwindliche finanzielle Schwierigkeiten geriet, wollte der damalige Colon Hermann Heinrich Brinker 1843 zuerst ein Nebenhaus verkaufen. Name und Nähe zu einem der alten Vollerben legen die Vermutung nahe, dass es sich dabei um die heutige Heuerstelle von Butmeyer handelte. Der Verkauf wurde damals behördlicherseits nicht genehmigt“.

But 9

 

Nach anderen Unterlagen kaufte Butmeyer die „Reekersche Neubeuerei“ am 8.6.1844. Eine Versteigerung für 700 Taler soll am 12.5 1843 gewesen sein. (Reeker heute Storm)

An anderer Stelle steht „ Brinker, jetzt Butmeyer. Letztere kaufte die Neubauerei 1843 für1100 Gulden oder 1833 M 33 Pf.“

Wie aus der Varenrode Schulchronik zu entnehmen ist, wurde das Hauptkolonat Brinker dann 1947 gänzlich verkauft.

Brinker auch Brinkmann Vollerbe Gutsherren eigenhörig dem Stifte Borghorst dann dem Fürsten Salin Horstmaar. Das Erbe wurde von Herrn Heinrich Brinker geb. Niehoff, welcher dem Lehrer Borgmann in Altenlünne das Haus angezündet hatte und daher fliehen musste, nach geleistetem Freikauf, jedoch incls. der sonstigen Gefälle und Abgaben, an den Kolon Heinr. Egbrink in der Nacht auf den 17. Mai 1847 für 2250 Gld. oder 3750 M. verkauft“

Brinker ist dann in der Nacht noch mit Ehefrau und 9 Kindern nach Amerika ausgewandert.

Das Brinker die Lehrerwohnung von Borgmann anzündete, hat wohl mit dem heftigen Streit der Varenroder und Heiteler Bevölkerung zu tun, den es um die Altenlünner Feldschule gab. Alle Kinder aus Plantlünne, Altenlünne, Heitel und Varenrode mussten nämlich zu dieser sogenannten Feldschule. Das war besonders den Varenrodern ein Dorn im Auge.

But 10

 

Die Bewohner des Butmeyerschen Heuerhauses mit der Nr. 34 lassen sich nicht mehr lückenlos nachvollziehen. Aus dem Varenroder Buch lässt sich entnehmen, das dem ersten Lehrer nach Wiederherstellung der der Varenroder Schule (1849), Lehrer Rauf, aus bestimmten Gründen Butmeyer das Anwesen nicht zur Verfügung stellen wollte. Wohl aber dessen Nachfolger Lehrer Weltring (1855)  Um 1860 wird Böcker (Böker) als Heuermann Butmeyers genannt.  Danach zog Brüning, aus Spelle stammend ein. Brüning war verheiratet mit Katharina Hesping aus Elte. Als im Winter 1906/07 das Haus von Kück abbrannte, wohnte  die Familie dann vorübergehend in dem Butmeyerschen Kötterhaus.

Zum 1.November 1907 zogen dann die Eheleute Johann Bernhard Hoffrogge und Maria Agnes geb. Heskamp in die Heuerstelle ein. Johann Heinrich Hoffrogge wurde am 07.01 1845 auf dem Hof Hoffrogge (heute Bembom) am Sande geboren.

Die letzten Bewohner dieser Heuerstelle war die Familie Josef Wilken verheiratet mit Josefa geb. Hoffrogge. Sie zogen dann zu Ihrer Tochter nach Bawinkel.

Mit dem Abriss des Gebäudes ist wieder ein Stück Varenroder Geschichte zu Ende geschrieben.

Im Giebel ist aus geschmiedetem Eisen die Jahreszahl 1846 zu erkennen. Vermutlich wurde der Giebel in dem Jahr mit Klinkern ausgemauert, da in hiesiger Gegend bei Häusern dieser Art die Giebel vorher mit Brettern verkleidet waren. Das Gebäude selbst dürfte daher älter sein.

Heute ist dort wieder Acker.

DSC_0013DSC_0602

 

Über Gesundheit in Schwartenpohl

Notizen über Gesundheit und Hygiene in der kleinen Bauernschaft Schwartenpohl zwischen Lingen und Nordhorn

Der Dorfschulmeister Albes hielt am 8. März 1935 (Bd. 1, S. 30) anlässlich einer amtsärztlichen Untersuchung der Kinder fest: „Wer als Städter das erstemal seine in bekleidetem Zustande immerhin gesund und kräftig scheinenden Kinder entblößt vor sich sieht, ist sicherlich sehr enttäuscht.

Man glaubt eine teilweise unterernährte Großstadtkindergruppe vor sich zu haben.

Und nach den mannigfachen Erfahrungen muß man zu dem Urteil kommen, daß unsere Kinder – was Ernährung anbetrifft– nicht zu ihrem Recht kommen. Daß Sauberkeit des Körpers und der Wäsche bei einzelnen als recht dürftig bezeichnet werden muß, schließt das Bild nur ab. An Punkto Körperhygiene, Gesunderhaltung, Krankenpflege zeigen einige Bauern eine fast strafbare Gleichgültigkeit. Man darf bei den Bauern ja nicht alles auf Konto Unwissenheit setzen“.

Im Oktober 1937 vertiefte sein Nachfolger Joseph Hölscher, der sich in seinen Niederschriften als strammer Gefolgsmann Hitlers zeigt, diese Eindrücke in einem eigenen Kurzkapitel, das er mit „Land und Leute“ überschrieb (Bd. I, S. 44-46): „Als Fremdem fallen einem die guten und schlechten Seiten des hiesigen Menschenschlages besonders scharf auf. Eine hervorragende Eigenschaft des Schwartenpohlers wie des Emsländers wohl überhaupt, besonders auf dem Dorfe, ist seine Hilfsbereitschaft. Alle Nachbarn, etwa 6 Familien, helfen sich gegenseitig bei allen möglichen Gelegenheiten, auch dem Lehrer.

Wie häufig brachte uns ein Bauer von Lingen oder Wietmarschen die ihm aufgetragenen Sachen für Haushalt oder Schule gern mit. Zugegeben, es gibt Unterschiede unter den Leuten. Selbstverständlich wollen die Leute auch Entgegenkommen sehen. – Eine Eigenschaft haben die Leute, die in der ganzen Gegend verbreitet zu sein scheint. Sie heben bei jeder Gelegenheit hervor, daß die Leute hier gut und hilfsbereit sind. –

Noch ein Wort führen sie stets im Munde. Die Leute hier sind fest überzeugt, daß sie „gut gesund“ sind, und daß hier „gesunde Luft“ ist. Man muß im Stillen lächeln über diese Naivität. Was in anderen Gegenden unseres Vaterlandes eine Selbstverständlichkeit ist, redet man sich hier sehr eifrig vor, aus unbewußter Angst, daß es wahrscheinlich doch anders ist. Tun wir einen Blick in die Wirklichkeit. Der Menschenschlag hier ist im Allgemeinen von mittelgroßer Gestalt, hager, doch nicht sehr knochig und kräftig. Hünen von Gestalt und Kraft sind hier eine wahre Seltenheit. Gründe dafür sind wahrscheinlich eine ungesunde und kärgliche Ernährungsweise.

Das selbstgebackene Brot ist läppisch im Geschmack, da mit Milch u. ohne Sauerteig zubereitet, ferner nicht durchgebacken und zu teigig! Ich kann mir denken, daß lebenslanger Genuß solchen Brotes zu Störungen der Magentätigkeit führt. Von guter und schmackhafter, abwechselungsreicher Zubereitung von Speisen mit einfachen Mitteln scheint hier kaum eine Bauersfrau etwas zu verstehen. Das konnte auch im Kochunterricht der Schulmädchen festgestellt werden. – Tatsache ist, daß es hier in der Gegend allerlei Krebskranke und Schwindsüchtige gibt. Auch unter meinen Schulkindern sind eine Menge schwächliche und unterernährte Kinder. – Freilich, es ist zu verstehen.

Der Boden ist kärglich. Der Bauer muß sich quälen. Da muß er auch mit dem Essen sparsam sein. Doch ist das Sparen am verkehrten Ende. Die Kräftigung des Nachwuchses ist das Wichtigste. Leider wird da zu sehr gespart. – Die Liebe der Eltern zu ihren Kindern ist oft übertrieben.

Die Eltern dürfen nicht die Hand auf die Kinder halten, wenn der Lehrer gerecht straft, und in Tränen des Mitleids ausbrechen.

Die Hygiene läßt sehr zu wünschen übrig. Die Kinder waschen sich z. Teil recht mangelhaft. Die Wäsche und Kleidung ist sehr häufig schmutzig.

Häufig sieht man chronischen Dreck. Zähneputzen kennt man nicht, außer einigen rühmlichen Ausnahmen. Badegelegenheit ist kaum vorhanden, wohl auch kaum ein Bedürfnis. Die Ordnungsliebe ist nicht sehr groß. Man sieht das in der Schule wie auf den Höfen, allerdings nur bei einem geringeren Prozentsatz. Bei Mädchen wurde Ungeziefer festgestellt.

All das wäre eine dankbare Aufgabe für Schule und Gesundheitspolizei. Doch wären nur drakonischste Maßnahmen angebracht“.

Dies ergänzte Hölscher 1937 an anderer Stelle durch folgende Notiz (Bd. 1, S. 71): „Am 3. Dezember war die 1. zahnärztliche Untersuchung durch Zahnarzt Dr. Hüer- Lingen. Der Gesundheitszustand der Zähne ist durchweg nicht der beste. Durch den Genuß allzu weichen und wenig durchgebackenen Brotes brauchen die Zähne zu wenig Kauarbeit zu leisten und daher wenig widerstandsfähig und werden schlecht.