Durch Kauf des Heuerhauses vom Heuerling zum Neubauern

 

von Dr. Herbert F. Bäumer

Vorgeschichte

Das Gut Bruchmühlen, im heutigen Grenzbereich Niedersachsen/Nordrhein-Westfalen gelegen, wird in einer Sage bereits um 1200 erwähnt.[i] Eine genaue Datierung ist nicht vorzunehmen. Das Gut erlebte eine wechselvolle Geschichte. Erster Besitzer waren die Ravensberger von Ledebur, deren Nachfolger bei der Markenteilung der Bennier Mark als Oberholzgrafen fungierten. Hier erhielt das Gut große Flächen, sodass es eine eigene Jagd anlegen konnte. Außer den Gutsgebäuden, der Korn- und Sägemühle gehörten noch zwölf Heuerhäuser zum Gut. Im Dezember 1865 wurde das Gut Bruchmühlen gerichtlich versteigert und von der Bünder Tabakfirma Steinmeister & Wellensiek für circa 80.000 Taler erworben, die die Räumlichkeiten unter anderem zur Zigarrenherstellung nutzten. Bereits im September 1901 verkaufte die Firma das Gut an die Brüder Kolon Gustav Baumhöfener und den Müller Heinrich Baumhöfener, beide wohnhaft zu Palsterkamp. Im Umfeld wurden große Teile des Holzbestandes gefällt, und vom Gutsgebäude blieben nur noch der Kern des Gutes mit der Mühle und den Ländereien. Die Grundstücke mit den Heuerhäusern wurden verkauft und dadurch entstanden selbstständig arbeitende Neubauern[ii] auf freiem Grund und Boden.

Kaufvertrag

Ein Kaufvertrag zwischen den Besitzern des Gutes Bruchmühlen Gustav Baumhöfener und Heinrich Baumhöfener und seinen damaligen neun Heuerlingen wurde am 13. September 1902 verhandelt. Der nachfolgende Kaufvertrag, Nr. 216 des Registers für 1902, bezieht sich in Einzelheiten auf die Besitzer des Gutes und den Pächter Heinrich Stratmann, außerdem auf den Kommissionsfabrikanten Karl Möller sowie den Zigarrenarbeiter Hermann Nehl.[iii] Vor dem Notar Adalbert Stegemann, zuständig im Bezirk des Königlichen Oberlandesgerichts in Melle erschienen:

  1. der Kolon Gustav Baumhöfener, wohnhaft zu Palsterkamp,
  2. der Müller Heinrich Baumhöfener, wohnhaft zu Palsterkamp,
  3. der Auktionator Friedrich Möller, wohnhaft zu Dissen,
  4. der Pächter Heinrich Stratmann, wohnhaft zu Bennien,
  5. der Neubauer Kaspar Stratmann, wohnhaft zu Westkilver,
  6. der Neubauer Friedrich Lamke, wohnhaft zu Krukum,
  7. der Pächter Franz Ransiek, wohnhaft zu Bennien,
  8. der Pächter Jürgen Ellermann, wohnhaft zu Krukum,
  9. der Kolon Friedrich Eversmann, wohnhaft zu Wehringdorf,
  10. der Pächter Wilhelm Brüggemeier, wohnhaft zu Krukum,
  11. der Zigarrenarbeiter Hermann Nehl, wohnhaft zu Bruchmühlen,
  12. der Kommissionsfabrikant Karl Möller, wohnhaft zu Westkilver.

Auszug aus dem Originalvertrag durch den Notar Adalbert Stegemann. Privatarchiv Dr. Herbert F. Bäumer

Die Besitzer des Gutes Bruchmühlen ersuchten um Beurkundung des Nachstehenden. Der Text weicht an einigen Stellen vom Vertragstext ab:

Dem Pächter Heinrich Stratmann wird ein Kaufvertrag angeboten, dass diesem freisteht, die derzeit gepachteten Grundstücke mit einer Gesamtgröße von ca. 11 Scheffelsaat (54 Quadratruthen)[iv] zum 1. Oktober 1905 zum Preis von 300 Mark pro Scheffelsaat, ferner 1.400 Mark für das Gebäude und außerdem 275 Mark Zuschlag zu dem Gesamtkaufpreis und weiteren nachstehend aufgeführte Bedingungen zu übernehmen.

Weitere Bedingungen waren der Ausschluss des Verkaufs von sämtlichen Holzbeständen mit Ausnahme der Obstbäume. Bei Abräumung und Abfuhr des Holzes sind alle Wege von beiden Parteien zu nutzen. Der Pächter Heinrich Stratmann verpflichtet sich außerdem, alle Zu- und Abflüsse sowie die natürlichen und künstliche Wasserläufe so zu belassen. Heinrich Stratmann hat weiterhin alle Kosten dieser Verhandlung, die Eintragung im Grundbuch, die Stempelkosten und die Vermessungskosten zu tragen.

Der Besitzer und Müller des Gutes, und der Auktionator tragen dem Zigarrenarbeiter Hermann Nehl und dem Kommissionsfabrikanten Karl Möller einen Kaufvertrag vor. Hermann Nehl steht frei, die von ihm gepachteten Grundstücke in der Gesamtgröße von ca. 9 Scheffelsaat zum Gesamtpreis von 4.000 Mark zum 1. Oktober 1905[v] zu erwerben. Weitere Bedingungen wie auch bei Pächter Heinrich Stratmann müssen von Hermann Nehl ebenfalls anerkannt werden.

Weiterhin wird Hermann Nehl verpflichtet, bis zum 1. Oktober 1902 eine Kaution in Höhe von 1.000 Mark bei der Sparkasse der Samtgemeinde Riemsloh-Hoyel auf ein auf den Namen des Kommissionsfabrikanten Friedrich Möller auf dessen Sparkassenbuch zu hinterlegen. Möller und auch Nehl verpflichten sich, nur unter gegenseitiger Einwilligung diese Sparkasseneinlage abzuheben. Zur Erfüllung dieser von Hermann Nehl übernommenen Verbindlichkeit übernimmt Karl Möller die selbstschuldnerische Bürgschaft. Sollte Nehl den vorgeschlagenen Kaufantrag nicht annehmen, tritt Karl Möller in die sich ergebenden Rechte und Pflichten ein. Wenn auch Karl Möller den angedachten Kaufantrag nicht annimmt, so verfällt die hinterlegte Kaution in Höhe von 1.000 Mark zugunsten des Verkäufers. Nach Verlesen des Kaufantrages wurde dieser von allen Beteiligten unterschrieben. Hermann Nehl erfüllte die ihm aufgetragenen Verpflichtungen, und er wurde zum 1. Oktober 1905 Eigentümer und erreichte somit die Stellung eines Neubauern mit eigenem Haus und Hof sowie neun Scheffelsaat Eigenland.

Unterschrift und Abrechnung des Kaufvertrages vom Notar Adalbert Stegemann.

Privatarchiv Dr. Herbert F. Bäumer

[1] Müller, Friedrich, bearb. von Maria Heilmann: Rittersitze und Edelhöfe im Grönegau Melle 1967.

[1] Bodenstein, W.: Manuskript Chronik von Bennien 1949.

[1] Kaufvertrag der Familien Nehl und Kruse.

[1] Laut Kartenblatt 1 der Gemarkung Bennien die Parzellen 63, 64, 65, 66 nebst Gebäuden, den östlichen Teil der Parzelle 67 und den östlichen an die Chaussee nach Riemsloh grenzenden Teil der Parzelle 73.

[1] Laut Kartenblatt 1 der Gemarkung Bennien die Parzellen 52,53 und 54 nebst Gebäuden und von Parzelle 51 den südlichen Teil, welcher an den an Jaspermann verpachteten Anteil dieser Parzelle grenzt.

Bäumer, Herbert F.: Durch Kauf des Heuerhauses vom Heuerling zum Neubauern in: Jahrbuch Osnabrücker Land 2019, Seite 51-54

Ein Fall von Unzucht

Ein Mann treibt Unzucht!

… also der Vertrag kahm zustande auf 2275  rthl  zu 3 Procen zu verzinsen an meinen Vater / oder alle Jahre 400 rthl auszubezahlen  / unter der Zeit als der Vertrag ihm gange wahr / machte mein Vater noch einen schlechten Streich / beschlief eine vereheligtc Frauen in unser Leibzucht / nemlich  sonnen gewissen H. Huslage seine Frau / sie hieß M. Schwierts / daß kam so aus durch die Kuhirten und  nachher erzählte sie es offenbar zwischen die Kohlpflanzer / dafür mußte B. ungeheuer bezahlen / nemlich 85 rthl Schulden

EPSON MFP imagemußte er ihm nachlassen und 5 Jahre zum freien liegen !aßen und die Heuer nich verteuer auch loßkündigen / und seines Schulamts ensetzetz / denn Unfug hate er lange Jaluen mit dieser Person getriben und auch mit mehre Frauenspersonen / so  als  ich hörte wohl mit  10 / die selber alle nicht auffüren kann /  meine  Mutter  wußte  es  schon  längst  denn  spätzs26 daß er so täte /  auf dem  Amte  hate  in  der Zeit  wenig zu  melde /  den  sein  Sohn Bernhard  und  sein  Schwi­ gersohn  Co! Brands vom  Haneberg  taten  es recht  mit dem Vertrage / das der so zustande  kam  / da machten sie  in  bekant_ das  ich  hätte  das  Fall  aufgebracht aus Has gegen  ihr / aber das zeugte sich bald  dort bei die  Frauens  Personen   in  Ohrte  anders  /  weil   er  da auch  den  Unfug  trieb  und  dann  auch  offen  baar  bezahlen muß

aus

Johann Fehrlage: Ein schweres Leben in der guten alten Zeit (um 1870)

in

Menslager Hefte 13, Seite 60

Kinder hüten Kühe

Das Hüten von Schweinen und Kühen war früher vielfach die Aufgabe der Kinder, insbesondere aber der Kinder der Heuerleute.

In dieser Geschichte haben alle Kinder (also auch die Bauernkinder) von Gleesen bei Emsbüren bis 1958 im Herbst gemeinsam die gesamten Kühe des Dorfes gehütet.

Koihe höen up’t Linnspiek

von Hans Hopmann (Olbers Hans)  nach einer Vorlage von Bernd Robben

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Wi satten bi ’n Glas Beer un vertellden van olle Tieten. lk bodde em ne Sigarette an, man he schöww bäde Aarms ’n bettken owwerdrewwen in Richte van dat kläne Sigarettenpäcksken, draihde sik ’n lück un den Kopp noch düdelker nao de annere Siete, tröck den Näsen in Krüsen un knepp de Aogen to: ,,Ik smäök siet owwer füfftig Jaohr nich mähr“, see Robben Bernd.

Äs he sik weer nao mi hendraihde un miene Kwalmwölkskes met Lachfäölkes an de Aogen un ’n Gniffeln in‘ t Gesicht wegpuußde, wüss ik: dao kump noch wat! „Siet füfftig Jaohr nich mähr! Un wees, waorüm? Dat is nu all mähr äs füfftig Jaohr heer, dao häbb wi – dat wassen de Kinner van Gleesen- noch Koihe hott up’t Linnspiek. Vör de Verkopplung was dat noch een graot Paand ohne Heggen un Tüne. Dat häörde ok nich, äs vandage, twee of drai Buren; nä, jeden Gleesener Bur harr dao een klän un een graot Paand. Sommerdags wödd dao heut un Gramme maakt, un in de Hervsttiet kömmen alle Koihe van’t Dörp up dat Linnspiekpaand un fratten dat leste Gräss. Un wi Kinner mossen de Diers dann höen un uppassen, dat se nich up Runkel- of Röwenland löppen un dao alls up’n Kopp stellden. Dat konn besünners an’n eersten Dag passeeren. Dao gafft jedet Jaohr dat sölwige Theater: De Koihe van de verschaienen Buren mochen sik eenfak nich lien; de mallen Beester biszden owwer dat Paand, jagden un stodden sik, dat’m sik wünnem moss, dat dao kein Malör passeerde. Man met de Tiet verdröggen se sik un fratten in Free in de graote Koppel. Dann konn wi se wall möten, un et kömm use Tiet: Ok wi harren use faste Ritual. Jedet Jaohr wödd Holt in ’n Busk socht un ’n Füürken anbott. Erpeln ut Wermelts Kuhle un Appeln van Rappens Baom harr wi all metbracht. De wödden in de moije Gloot van use Füürken brott un met Aptiet in de graote Koppel ätten.

To use Koihehöen häörde alsilewwe noch wat: Wi smockden Eekensigarren. Drai of vaier van löppen in den nächsten Busk un sammelden drüge Eekenblaa, un alle versochden daomet Sigarren to draihen. Dann wödd dat Piepken in ‚t Füür hollen un düftig dran trocken. Man de Dü belsdinger göngen egaolweg ut. .. bloß Schüt­ ten Agnes ährt gloihde best! Agnes harr dao in’n Huse all an dacht: Se harr Seitungspapier metbracht un rullde sao moije Sigarren, dat et nao kotte Tiet bi alle dampde äs de Schosstäne van de Knaoldampers. Bloß Agnes kömm nich mähr to’t Smäöken, se moss allman neije Sigarren draihn.

Un  dat was ähr Glück: Üm ähr to was’t  ’n Gehoße  un  ’n  Gedoo, un wao  eene  harr  sik  de Buksen piepen  wall  better  tobu nnen!  Den  ee­ nen  of  annern  wödd  all  witt  of  grön  in’t  Gesicht,  ne  gare  Tunge harren  alle … bis up Agnes. Un jüst  äs Paus Bernd  un Graben Hans saowat   äs  ne  Havanna   ut   Eekenwoddel n   erfunnen   harren ,  röpp Däders Hans:  ,De heelen Koihe  bint in Wermelts Runkeln! ‚

Kick , un dao was’t verbi met de Smäökereij … un för  mi  bis nu hen! ‚, sägg Robben Bernd un he sütt daobi ut, äs wen n he Schütten Agnes vandage noch dankbaor daoför  wäör.

Das Buch ist 2015 in Borsdorf erschienen

Hans Hopmann ist in Ahlde bei Emsbüren geboren und lebt heute als pensionierter Gymnasiallehrer in Münster.

 

 

Kinderzeit

 

Die nordwestdeutschen Dörfer und Bauerschaften waren reich an Kindern.

Wie lebten und spielten sie?

Mussten sie schon früh an die Arbeit?

Darauf soll in den folgenden Abschnitten berichtet werden.