Bundesumweltministerin Steffi Lemke fordert Ende der Brennelementeproduktion in Lingen

 

Jusos springen auf: Russland-Kooperation beenden

SPD-Nachwuchs stellt sich gegen Landesregierung / IGBCE findet Forderung respektlos und unverständlich

En Bericht von Jonas E. Koch in der NOZ/Lingener Tagespost vom 06.12.2022

Nachdem das Bundesumweltministerium das Ende der Brennelemente-Produktion in Deutschland gefordert hatte, wollen nun auch die niedersächsischen Jusos ein Ende der Zusammenarbeit mit russischen Unternehmen. Damit stellt sich die sozialdemokratische Jugendorganisation gegen die SPD-geführte Landesregierung.
Das Bundesumweltministerium von Steffi Lemke hatte in der vergangenen Woche das Ende der Brennelemente-Produktion in Deutschland gefordert, die nur den Standort Lingen betrifft. Aus Sicht des Bundesumweltministeriums sei es „im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des deutschen Atomausstiegs generell erforderlich, die Kernbrennstoffproduktion zu beenden“.
Nun legen die Jusos nach: Man stelle sich „entschieden gegen die Verarbeitung von russischem Uran in der Brennelementefabrik Lingen sowie ein geplantes Joint Venture zwischen dem Kreml-Konzern Rosatom und dem Betreiber der Lingener Brennelementefabrik ANF“, heißt es in einer Pressemitteilung der SPD-Jugendorganisation.
Auf den Atomausstieg „müssen auch Taten folgen“, findet die Jusos und kritisieren, dass „einerseits das Ende der Kernkraft in Deutschland“ beschlossen wurde, aber „wir andererseits weiter russisches Uran nach Lingen importieren“, erklärte Landesvorsitzender Besian Krasniq.
Ausgerechnet in Lingen wollte Rosatom sich in Form eines Joint Ventures mit dem französischen Mutterkonzern Framatome zusammenschließen. Der Antrag lag zu Beginn des Ukraine-Krieges im Bundeswirtschaftsministerium bereits zur Genehmigung vor. Letztlich platzte der Deal – vorerst. Das Unternehmen will künftig nicht mehr nur für Reaktoren westlicher Bauart produzieren, sondern bald auch für Atomkraftwerke russischer Bauart. Das geplante Joint Venture mit dem russischen Rosatom-Konzern kommt – nur in Frankreich statt in Deutschland.
Das von Grünen-Politiker Christian Meyer geführte niedersächsische Umweltministerium findet das hingegen nicht problematisch und erklärte, dadurch werden „die Abhängigkeit dieser Reaktoren von Brennelementen aus Russland gemindert“.
Besonders an der Position der Landesregierung üben die Jusos scharfe Kritik: „Wenn Herr Meyer unter Unabhängigkeit von Russland versteht, dass in Lingen nur mithilfe eines Joint Ventures mit einem russischen Staatskonzern die Produktion der geplanten Brennelemente möglich ist, scheinen wir unterschiedliche Auffassungen zur Bedeutung des Wortes Unabhängigkeit zu haben“, sagte Landesvorsitzende Ronja Laemmerhirt.
„Wer den Atomausstieg in Deutschland konsequent verfolgt, muss auch die Produktion von Brennelementen unterbinden“, fordert auch die stellvertretende Landesvorsitzende und Juso-Chefin im Emsland, Leonie Lüken. „Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Lingen muss in die Zukunft blicken, und die liegt nicht im Handel mit Kriegstreibern, sondern in der Errichtung einer nachhaltigen Wasserstoffinfrastruktur!“

Ostexpansion von Framatome umstritten

Die geforderte Schließung der Brennelemente-Produktion findet die Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) „unverständlich“, denn „diese Betriebe arbeiten nachweislich auf hohen Sicherheitsstandards, und Auswirkungen auf die Bevölkerung sind nicht zu befürchten“.
Die Gewerkschaft befürchtet eine „Deindustrialisierung Deutschlands mit all ihren negativen Folgen“ und nennt den Umgang „respektlos“. Kernenergie werde es, so die Gewerkschaft, weiterhin geben, dann allerdings „ohne deutsches Know-how, ohne deutsche technische Innovationen, ohne deutsche Sicherheitsstandards und dann auch ohne eine deutsche Beteiligung in den weltweiten nuklearen Gremien“. Die vom Umweltministerium geforderte Schließung werde „aus ideologischer Sicht die Glaubwürdigkeit von Deutschland stark beschädigen“.