Uneheliche Geburten bei Besitzlosen

In der Nacht vom 10. auf den 11. Juli des Jahres 1816 fuhr die Hebamme Elisabeth S. Reige in Fladderlohausen erschrocken aus dem Schlaf, als gegen 1 Uhr „sehr stark an die Tür geklopft” wurde. „Als sie nun hinaus­gegangen, habe sie ein Kind schreien gehört und (. ..) es gefunden. Selbiges wäre (.. .) nicht über 3 Stunden geboren gewesen.” Am nächsten Morgen brachte sie es dann zum Pfarrhaus, “worauf (. . .) das Kind getauft und ihm der Name beigelegt: Bernd Felix.`

Ein gleiches Erlebnis hatten die Bewohner einer Leib­zucht in Handrup ein Vierteljahr vorher, am 27. März. Sie fanden morgens gegen 4 Uhr einen Findling, auch, nachdem heftig an die Tür geklopft worden war. Und am 17. März 1828 vermerkte Pastor Arnold Joseph Gieseke im Geburts- und Taufregister des Kirchspiels Neuenkirchen, daß “des Morgens die in Ellerbrocks Leibzucht im Nellinghofe wohnende Catharina Elisa­beth Uphaus (. . .) mit einem Kinde zu mir (kam), und zeigte an, daß, wie sie des Morgens die Thüre geöffnet hätte, dieses Kind weinend vor derselben auf einem Haufen Flachs gelegen hätte, mit einem Zettel des In­halts: dieses Kind wäre in der Noth zwar getauft, der Finder würde aber ersucht, solches nach der katholi­schen Kirche zur Taufe zu bringen. Ich habe es getauft ”

Diese drei im großen und ganzen vom gleichen Muster gezeichneten Fälle der gewiß nicht zufälligen Auffin­dung von ausgesetzten Neugeborenen führen direkt in ein Problemfeld, dessen Erschließung mit nicht uner­heblichen Schwierigkeiten behaftet ist: das der uneheli­chen Geburten.

aus:

Christoph Reinders — Düselder, Ländliche Bevölkerung vor der Industrialisierung, Geburt Heirat und Tod in ein Steinfeld, Damme und Neunkirchen. 1650-1850. Cloppenburg 1995, Seite 102