Über die Organisationsstruktur des VCH ist aus der vorhandenen Presse wenig zu entnehmen. Der Verband, kurzzeitig nur eine reine Pächterorganisation, entwickelte sich schnell zu einer landwirtschaftlichen Berufsorganisation mit wirtschaftspolitischen Ambitionen. Er überzog die Region mit einer Vielzahl von Ortsgruppen. In jedem Kreis gab es eine eigene Kreisführung mit einem Kreisvorsitzenden. So leitete in der Grafschaft Bentheim der Bimolter Heuermann Jan Hindrik Schnieders den VCH auf Kreisebene[i]. Im Lingener Land war Joseph Liebner aus Schapen der Kreisvorsitzende[ii]. Die Kreisvorsitzenden gehörten per Amt dem Verbandsvorstand an[iii]. Die Ortsgruppen veranstalteten Versammlungen zu politischen Themen wie dem Pachtschutz und der Ödlandsiedlung oder zur Stellung einzelner Parteien zu ihren Forderungen. Ferner gehörten beruflich-fachliche Weiterbildungsveranstaltungen mit Vorträgen etwa zur Düngung oder zur Förderung des Genossenschaftswesens zum Programm der Ortsgruppen und des Verbandes[iv]. Nicht zuletzt boten beide auch Unterhaltungs- und Geselligkeitsabende an[v]. Mündliche Überlieferungen berichten ebenso von Selbsthilfeorganisationen der Heuerleute, beispielsweise von Viehversicherungen. Die Kommunikation zwischen Verbandsführung und den einfachen Mitgliedern leistete ein in Lingen erstelltes Verbandsorgan. Im Gegensatz zum im vorletzten Jahr in Göttingen nahezu komplett aufgefundenen EBV-Verbandsorgan „Emsländischer Bauer“ konnten hiervon bisher lediglich drei Exemplare ermittelt werden. Die älteste bekannte Ausgabe des Vereinsblatts trägt den Titel „Mitteilungen des Vereins christlicher Heuerleute und Landarbeiter“, trug die Nummer 3, erschien unter „Lengerich“ und stammt vom 1. März 1920. Dort wurde der Wortlaut des Zusammenarbeitsabkommens mit dem „Nordwestdeutschen Heuerleute-Verband“ abgedruckt und sich gegen Vorwürfe zur Wehr gesetzt, wegen der Unterstützung von entschädigungslosen Enteignungen sei der Verein unchristlich. Hintergrund war wohl eine kurze Zuschrift „mehrerer christlicher Landwirte“ an den Meppener „Katholischen Volksboten“, in der es hieß: „Wie lässt sich der Satz „Enteignung der Heuerlingsstellen“ mit der christlichen Weltanschauung vereinbaren? Oder ist das 7. Gebot Gottes und das 10., „du sollst nicht stehlen“ und „du sollst nicht begehren“ aus den 10 Geboten Gottes gestrichen worden?“. Die Ausgabe Nr. 6 vom 1. Mai 1920, in der es im Titel nun „Verband“ statt „Verein“ christlicher Heuerleute heißt, informierte über den Beschluss der Meppener Generalversammlung des Vereins, das Blatt nunmehr vierzehntägig in Lingen erscheinen zu lassen[vi].
[i] Siehe etwa: Zeitung und Anzeigeblatt, Neuenhaus (weiterhin ZuA), Nr. 27 vom 02.02.1925 oder ZuA Nr. 247 vom 19.10.1929. Es finden sich auch die Schreibweisen Snyders oder Snieders.
[ii] FVB Nr. 31 vom13.03.1929, Lingener Kreisblatt (weiterhin LKB) Nr. 92 vom 20.04.1929 und besonders FVB Nr. 130 vom 04.11.1929.
[iii] LKB Nr. 92 vom 20.04.1929 (Liebner), LVB Nr. 191 vom 15.12.1928 (Schnieders).
[iv] Siehe z.B.: ZuA Nr. 26 vom 31.01.1930 (VCH-Versammlung in Wietmarschen über Düngung und die Bearbeitung von Wiesen, dazu soll im Ort ein Versuchsfeld angelegt werden), Lingener Tageszeitung (weiterhin LT) vom 10.01.1930 (verbandliche Weiterbildung) oder LT vom 21.10.1930 (Sprechtage der VCH-Zentrale bei den Ortsgruppen Schapen, Messingen, Talge-Wilsten und Schardingen).
[v] Siehe z.B. den Bericht über das Verbandsfest von VCH-Ortsgruppen der Umgebung in Herzlake, auf der Dr. Buddenböhmer von seiner Nordmeerexpedition berichtete, worauf Essen und Tanz folgte (HZ Nr. 92 vom 15.11.1930).
[vi] Stadtarchiv Lingen (weiterhin StA LIN) Dep 3 Haus Beversundern Nr. 111 (dabei ist im Vertrag allerdings keine Rede von einer Enteignung der Heuerstellen); Katholischer Volksbote, Meppen (weiterhin KVB) Nr. 17 vom 28.02.1920; StA LIN Dep 3 Haus Beversundern Nr. 107. Hierin wird auch von der Umbenennung in „Verband christlicher Heuerleute und Landarbeiter“ berichtet. Eine Erwähnung des Blattes ist zu finden in: Harener Ems-Zeitung, Meppen, Nr. 49 vom 27.04.1929. Das dritte aufgefundene Exemplar, die Nr. 12 vom 01.12.1922, war wegen der rapide steigenden Inflation verkleinert und nur noch vier Seiten stark. Es trug den Titel „Mitteilungen des Verbandes Christlicher Heuerleute, Pächter u. Kleinbauern e.V.“ und wurde vom Geschäftsführer Josef Deters redigiert (StA LIN Dep 3 Haus Beversundern Nr. 120).