Der jüngeren Generation ist der Begriff „Heuerlingswesen” vielfach schon gar nicht mehr geläufig. Dabei war diese Sozialisationsform bis etwa 1960 im ländlichen Bereich Nordwestdeutschlands stark verbreitet. ln einem Gebiet vom nördlichen Ruhrgebiet bis an Ostfriesland heran und von der niederländischen Grenze bis fast nach Hannover gab es Heuerleute, und in etlichen Orten stellten sie mehr als die Hälfte der Einwohnerschaft. Das Heuerlingswesen erfüllte eine wichtige gesellschaftliche Funktion, gab es doch den nachgeborenen – wenig erbenden Töchtern und Söhnen sowohl der Bauern als auch der Heuerleute für eine bestimmte geschichtliche Periode die Möglichkeit, zu heiraten und auf dieser Basis eine zumeist sehr bescheidene Existenz zu gründen.
Allerdings hat sich dann im Laufe der letzten vierhundert Jahre auch deutlich gezeigt, dass sich in diesem Zusammenleben von landbesitzenden und landlosen Menschen auf engem Raum zwischenmenschliche Probleme nahezu zwangsläufig entwickeln mussten. Wie problematisch sich auch bis heute noch dieses Thema darstellt, beschreibt eine emsländische Studentin in ihrer Examensarbeit aus dem Jahre 1997 an der Universität Münster so: ,,Bei den Untersuchungen zu dieser Arbeit, in Gesprächen mit den Nachfahren von Heuerleuten und Bauern und auch mit Leuten, die selber noch in einem Heuerverhältnis gestanden haben, war immer wieder zu spüren, dass es noch große Empfindlichkeiten auf beiden Seiten gibt. Zwar zeigten sich in aller Regel immer mehr die deutlichen Gegensätze. So ist dann auch nachzuweisen, dass die zweite Generation sich häufig schon eine Heuerstelle auf einem anderen Hof suchte. (Martin Greskamp, verheiratete Goegejohann, Bohmte) Mittlerweile hatte sich gezeigt, dass dieser Symbiose zwischen Heuern und Verheuern ein für die damalige Zeit wichtiges wirtschaftliches Element innewohnte. Die Bauern gingen dazu über, sich mehrere Heuerhäuser, häufig in der Nähe des Hofes, anzulegen.