EINE „STRASSE” AM NORDSÜDKANAL im Vergleich zu Holland

EINE „STRASSE” AM NORDSÜDKANAL

Eine bekannte holländische Tageszeitung hat einmal — und zwar vom holländischen Standpunkt mit Recht — geschrieben, Deutschland beginne dort, wo die Kultur aufhöre. Während an den Kanälen, die Holland durch Heide und Moor gegraben hat, saubere und breite Straßen laufen, die mit Klinkersteinen gepflastert sind oder mit Asphalt gedeckt, sinken auf den meisten Straßen, die sich längs der deutschen Kanäle erstrecken, Fuß und Rad in Schmutz und Sumpf. Während an den holländischen Kanälen vorbildliche Siedlungsarbeit sowie gewinnbringende und im wahrsten Sinne volkswirtschaftliche Bodenkultur geleistet wird, herrscht auf deutscher Seite volkswirtschaftswidriges Bauernelend und Heuerlingselend. Im Emsland gibt es noch heute 112 Gemeinden oder größere Ortsteile, die keine festen Straßen haben, sondern nur auf grundlosen Sandwegen zu erreichen sind.

im Vergleich zu:

EINE HOLLÄNDISCHE KANALSTRASSE ZWEITER ORDNUNG

So sieht eine holländische Straße zweiter Ordnung aus, die an der Seite einer Wasserstraße nahe der deutschen Grenze entlangführt. Die Straßen erster Ordnung sind derart, daß wir ähnliches in weiten Strecken des Deutschen Reiches nicht besitzen. Die Erklärung für diesen Gegensatz liefert nicht der verlorene Krieg, weil auf diesem Gebiete schon weit vor dem Kriege unendlich viel zum Schaden der deutschen Volkswirtschaft versäumt worden ist. Es fehlte an Erkenntnis für den Wert der inneren Kolonisation im Zusammenhang mit der notwendigen Rücksichtnahme auf Bevölkerungspolitik,Handelsbilanz und Zahlungsbilanz. Denn in Gebieten, die zum Nutzen des Volksganzen kultiviert und besiedelt werden, ist die Straße alles, und zwar in gleicher Weise die Wasserstraße wie die Landstraße, abgesehen von den Eisenbahnverbindungen. Erst müssen Verkehrsmöglichkeiten geschaffen werden, ehe eine volkswirtschaftlich ertragreiche Siedlung gedeihen kann. Nur dort, wo durch die Verkehrsmöglichkeit die Weiterbeförderung landwirtschaftlicher und industrieller Erzeugnisse zu den Absatzmärkten gesichert ist, gedeiht die Siedlerarbeit und bietet Anreiz zu weiteren Siedelungen. Der einsame Moorsiedler oder Heidebauer, dem kein Verkehrsweg zu den Absatzmärkten zur Verfügung steht, leistet unproduktive Arbeit, wenn er mehr als das produziert, was er zu seinem eigenen Unterhalt benötigt.