Nicht überall in Nordwestdeutschland gelang den Heuerleuten eine dermaßen gut begleitete Ablösung aus der bisherigen Abhängigkeit in die Eigenständigkeit.
Diese Informationen erhielt ich schriftlich und mündlich vom Landwirt Benno Hesemann bei einem Besuch auf seinem Hof in Lohe nördlich von Haselünne am 15. Juli 2013
Zum Ende der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts sah man auch von staatlicher Seite, dass in die bisherige ländliche Sozialstruktur Bewegung kam.
Es wurden Flurbereinigungen auf den Weg gebracht, die verbunden waren mit Aussiedlungen von Bauernhöfen aus den engen Ortslagen heraus in die Feldflur, wo die Landwirtschaft in ihrer Aufbruchstimmung auch bauliche Ausdehnungsmöglichkeiten hatte.
Gleichzeitig nahm man in den entsprechenden Amtsstuben auch zur Kenntnis, dass sich die unterbäuerlichen Schichten angesichts des zunehmenden Wirtschaftswachstums beruflich neu orientieren konnten oder mussten. So wurden auch dort zunehmend Siedlungsprogramme entworfen. Dies geschah auch im Rahmen des so genannten „Grünen Plan“.
Als Beispiel dafür soll hier die Gemeinde Lohe im mittleren Emsland dienen.
Parallel zur staatlichen Neusiedlungstätigkeit bezüglich Vollbauernstellen gab es im Emsland die Fortführung der Landarbeitersiedlung zur Seßhaftmachung der bäuerlichen Hilfskräfte. Ende der 50er Jahre wurde auf Initiative der emsländischen Bundestagsabgeordneten Dr. Josef Stecker und Clemens Hesemann von dem damaligen Bundeslandwirtschaftsminister Heinrich Lübke im Emsland eine Sondersiedlungsaktion für Heuerleute und Pächter angeordnet.
Aufgrund altüberkommener Agrarverfassung gab es hier in weiten Teilen auch nach dem 2. Weltkrieg noch eine große Anzahl von Heuerlingen und Pächtern landwirtschaftlicher Kleinstellen.
Sie waren in der Regel seit Generationen im Familienbesitz, und die Wohngebäude entsprachen meist nicht einmal mehr bescheidenen Ansprüchen.
Zur Wohnraumsituation steht hierzu in der Maßnahmenbeschreibung des Grünen Planes von 1958 beschrieben:
Bei dem anhaltenden Mangel an ledigen Arbeitskräften wird es immer wichtiger, Arbeitsplätze für Verheiratete zu schaffen.
Die Einstellung von Landarbeiterfamilien scheitert aber vielfach an der Wohnraumfrage.
Um den großen Bedarf an entsprechenden Wohnraum schneller decken zu können, hat der Deutsche Bundestag am 27. Februar 1958 nach ausführlicher Debatte den dritten Grünen Bericht und die im Grünen Plan 1958 zusammengefassten Maßnahmen der Bundesregierung einstimmig gebilligt.
So wurden 25 Millionen DM bereitgestellt, die für die Gewährung von Zuschüssen zu zinsgünstigen Krediten für den Bau von Landarbeitereigenheimen zu verwenden waren.
Damit sollte vor allem sichergestellt werden, dass junge Landarbeiter auch nach ihrer Verheiratung im landwirtschaftlichen Beruf bleiben konnten.
Verheiratete Bewerber dieser Herkunft konnten eine Kleinsiedlerstelle (Landarbeiterstelle) mit bis zu 1 Hektar Eigentum und einigen Hektar Pachtland erhalten, wenn sie sich verpflichteten, mindestens 10 Jahre bei einem Bauern als Landarbeiter, Melker, Treckerfahrer oder ähnlich tätig zu sein.
In der Regel wurde dabei das Heuerlingsverhältnis bei demselben Bauern in ein Landarbeiterverhältnis umgewandelt.
Durch das Kulturamt Meppen wurden seinerzeit im Landkreis Meppen 800 Landarbeitersiedlungen und 73 Handwerkersiedlungen geschaffen.
(Quelle dieser Angaben ist das Buch von Alois Hilleke „150 Jahre Landeskulturbehörden im Emsland“ von 1987)
Der Grüne Plan ermöglichte eigene vier Wände
So konnten nun durch den Förderrahmen im Grünen Plan die Voraussetzungen zur Schaffung der so sehr benötigten und von Herzen gewünschten eigenen vier Wänden geschaffen werden.
Die zu besiedelnde Fläche wurde seinerzeit von den Landwirten Hesemann, Suhlmann und Mödden an die NLG abgetreten.
Bauer Schulte hat dann später den Boden auf der östlichen Seite als Bauland bereitgestellt!
Die Fläche lag an der früheren Landesstraße 54 der Verbindungsstraße zwischen Sögel und dem Bahnhof Schleper, es standen insgesamt 11 Baugrundstücke in einer Größe von 1597 bis 1813 qm zur Verfügung,
Die Bezeichnung Im Sande hatte sicherlich auch mit der Qualität des Bodens zu tun, denn es ist und war doch sehr sandiger Boden, zum Zeitpunkt des Kaufes standen auf den Bauplätzen überwiegend Kiefern.
Fast zeitgleich fingen die Gründer der Siedlung Bernhard Temmen, Franz Cordes, Markus Hemme und Heinrich Grünloh mit dem Bau ihrer Häuser an.
Neben der Verfahrensbegleitung durch das Siedlungsunternehmen NLG erfolgte die Baubetreuung und verantwortliche Durchführung der Baumaßnahmen durch die Heimstätte Lingen
Die NLG (Niedersächsische Landgesellschaft) ist seit 90 Jahren ein gemeinnütziges Unternehmen für die Entwicklung der ländlichen Räume in Niedersachsen, Hamburg und Bremen. Vom Filialbüro in Meppen aus wurden damals unter der Leitung von Josef Henrichs die Planungen für Lohe erstellt und dann auch das Gesamtprojekt passend begleitet.
Die Häuser waren alle ziemlich baugleich und sehr einfach im Grundriss, großes planerisches Geschick eines Architekte, wie es in der heutigen Zeit üblich ist, war nicht gefragt.
Hier kam es auf die praktisch Nutzung des Gebäudes an, unser Haus des Typ 15, beinhaltete neben zwei Schweineställe, die wir auch noch sehr lange nutzten über den Stellplatz für zwei Kühe.
Aber nur in einem Fall wurden in den neuen Häusern noch Kühe gehalten.
Die Gesamtbaukosten waren mit 37.700 DM veranschlagt, in dem Preis waren alle Kosten vom Kauf bis zur Bezugsfertigkeit enthalten. Die Finanzierung erfolgte mit der Bereitstellung von 27.500,-DM aus Mitteln des Grünen Planes, diese Mittel wurden mit 0,5 % verzinst, eine Tilgung war mit 2% eingesetzt, hinzu kam ein jährlicher Verwaltungskostenbeitrag von 0,25%. Die Laufzeit des Darlehens war auf längstens 55 Jahre vorgesehen. Ebenso war die Inanspruchnahme der öffentlichen Mittel mit einem Wiederkaufsrecht für das Siedlungsunternehmen von 30 Jahren verbunden.
Aber der durchweg dringende Wunsch auf die Schaffung von Eigentum, der schon die Vorfahren der Heuerleute im Menschen verachtenden Moor hatte siedeln lassen oder aber zur Auswanderung nach Nordamerika veranlasst hatte, konnte nun in der angestammten Heimat verwirklicht werden.