Josef Bautz erweiterte schon 1869 seine Schmiede zwischen Fulda und Würzburg und begann, einfache Grasmäher zu entwickeln.
Ab 1906 führte sein Sohn die mittlerweile entstandene Maschinenfabrik und vergrößerte dann den das Fertigungsprogramm ganz erheblich auf
Grasmäher,
Heurechen,
Gabelheuwender,
Trommelwender,
Trommelrechen,
Sternradheumaschinen,
Schubrechenwender,
Kreiselheuer,
Feldpressen,
Feldhäcksler,
Futterlader,
Ladewagen,
Bindemäher für Getreide und
Mähdrescher.
So wurde Bautz zum einem der umfangreichsten Spezialisten für Erntemaschinen in ganz Deutschland. Aber durch ein zunehmendes Überangebot von Erntemaschinen verkaufte Bautz 1969 die Firma an Claas aus Harsewinkel.
Hier eine Übersicht in einer Auswahl aus damaligen Firmenprospekten, die mit freundlicher Genehmigung aus der umfangreichen Zusammenstellung von Klaus Dreyer stammen (Seniorchef der Landmaschinenfabrik “Amazone”)
Wie sich dadurch insgesamt die Beschäftigungszahlen aus der Landwirtschaft in die aufstrebende Industrie entwickelten, zeigt das Beispiel des Ortes Spelle im südlichen Emsland, wo auch heute noch eine der größten deutschen Landmaschinenfabriken produziert.
Etwa ab 1955 setzte bei fast allen Landwirten in Nordwestdeutschland eine rege Stallbautätigkeit ein.
Gründe dafür waren insbesondere:
der stärkere Einsatz von Kunstdünger bewirkte enorme Ertragsteigerungen,
die schnell zunehmende Mechanisierung auf dem Acker,
die Pferde als Zugtiere wurden innerhalb weniger Jahre abgelöst durch Traktoren. Deshalb brauchte kein Hafer mehr angebaut werden als Pferdefutter. Diese Flächen standen nun zusätzlich für die vermehrte Haltung der Nutztierhaltung zur Verfügung.
Deshalb war Bauholz sehr begehrt.
In diese Zeit der enormen Veränderungen in der deutschen Landwirtschaft fiel der Wegzug fast aller Heuerleute, die nun in den Wirtschaftswunderjahren attraktivere Beschäftigungsmöglichkeiten fanden und vielfach Eigenheime aufbauen konnten.
Das Heuerlingswesen prägte über 3 Jahrhunderte weite Teile Nordwestdeutschlands. Heuerleute pachteten von einem Bauern ein Haus und ein Stück Land und mussten im Gegenzug auf dessen Hof arbeiten.
(…)
Im Fokus der Wissenschaft stehen Heuerleute kaum
Dennoch ist ihre Geschichte von Historikern bisher eher stiefmütterlich behandelt worden. Während das Heuerlingswesen in Ortschroniken und regionalgeschichtlichen Darstellungen immer wieder Erwähnung findet, blieb insbesondere seine Entwicklung im 20. Jahrhundert von der universitären Geschichtswissenschaft bisher weitgehend unbeachtet.
Dies dürfte zum einen damit zu tun haben, dass das Heuerlingswesen nur in Nordwestdeutschland existierte. In anderen Regionen Deutschlands bestimmten entweder Kleinbauern vor oder es gab wie in Ostelbien Landarbeiter ohne eigenen landwirtschaftlichen Betrieb. Zum anderen standen Landarbeiter wesentlich weniger im Fokus der Wissenschaft als Industriearbeiter, die sich mittels der Arbeiterbewegung zu einem nicht unwichtigen Akteur auf der politischen Bühne entwickelten.
Neues Handbuch widmet sich oft übersehenen Aspekten der Geschichte
Nun aber geht ein neues wissenschaftliches Handbuch der Weimarer Republik zumindest kurz auf das Heuerlingswesen ein. Das von Professor Dr. Benjamin Ziemann (Universität Sheffield) und Dr. Nadine Rossol (Universität Essex) herausgegebene Buch erscheint sowohl auf Deutsch als auch in englischer Sprache. Die englische Version erscheint beim renommierten Verlag Oxford University Press.
Das Buch nimmt oft übersehene Aspekte der deutschen Geschichte in der Zeit von 1918 bis 1933 in den Blick. Dazu gehören auch das Schicksal und das politische Verhalten der Landarbeiter, die in dieser Zeit noch immer einen nicht unbedeutenden Teil der Bevölkerung ausmachten. Denn die Weimarer Republik war eben nicht nur das rauschende Nachtleben der Großstadt Berlin, das wir aus der Fernsehserie „Babylon Berlin“ kennen, sondern viele Menschen lebten nach wie vor in der Provinz.
Benjamin Ziemann beschreibt in seinem Beitrag zu Landwirtschaft und ländlicher Gesellschaft die zunehmende Enttäuschung vieler Landarbeiter über ausbleibende Verbesserungen ihrer Lage und die daraus resultierende Radikalisierung, die viele zu Feinden der ersten deutschen Demokratie werden ließ. „Die sozialpolitischen Errungenschaften der Republik blieben für die Landarbeiter im ostelbischen Preußen begrenzt, denn auch die SPD stellte die Interessen der städtischen Arbeiter, die Konsumenten von Lebensmitteln waren, in das Zentrum ihrer Politik“ erläutert Ziemann im Gespräch.
Heuerleute nutzen die Möglichkeiten der Demokratie
Ganz anders verhielt sich die Situation bei den Heuerleuten – eine Ausnahme, die laut Ziemann eine Erwähnung verdient. Die Heuerleute hatten die neuen Möglichkeiten der Demokratie schnell genutzt und nach der Novemberrevolution Interessenvertretungen gebildet, die sich für ihre Belange einsetzen.
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Standhafte Befürworter und Verteidiger der Republik
Etwa 2000 Heuerleute sollen damals vor dem Nichts gestanden haben. Die Verbände der Heuerleute dankten es der Weimarer Republik und blieben bis 1933 „standhafte Befürworter und Verteidiger des republikanischen Staates“, wie Benjamin Ziemann es in seinem Buch formuliert. Der Reichslandbund, der die Interessen der Verpächter vertrat, fand sich hingegen schon früh im Lager der Demokratiefeinde wieder. Insofern handelt es sich bei der Heuerlingsbewegung um eine „Ausnahme und eine Erfolgsgeschichte, die nicht vergessen werden sollte“, so Ziemann.
Die Geschichte der Heuerlingsbewegung erscheint nun in neuem Licht – als eine Gegenerzählung zu Weimar als „Demokratie ohne Demokraten“. Auf diesen Sachverhalt haben auch schon Bernd Robben und Helmut Lensing in ihrem Bestseller „Wenn der Bauer pfeift, dann müssen die Heuerleute kommen“ beschrieben. Nun aber haben die Heuerleute auch Eingang in die universitäre Forschung gefunden – bis nach Oxford.
Autor Ziemann stellt sein Werk am 17. Januar online vor
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Info:Die Würdigung der Heuerlingsbewegung findet sich im Buch „Aufbruch und Abgründe. Das Handbuch der Weimarer Republik“, herausgegeben von Nadine Rossol und Benjamin Ziemann (Verlag: wbg). Die englische Version „The Oxford Handbook of the Weimar Republic“ ist bei Oxford University Press erschienen.
Professor Benjamin Ziemann stellt am 17. Januar (Montag) um 18 Uhr sein Buch im Rahmen der Vortragsreihe der Bibliothek für Zeitgeschichte in der Württembergischen Landesbibliothek vor. An der Veranstaltung kann ohne Anmeldung online teilgenommen werden über den Zugangslink: https://wlbstuttgart.my.webex.com/meet/wlb-stuttgart
Der frühere Schulleiter des Gymnasiums Georginanum in Lingen, Oberstudiendirektor i. R. Heinz Buss, stellte „seine“ Schulbibliothek vor, die er seit seiner Pensionierung intensiv betreut.
Auf die Frage, ob es in dieser aus der ehemaligen Universität in Lingen hervorgegangenen wissenschaftlichen Bibliothek auch Hinweise auf das Heuerlingswesen gebe, zeigte Heinz Buss den nachfolgenden Text aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg, der zumindest etwas aussagt über damaligen Umweltbedingungen der ländlichen Bevölkerung in diesem Raum:
Ich bin in einer als ganz reizlos verschrieenen Gegend geboren und aufgewachsen, im sogenannten „Muffrika“ – das ist ein den meisten Lesern wohl unbekannter geographischer Begriff. Dieser Landstrich liegt an der mittleren Ems und erstreckt sich im Westen bis an die holländische Grenze. Meppen, in dessen Nähe Krupp einen großen Schießplatz eingerichtet hat, und Lingen an der Ems, mein lieber Heimatort, sind seine beiden Städte. Der Dortmund-Ems-Kanal führt jetzt, mancherlei Segen spendend, hindurch. Weitausgedehnte Heiden und Moore wechseln dort mit magerem Sandboden und dürftigen Kieferbeständen ab. […]
Ich bin meinem lieben Vater, einem echten Wandersmann, aus tiefstem Herzensgrunde dankbar, daß er uns, seine vier Söhne, schon als Knaben immer mit hinaus nahm auf die täglichen Spaziergänge und größeren Wanderfahrten und uns die Reize der unendlichen Heide, die unheimliche Schönheit des unter den Schritten bebenden Moores und den winterlichen Zauber des schneebedeckten Tannenwaldes erkennen lehrte. Wie belebten sich im Sommer die weiten Flächen, wenn sie mit den rosa schimmerden Blütenrispen der Heide (Calluna vulgaris) bedeckt waren, wie freuten uns die tausend und abertausend Glöckchen der schöneren Glockenheide (Erica tetralix), und wie wimmelte es unter und in ihnen, wenn man nur genauer hinschaute, von schimmernden, raschen Cincidelen und anderen Laufkäfern, von schlängelnden Eidechsen und summenden Bienen! Wie labte sich der Blick an der Unendlichkeit der Ebene, die nur einzeln von einer Schar magerer Heidschnucken oder der einsamen Hütte eines Imkers unterbrochen wurde!
Über den Autor:
Hermann Raydt (*1851-1914* ) war u.a. Gründungsmitglied des deutschen Fußballbundes , der Enkel des Juraprofessors an der Lingener Universität Theodor Christian Friederich Raydt (*1767-1833*) und Sohn des Konrektors am Gymnasium Johann Carl Wilhelm Raydt (*1806-1877*)
Seinem Bruder Dr. Wilhelm Raydt ist es zu verdanken, dass das Bier in den Gaststätten mittels CO² aus dem Zapfhahn kommt: Er erfand 1880 das „Verfahren und Apparate um mittels tropfbarer flüssiger Kohlensäure Wasser zu imprägnieren, zu heben und zu werfen“. Seit 1881 befasste er sich in Hannover auch mit Erfolg der Konstruktion von CO²-Maschinen.
Auch noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden in Deutschland die landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte von den Dorfhandwerkern – dem Schmied und dem Stellmacher – auf Bestellung gebaut.
Diese wichtigen Gebrauchsgegenstände wurden fast ausschließlich aus Holz gebaut und waren von daher wenig belastbar.
Als nun ab 1850 zunehmend Landmaschinenfabriken gegründet wurden, veränderte das auch die Aufgabenstellung und die Arbeitsweise der Heuerleute, der Knechte und auch der Mägde.
Die früheren und durch neue Maschinen veränderten Arbeitsweisen sollen nachfolgend dokumentiert werden.
1. Bodenbearbeitung
Pflügen
Eggen
Walzen
2. Sä- und Pflanztechnik
Drillmaschinen,
Pflanzmaschinen,
Kartoffellegemaschinen
3. Pflanzenpflege und Pflanzenschutz
Hackgeräte,
Spritzen
4. Erntetechnik
Getreide von der Sense über die Mähmachine, den Bindemäher zum Mähdrescher
Bis zum Aufkommen erster Dreschmaschinen (Stiftendrescher) mussten die eingelagerten Getreidegarben mühsam mit einem Dreschflegel ausgedroschen werden. Das geschah zumeist im Viererverbund. Dabei musste ein gemeinsamer Takt und eine vorgegebene Schlagrichtung eingehalten werden, damit auch alle Ähren „erwischt“ wurden. Mehrere Durchgänge mit jeweiligem Auflockern der Getreidehalme waren dabei nötig.
Erst dann konnte das nun ausgedroschene Stroh aufgebunden und eingelagert werden zur späteren Einstreu in den Viehställen. Auch für Nachbesserungen am Strohdach wurde es gebraucht.
Die Heuerleute hatten neben etlichen Pflichttagen auf dem Hof „ihres“ Bauern zu dreschen – auch die eigenen Getreidegarben mussten mühsam aufgearbeitet werden.
Die Dokumentation der Wohnsituation der Landlosen wird auch – allerdings sehr vereinzelt – in den beteiligten Fachwissenschaften als Desiderat beschrieben.
Ich möchte mich dabei auf diese Veröffentlichung beziehen:
Die Kernaussage: Fast durchweg wird in der bescheidenen Fachliteratur von den angestammten Bauerngehöften berichtet in ihren regionalen Ausprägungen.
Diese sind insbesondere von ihren Grundlegungen und Aufbauten (Fachwerken) in der Mehrheit deutlich robuster ausgebaut als die Behausungen der Pächter (z.B. Häusler, Heuerleute, Inleute, Insten und auch Landarbeiter). Diese Gebäude waren nicht selten nicht nur in ihrer Holzkonstruktion aus Abbrüchen mehr provisorisch angelegt und damit weniger haltbar.
Eben deshalb sind sie auch heute nur noch selten erhalten.
Wohnformen der Unterschichten schlecht repräsentiert
Aus: Gläntzer, Volker: Ländliches Wohnen vor der Industrialisierung. In: Beiträge zur Volkskultur in Nordwestdeutschland, herausgegeben von der Volkskundlichen Kommission für Westfalen, Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Heft 12, Münster 1980, Seite 92
In den umfangreicheren zeitgenössischen Quellen, vor allem in den landwirtschaftlichen Beschreibungen, wurde eine soziale Differenzierung zwar im bevölkerungsstatistischen Teil recht genau durchgeführt, im ethnographischen Teil aber nur selten und dann sehr vereinfacht wieder berücksichtig. Infolge dieser unterschiedlichen Differenzierung lassen sich meist keine genaueren Korrelationen zwischen einer sozialen Schicht und der zugehörigen Hausform bilden. Häufig wurden einfach die Häuser des “Landmanns” oder des “gemeinen Bauern” beschrieben, eine freilich wenig aussagekräftige Einordnung. (…)
Aber auch wo genauer auf sozial bedingte Unterschiede im Wohnen hingewiesen wurde, wurde in der Regel nur die Hausform einer, und zwar der oberen der genannten Schichten ausführlicher beschrieben.
So wies Heineken zwar pauschal auf “kleine ärmliche Wohnungen, oft mehrere unter einem Dache, die selten mehr als ein kleines Zimmer und einen Stall enthalten, und Eigenthum des Bauern, auf dessen Grund und Boden sie stehen, sind” und die die “kleinem Besitzer, Köther, Brinksitzer, Häuslinge genannt” bewohnen, hin, beschrieb dann aber ausführlich nur die Häuser der “eigentlichen Bauern” (1836/bei Bremen).
Nur selten bezog sich die Darstellung ausdrücklich auf die “Einrichtung und Bauart der gewöhnlichen Bauerhäuser” und nicht auf die Häuser der “begüterten Bauern oder Meyer” und setzte dann – allerdings ebenfalls pauschal – die Hausform der reicheren Bauern davon ab (1793/Grafschaft Ravensberg).
Noch seltener schließlich wurden die Wohnverhältnisse zweier Sozialgruppen, wie bei Mussäus 1837 die der Bauern und Kätner Mecklenburg-Schwerins, mit gleicher Ausführlichkeit beschrieben.